Preßnitztalbahn-Meilensteine
Teil 10: 30. November 1994: MDR-Fernsehbeitrag „Glück auf, kleine Bahn!“
Vor wenigen Wochen jährte es sich nun bereits zum 25. Mal, dass am 30. November 1994 der halbstündige Fernsehbeitrag „Glück auf, kleine Bahn!“ des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) zum ersten Mal über die Bildschirme flimmerte.
Im Vorfeld begleitete im Frühjahr und Sommer des Jahres 1994 ein Team des MDR um Redakteurin Babett Hartmann und Kameramann Thomas Schlechte die Aktiven der IG Preßnitztalbahn e. V. bei verschiedenen Aktionen, Anlässen sowie Veranstaltungen und fing dabei nicht nur die Aktivitäten an der damals noch kurzen Strecke zwischen Jöhstadt und irgendwo im Wald zwischen Schlössel und Schmalzgrube ein, sondern auch Einsätze in Wilischthal, Cranzahl oder im Ausbesserungswerk Görlitz. Nicht zuletzt wegen dieser Bilder ist das filmische Dokument aus dem Jahr 1994 inzwischen Teil der Geschichte. Dass sich der Film 25 Jahre in Erinnerung gehalten hat, lag natürlich auch an den unzähligen Wiederholungen vor allem in den dritten Programmen der ARD. Als dann der Süddeutsche Rundfunk (SDR) diesen Bericht in seiner Sendereihe „Eisenbahn-Romantik“ am 26. Januar 1995 (als Folge 126), am 31. August 1995 (als Folge 157) und am 16. August 1997 in einer geringfügig verkürzten Fassung als Folge 257 sendete – jede diese Aufführungen hatte wiederum diverse Wiederholungen in den dritten Programmen der ARD und bei 3sat, war damals der mediale Durchbruch der IGP geschafft und für regelmäßige Präsenz gesorgt. Hin zu einer kontinuierlichen Wahrnehmung einer Bahn im Aufbau hatte es fast fünf Jahre gedauert, bis das öffentlich-rechtliche Fernsehen ernsthaft Notiz vom Treiben „der Verrückten vom Preßnitztal“ nahm – für die Aktiven in dieser Zeit eine geradezu unendliche Zeitdauer. Regionale Fernsehstationen (z. B. in Marienberg) oder Regionalfenster der privaten Anbieter hatten durchaus auch schon zwischen 1990 und 1994 einige kurze Bildbeiträge zum Aufbau der Preßnitztalbahn gezeigt, eine einprägsame und nachhaltige Wirkung war davon jedoch nie zu verspüren gewesen. Mit „Glück auf, kleine Bahn!“ änderte sich das, was sicherlich zuallererst an Kameramann Thomas Schlechte lag. Zwar oblag ihm nicht die redaktionelle Verantwortung und Produktionsleitung für die Sendung, doch als Eisenbahninteressierter hatte er den Blick fürs Wesentliche, den richtigen Standort der Kamera im entscheidenden Moment und die Geduld für die passende Situation. Dadurch entstand ein Zeugnis einer Geschichte, welches einen ungestellten und ungezwungenen Einblick in das Geschehen bot und vielfach den „jugendlichen Charme“ der Akteure einfach für sich sprechen ließ, womit die Sympathie für den Einzelnen auf das ganze Vorhaben übertragen wurde. Um Authentizität seiner Aufnahmen herzustellen, war die Kamera regelmäßig und durchaus präsent dabei. Thomas Schlechte machte sich bei allen Einstellungen, den notwendigen „O-Tönen“ und bei Informationen der Tonspur über den Bildern immer ein komplettes Bild der Zusammenhänge, so dass beim Schnitt dann auch nicht die Gefahr bestand, aus dem Zusammenhang des Gesagten herausgerissene Sätze zu falschen Aussagen zusammenzufügen. Diese Art der Berichterstattung verfehlte offensichtlich auch bei den Zuschauern nicht die Wirkung. Sehr lange und vor allem regelmäßig aufgefrischt nach jeder neuerlichen Ausstrahlung kamen Besucher nach Jöhstadt, die ganz bewusst diese Sendung als Anstoß für die Reise nannten. Und natürlich freuten sie sich dann umso mehr, mit einzelnen Protagonisten ins Gespräch zu kommen. „Ich kenn’ Sie, vom Video.“ wurde daher schnell zum geflügelten Wort unter den Vereinsmitgliedern, wenn wieder einmal jemand auf sein Mitwirken in der Sendung angesprochen worden war. Doch natürlich „wirkte“ die große Resonanz der Sendung nicht nur durch die hohen Einschaltquoten in den Sendeanstalten. Einerseits konnte der Frontmann von „Eisenbahn-Romantik“, Hagen von Ortloff, dadurch Kameramann Thomas Schlechte kennenlernen und für weitere Eisenbahnfilmproduktionen gewinnen. Andererseits kamen sowohl in den Redaktionen des Landesfunkhauses Sachsen in Dresden als auch in der MDR-Zentrale in Leipzig mehr Redakteure und Programmverantwortliche mit dem Thema Eisenbahn in Berührung.
Die späteren Sendereihen „MDR-Bahnzeit“ oder „Auf schmaler Spur“ bewegten sich also in logischer Folge und durchaus mit Inspiration des Erfolges von „Glück auf, kleine Bahn“ und nutzten in einzelnen kurzen Beiträgen oder ganzen Sendungen über die Preßnitztalbahn gern auch einzelne Sequenzen aus diesem ersten Filmbeitrag des MDR. In der Sendung „Die Preßnitztalbahn – Wie aus Dampf und Tradition die Zukunft entsteht“ der Reihe „Auf schmaler Spur“, Erstausstrahlung am 31. Oktober 2018, war wieder einmal eine Filmsequenz aus dem Erstbeitrag dabei – so lebt der Einstieg in die Welt des Fernsehens für die Preßnitztalbahn immer wieder auf. Seit 1997 konnten dann beinahe jährlich Teams für Fernsehaufzeichnungen bei der Preßnitztalbahn begrüßt werden, jedoch nutzte der MDR die Bahn auch bereits mehrfach für Livesendungen, u. a. für sein Nachmittagsmagazin „Hier ab Vier“. Diverse Volksmusikstars und -sternchen, die zur kulturellen Untermalung der Sendungen ins Gebirge „eingeflogen“ worden waren, disqualifizierten sich dabei durch abgehobenes Verhalten oder komplette Unkenntnis ihres aktuellen Aufenthaltsortes. Allerdings konnten wiederum damit durchaus auch Zuschauerkreise erreicht werden, die eine Eisenbahnsendung mit Sicherheit nicht auf ihrem aktuellen Fernsehprogramm als sehenswert markieren würden.
Bei YouTube ist die Sendung „Glück auf, kleine Bahn“ in der Fassung der „Eisenbahn-Romantik“ inzwischen jederzeit abrufbar. In der Ausgabe 20 des „Preß’-Kurier“ vom Oktober 1994 wurde tatsächlich noch der Aufruf an die Leser gestartet, die verfügbaren VHS-Videorekorder zu aktivieren. Für einen angefragten Originalmitschnitt des MDR erschienen dem Verein damals 500 DM als zu viel Geld, das man lieber direkt in den Aufbau der Museumsbahn stecken wollte.
Für die Preßnitztalbahn erwies sich der Fernsehbeitrag im Jahr 1994 letztendlich als großer Glücksfall, der die öffentliche Wahrnehmung der Museumsbahn und des Vereines auf eine völlig neue Stufe brachte und damit auch einen wichtigen Beitrag für den Erfolg legte.
11.12.2019
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