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Rezensiert: Dampflokzeit in Glauchau - Facetten einer deutsch-deutschen Freundschaft
Ingo Thiele
Dampflokzeit in Glauchau - Facetten einer deutsch-deutschen Freundschaft
160 Seiten, Format 28,5 x 22,5 cm, gebunden, mit 170 Farb- und 10 Schwarzweißfotos, Bildverlag Böttger, Witzschdorf 2017. ISSN: 978-3-937496-79-5 Preis: 26,50 Euro
Ein aus Spenge nördlich von Bielefeld stammender Hobbyeisenbahner reiste in den 1980er Jahren mehrfach zu Fototouren in die DDR – soweit nichts Ungewöhnliches. Doch der Fokus des Buches liegt nicht auf der Dokumentation seiner Reisen, sondern auf der Freundschaft des „westdeutschen“ Fotografen zum Glauchauer Lokführer Klaus Schwarzenberg und seiner Familie. So entsteht ein ganz persönlicher Einblick in die Arbeitswelt eines Dampflokführers im letzten Jahrzehnt der DDR. Zudem bereichern viele familiäre Episoden dieses Buch, welche ganz besondere Einblicke in eine Zeit zulassen, die viele heutige Eisenbahnfreunde genau wie der Rezensent (Jahrgang 1987) nur aus Erzählungen kennt. Zu den Geschichten: Die Anekdote „Dampflok hautnah“ erzählt beispielsweise eine Mitfahrt des Autors als Heizer auf einer Dampflok, bei der er den normalen Planeinsatz sowie die dabei notwendigen Arbeitsschritte kennenlernt. Weitere eindrucksvolle Einblicke in den Dampflokalltag vermittelt der Autor in der Geschichte „Abschied vor der Haustür“. Hierbei wird z. B. eine am frühen Morgen zu absolvierende Zementlieferung nach Zeitz beschrieben, die beinahe in einer Tragödie geendet hätte. „Der letzte Tag“ und „Dampfabschied“ zeigen die letzten regulären Dampflokplanleistungen des Bw Glauchau sowie die Abschiedsfeierlichkeiten im Bw zum Ende der Dampftraktion. Weiterhin stießen die Schilderungen von rasanten Autofahrten neben dem Zug her auf reges Interesse des Rezensenten. Aber auch lustige Episoden prägen das Buch, so u. a. eine Episode, die während der Fußball-WM 1986 spielt. Das Dampflokpersonal wollte unbedingt das Viertelfinale mit der BRD-Elf sehen, daher wurde nach der Ankunft nur schnell die Lok umgesetzt, um anschließend bei der örtlichen Aufsicht das Spiel anzuschauen. Trotz der Spannung musste irgendwann der Zug losfahren. Da es schon einige Minuten nach der planmäßigen Abfahrt war, machte das Lokpersonal sogleich richtig Dampf und beschleunigte mit großer Kraft. Ungünstig war dabei allerdings, dass der beim Umsetzen nicht erfolgte Kuppelvorgang auch jetzt vergessen wurde und dadurch die mit drei Passagieren besetzten Wagen immer noch im Bahnhof standen. Doch wenige Minuten später war die Lok wieder da und gemeinsam mit den Wagen begann die Fahrt, nun mit noch mehr Verspätung … Nicht wiederholbare Fotografien, u. a. von den Glauchauer 58ern, von Reisen ins Erzgebirge, von weiteren Dampfabenteuern in der DDR sowie von der Arbeit Klaus Schwarzenbergs und seiner Kollegen lassen die dargestellten Geschichten lebendig werden.
Fazit: Ein Buch über eine bleibende Freundschaft, die durch das Hobby Eisenbahn entstanden ist, und über den Eisenbahnalltag im letzten Jahrzehnt der DDR – wer sich dafür und für die deutsch-deutsche Geschichte interessiert, wird das Buch in kurzer Zeit gelesen haben.
11.12.2017