Preßnitztalbahn-Meilensteine
Teil 12: Wir reißen ab und bauen auf
Baufreiheit rund um die heutige Ausstellungs- und Fahrzeughalle
Abreißen um neuzugestalten
Es gehört vielerorts unweigerlich dazu, dass erst etwas Bestehendes abgerissen werden muss, bevor etwas Neues entstehen kann. Diese Erkenntnis war auch beim Aufbau der Preßnitztalbahn keine leere Worthülse, sondern logische Konsequenz aus den Veränderungen auf dem Gleisplanum seit der Einstellung und dem Rückbau der alten Strecke ab Januar 1984. Bis zur Streckeneröffnung nach Steinbach im August 2000 waren Abrissarbeiten teils unvermeidbare Voraussetzung dafür, die Strecke weiterbauen zu können. Im Mai 1996 beseitigte ein Abrissbagger die Lagerhalle auf dem Bahnhofsgelände von Schmalzgrube und 1999 fiel die auf dem Bahnhofsgelände von Steinbach errichtete Kindertagesstätte, weil Gleise bekanntermaßen die sinnvollere Nutzung eines Bahngeländes darstellen. Doch im Jahr 2001 bewegte sich die Preßnitztalbahn erstmals außerhalb des bisherigen Bahndammbereichs beim Landschaftsgestalten. Das dritte Bauwerk innerhalb von fünf Jahren, das nun zum Abriss vorgesehen war, sollte nicht nur erstmalig Platz für ein neues Gebäude schaffen, sondern den Einstieg in die weiterführende Gestaltung von Umfeld und Anlagen sowie zur Verschönerung und Aufwertung der Flächen in der Umgebung der Museumsbahn bilden.
Platz zum Unterstellen von Fahrzeugen gesucht
Bereits im Herbst 1999 startete der Vorstand der IGP interne Diskussionen, entlang der Gleise zwischen Jöhstadt und Steinbach (die zu diesem Zeitpunkt den heutigen Endpunkt der Museumsbahn noch gar nicht erreicht hatten) überdachte Abstellanlagen für die Fahrzeuge zu schaffen. Die langwierig und kostenaufwändig aufgearbeitete Loks und Wagen sollten damit vor Witterungseinflüssen geschützt werden. Der Blick entlang der Strecke offenbarte einige Möglichkeiten, dafür Brachflächen, Wiesen oder vorhandene Industrieruinen zu erschließen. Die Nähe zum Lokbahnhof Jöhstadt hatte dabei Vorzug, war aber nicht zwingende Voraussetzung. Zwischen Jöhstadt und Schmalzgrube wurden die folgenden Flächen in die engere Wahl gezogen:
- die Ruine der ehemaligen Garnveredlungsfabrik am Paschweg in Jöhstadt
- die gegenüberliegende verfallene ehemalige Lagerhalle
- Wiesenflächen oberhalb des Bf Schlössel zwischen Bahndamm und Wald
- das ehemalige Fabrikgelände am Bahnhof Schlössel
- ein als Lagerfläche genutztes Grundstück in Schmalzgrube
Auch über Standorte außerhalb des damaligen Einzugsbereichs der Gleisanlagen dachte der Vereinsvorstand nach – diese verwarf er jedoch aufgrund der damit dann stets verbundenen Straßentransporte schnell wieder. Nach Prüfung der Eigentumsverhältnisse und der Zugriffsmöglichkeiten auf die Grundstücke war ziemlich schnell klar, dass das Terrain mit der Ruine des Garnveredelungswerkes die besten Chancen bot – allerdings zuvor ein aufwändiger Abriss der Gebäude erforderlich sein würde. Bei den anderen betrachteten Flächen sprachen die teils komplizierten Eigentumsverhältnisse bzw. hohen Preisvorstellungen der Eigentümer dagegen. Gleichzeitig bot der von der Schlösselstraße in Jöhstadt abzweigende Standort am Paschweg die Chance, auch eine „Schmuddelecke“ entlang der Museumsbahn zu beseitigen und dadurch auch wenig attraktive anderweitige Nutzungsideen auszuschließen.
