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Rezensiert: Die Neuhauser Lokalbahnen. Schmalspurig durch Südböhmen
Martin Junge, Joachim Piephans, Andreas W. Petrak
Die Neuhauser Lokalbahnen. Schmalspurig durch Südböhmen
Die Region und ihre Bahnen 1897 – 1997
Band 12/1 der Reihe „Durch Böhmens Hain und Flur“ 264 Seiten im Format 16 x 23 cm in Leinen gebunden mit 450 schwarzweißen und farbigen Aufnahmen sowie Grafiken und Plänen edition bohemica, Goldkronach 2019. ISBN: 978-3-940819-29-1 Preis: 39 Euro
Wie spannend die Geschichte von Eisenbahnen sein kann und wie man sie packend und zugleich unterhaltsam in einem Buch präsentiert, zeigten die Autoren um Andreas W. Petrak bereits im vorigen Jahr mit dem Buch „Nach Hof und Hotzenplotz!“ und ließen damit die Hoffnung auf ein gutes Werk in dieser Reihe zu den Neuhauser Lokalbahnen in Südböhmen steigen. Um es vorweg zu nehmen: Die hochgesteckten Erwartungen an dieses Buch werden bei weitem übertroffen – und das nicht nur, weil die Strecken um das heutige Jindřichův Hradec mit gleich zwei Bänden gewürdigt werden! Vorliegendes Werk beschreibt die Entstehung der beiden 760-mm-Schmalspurbahnen von Neuhaus nach Neubistritz (Nová Bystřice) und von Neuhaus nach Wobratain (Obrataň) sowie dem wechselvollen Betrieb unter der Führung der k.k. Staatsbahnen (kkStB), der ČSD, der Deutschen Reichsbahn im Abschnitt Blauenschlag – Neubistritz zwischen 1938 und 1945, der Protektoratsbahnen in den übrigen Abschnitten zwischen 1939 und 1945 sowie der ČSD nach dem Zweiten Weltkrieg auf beiden Strecken (ab 1993 ČD). Der zweite Band soll die bis heute andauernde Ära der Jindřichohradecké místní dráhy (JHMD) ab 1998 behandeln.
Gleich zu Beginn wächst der Band 1 weit über das hinaus, was man von einem Eisenbahnbuch erwarten kann, denn er führt uns liebevoll weit zurück in die Geschichte Südböhmens. „Wer die Wahrheit sucht, darf sich nicht erschrecken, wenn er sie findet“, steht „zum Geleit“ über dem Vorwort – die Wahrheitsfindung in diesem Buch ist schonungslos und behutsam zugleich und zeigt die Entwicklung, aber auch die Konflikte in der einst auch deutschsprachigen Region. Doch nicht nur die Darstellung von Geschichte und Geschichten ist von höchster (auch sprachlicher) Qualität: Das Buch ist überaus reichhaltig illustriert, dazu ist es mit Zeichnungen, Karten, Fahrplänen, historischen Dokumenten und natürlich vielen, vielen Fotografien ausgestattet. Fast möchte man meinen, das Buch sei übervoll damit – was zugleich dessen größten Mangel aufzeigt, denn das Werk hat ein größeres Format mehr als verdient! Besonders die viel zu klein geratenen, aber hochinformativen Bildunterschriften würden davon profitieren.
Zwei Mal gab es in der Vergangenheit konkrete Projekte, die Südstrecke von Neubistritz mit den nur elf Kilometer entfernten Waldviertler Schmalspurbahnen in Litschau zu verbinden. Auch wenn dies scheiterte, gibt es mit dem 2,6 km langen Vierschienengleis in Neuhaus, das gemeinsam mit der ehemaligen Böhmisch-Mährischen Transversalbahn genutzt wird, dem ersten böhmischen Rollbockverkehr, einem vielfältigen, zunächst von der kkStB-Reihe U geprägten, später um Triebwagen ergänzten und seit 1954 von der ČSD-Baureihe T47.0 dominierten Triebfahrzeugeinsatz genug Attraktionen auf den zusammen knapp 80 km langen Schmalspurbahnen zu erleben.
Fazit: Ein üppiges Buch im (zu) kleinen Gewand, eine sehr gut recherchierte Dokumentation auf höchstem Niveau, randvoll mit vielfältigen Abbildungen, für die es sogar noch eine Fortsetzung geben wird. 39 Euro können kaum besser investiert werden.
11.12.2019