Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Traditionsverein der Kleinbahn des Kreises Jerichow I (KJI)
45 Jahre nach Einstellung des Betriebes der Kleinbahnen des Kreises Jerichow I (KJI) kehrte mit 99 4801 eine der beiden 1938 von Henschel für das Burger Schmalspurnetz gebauten 1´D1´h2-Lokomotiven für mehrere Stunden nach Magdeburgerforth zurück. Nach ihrer Aufarbeitung im Dampflokwerk Meiningen unterbrach der Tieflader der PRESS GmbH am 17. November 2010 den Rücktransport der Lokomotive auf die Insel Rügen für eine Nacht. Am 18. November setzte er morgens seine Fahrt nach Putbus fort.
Trotz unangenehmen Herbstwetters ließen es sich zuvor viele Vereinsfreunde, aber auch Anwohner nicht nehmen, die bis 1965 auf der KJI eingesetzte Dampflokomotive neben dem Empfangsgebäude in Magdeburgerforth zu bestaunen. Ein Abladen auf die inzwischen vor Ort vorhandenen Gleisanlagen war aufgrund des aufgeweichten Bodens nicht möglich. Das Entgegenkommen der PRESS GmbH weckte jedoch bei vielen Vereinsmitgliedern die Hoffnung, 99 4801 oder ihre ebenfalls auf Rügen erhaltene Schwesterlokomotive 99 4802 eines Tages einmal für ein Bahnhofsfest ausleihen zu dürfen. Da beide Maschinen in der Denkmalliste des Landes Mecklenburg-Vorpommern enthalten sind, ist ein Rückkauf einer der beiden Loks durch den KJI-Verein nicht möglich.
Doch dafür gingen im Herbst 2010 gleich zwei aus Sachsen stammende Reisezugwagen in die Obhut bzw. das Eigentum des Vereins über: Ende September kam zunächst der modernisierte vierachsige Sitzwagen 970-823 als langfristige Leihgabe der SOEG aus Zittau nach Magdeburgerforth. Dieses 1922 für das sächsische Schmalspurnetz in Bautzen als 3.-Klasse-Wagen gebaute Fahrzeug der Gattung 720 (erste Betriebsnummer 640K) führte die DRG ab 1927 als K337, was die Rbd Dresden Anfang der fünfziger Jahre in 7.0337 änderte. Im September 1952 kam der Vierachser aus Oberwiesenthal zur ehemaligen KJI nach Burg. In der Rbd Magdeburg erhielt er die neue Betriebsnummer 7.0801 bzw. 1958 die bis heute angeschriebene Nummer 970-823. Doch bereits im Dezember 1958 kehrte der Wagen in die Rbd Dresden zurück, wo er zunächst in Freital-Hainsberg beheimatet wurde. 1982 modernisierten die Mitarbeiter der Werkabteilung Perleberg des Raw Wittenberge den in die Jahre gekommenen Wagen. Dabei behielt er sein ursprüngliches Dach, bekam aber neue Seitenwände und neue Fenster mit Rahmen aus Aluminium. Ende 1996 wechselte er in Zittau von der DB AG in das Eigentum der Sächsisch Oberlausitzer Eisenbahn-Gesellschaft, welche den Waggon in den vergangenen Jahren jedoch nicht mehr benötigte. Da die SOEG auch langfristig an dem Wagen keinen Eigenbedarf hat, verlieh sie ihn an den Traditionsverein in Sachsen-Anhalt. Am 28. September 2010 traf 970-823 per Tieflader in Magdeburgerforth ein, wo er in den nächsten Monaten aufgearbeitet werden soll, um u. U. bereits 2011 für erste Fahrten auf den wiederaufgebauten Gleisen genutzt werden zu können. In das Eigentum des KJI-Vereins wechselte hingegen kürzlich der komplette, aber ebenfalls nicht aufgearbeitete vierachsige Gepäckwagen 974-344. Der 1922 in Werdau für die sächsischen Schmalspurbahnen gebaute KD4 traf Mitte November von der Mansfelder Bergwerksbahn kommend in Magdeburgerforth ein. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen Wagen, der von der Deutschen Reichsbahn zuletzt in Radebeul genutzt worden war. 1992 kaufte die IG Preßnitztalbahn e.V. den Vierachser und brachte ihn zunächst auf ein Gleisjoch nach Schmalzgrube. Später wurde 974-344 zum Rangieren sogar mehrfach in Züge der Museumsbahn eingestellt, aufgrund des Vorhandenseins von damals drei weiteren Altbau-Gepäckwagen jedoch 1995 von Jöhstadt an den Bergwerksbahnverein im Mansfelder Land verkauft. Eine hier vorgesehene betriebsfähige Aufarbeitung des KD4 unterblieb jedoch, der Zustand des im Freien abgestellten Wagens verschlechterte sich so Jahr für Jahr zusehends. Mit dem Verkauf des Wagens an den KJI-Verein sieht er nun wieder einer regelmäßigen Nutzung entgegen. Ebenfalls eine Investition in die Zukunft tätigt derzeit die Gemeinde Gommern. Die seit 1975 auf dem dortigen Bahnhofsvorplatz als Erinnerung an die Kleinbahn des Kreises Jerichow I aufgestellte 99 4301 (Eigentum der Gemeinde) wurde am 27. August 2010 zur Qualifizierungs- und Strukturförderungsgesellschaft (QSG) nach Genthin gebracht. Hier soll der kleine C-Kuppler (O&K 1920/9418) in den nächsten Monaten äußerlich aufgearbeitet werden – dann aber nach Gommern auf seinen Sockel zurückkehren. Indes schritt in Magdeburgerforth im Sommer und Herbst der Wiederaufbau von Gleisen voran. Am 11. September überzeugten sich während des 10. Bahnhofsfestes davon erneut zahlreiche Schaulustige. Unter ihnen befand sich auch der 4000. Besucher des Vereins – ein kleiner Junge, der sich über eine kostenlose Fahrt auf Kö6102 freuen konnte. Neben dieser zweiachsigen Diesellok des Typs Ns3 konnte auch die als Kö6101 geführte dreiachsige V10C im regen Rangierbetrieb erlebt werden. Sie verfügt seit Anfang September über eine funktionstüchtige Druckluftbremse. Inzwischen haben die neu verlegten Gleise bereits eine Länge von ca. 800 m erreicht. Der erste öffentliche Fahrbetrieb auf diesen Schienen ist im Rahmen des Fläming-Frühlingsfestes am 8. Mai 2011 vorgesehen.
14.12.2010