Nach Vorlage und Diskussion eines Lastenheftes für eine Fahrzeugabstellhalle an diesem Standort entschied der Vorstand im Juli 2000, das entsprechende Grundstück von der Treuhandliegenschaftsgesellschaft (TLG) zu erwerben. Außer reinen Sicherungsarbeiten fanden zunächst keine weiteren Aktivitäten auf der neu erworbenen Fläche statt. Zur Jahreshauptversammlung des Vereins im November 2000 wurde das Vorhaben für eine Fahrzeughalle erstmals einem größeren Kreis an Mitgliedern vorgestellt.
Entkernen, Abbrechen und Beräumen
Im Frühjahr 2001 begann zunächst durch Mitarbeiter der Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen die Entkernung der Gebäudereste, das Ausbrechen der Fußböden, Fensterrahmen und Decken aus Holz sowie die Entsorgung der noch in der Fabrik an verschiedensten Stellen gelagerten Materialien, Farbreste und Maschinenteile aus der letzten Periode der Nutzung als Fabrikanlage. Die Maschinen waren bereits in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre zur Schrottgewinnung aus den Werkräumen herausgeschafft worden. Je weiter die Arbeiten vorangingen, desto klarer war, dass der Komplettabriss nur durch ein professionelles Abbruchunternehmen realisierbar war. Anfang August 2001 erstellte ein Bauplanungsbüro im Auftrag des Vereins einen Abrissantrag. Dieser wurde durch die Untere Bauaufsichtsbehörde des Landratsamtes Annaberg per 31. August 2001 genehmigt. Danach begann mit einem Bagger, leistungsstarken Pickhammern und Zerkleinerungsgerät die Beseitigung der tragenden Struktur der Fabrikanlage sowie des teilunterkellerten Werkstatt- und Büroanbaus. Daran schloss sich auch der frühere Schacht mit den Resten der Wasserkraftanlage an, die bereits seit rund 50 Jahren außer Betrieb war. Bis zum Sommer 2002 war die Fläche für die künftige Ausstellungs- und Fahrzeughalle oberflächlich beräumt. Mit der Vorlage des Fördermittelbescheides für den Bau der Halle und dem Eingang der Plangenehmigung im April 2004 durfte die Neubebauung des Grundstückes beginnen.
Abrissarbeiten gehen weiter
Als das Grundstück für die Fahrzeughalle im Jahr 2000 erworben wurde, verzichtete der Verein aus Kostengründen bewusst darauf, die Nebenanlagen der Fabrikanlage und das unbewohnte Wohnhaus zwischen Paschweg und Schwarzwasser ebenfalls zu erwerben. Das rächte sich, als sich bei den Planungen zur Ausstellungs- und Fahrzeughalle herausstellte, dass für eine optimale Flächenplanung die Grundstücksgrenzen voll ausgereizt werden mussten und für die Gewährleistung der Befahrbarkeit des Paschwegs an der Halle auch die Nachbarflächen benötigt wurden. Inzwischen hatte bei der TLG ein Grundstückspekulant zugeschlagen, so dass erst nach längeren Verhandlungen zum Erwerb der Flächen im Februar 2004 der Abriss dieser Schuppen und Lager beginnen konnte. Heute befindet sich hier – nach Übertragung der Fläche an die Stadt Jöhstadt – ein öffentlicher Parkplatz, der 2014 fertiggestellt wurde.
Knapp fünf Jahre nach der Einweihung der Ausstellungs- und Fahrzeughalle erwarb der Verein vom gleichen Grundstückspekulanten auch das zu diesem Zeitpunkt bereits marode Wohnhaus an der Zufahrt und brach dieses im März 2010 ab. Diese unbefestigte Fläche wird heute bei Bedarf bei Veranstaltungen oder zur Vergrößerung des Parkplatzstellbereichs genutzt.
14.12.2021
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