Schmalspurbahnen in Europa
Von der Waldbahn zur Touristenbahn Moldoviţa
Die Waldbahnen Rumäniens verfügten Ende der 1980er Jahre noch über eine Streckenlänge von insgesamt rund 1000 km. Die Spurweite der fast ausnahmslos dampfbetriebenen Bahnen betrug meist 760 mm. Doch in den vergangenen fast 30 Jahren hat sich auch in Rumänien bei den Eisenbahnen viel verändert. Schnell verschwanden Anfang der 1990er Jahre die verbliebenen Waldbahnen der staatlichen Waldbahnverwaltung (Căile Ferate Forestiere, CFF). Die letzte ihrer Art ist die heute privat betriebene Wassertalbahn, die von Vişeu de Sus (Oberwischau) auf 44 km Holz mit Diesellokomotiven vom Typ L45H aus den Wäldern der Region Maramureș abfährt. Zum wichtigen Standbein hat sich dort seit Ende der 2000er Jahre der Touristenverkehr entwickelt. Mittlerweile tragen pro Jahr mehr als 100 000 Fahrgäste der dampfbetriebenen Züge wesentlich zum Bestand der Wassertalbahn bei. Durch die wirtschaftliche und touristische Entwicklung Rumäniens findet das Erlebnis „Ausflug zur Dampfeisenbahn“ bei den Rumänen derzeit einen richtigen Boom.
In der südlichen Bukowina entstand in den Jahren ab 2005 aus der stillgelegten und weitgehend abgebauten Waldbahn Moldoviţa ebenfalls eine bemerkenswerte Touristenattraktion. Die Strecke liegt unweit der bekannten Moldauklöster, die zum Weltkulturerbe der UNESCO gehören. Hervorgegangen ist sie aus der CFF-Waldbahn Moldoviţa, die ab 1888 aufgebaut und in den 1980er Jahren noch mit einem Streckennetz von mehr als 70 km betrieben wurde. Nach einem Hochwasser im Jahr 2001 legte die Regia Nationala a Padurilor (Bundesforstverwaltung) die Reste der Strecke als eine der letzten ehemaligen CFF-Bahnen still. Im Jahre 2003 unternahm die Exportgesellschaft „RG Holz“ aus Viseu einen Versuch, die Strecke nach Rososa wiederzueröffnen. Doch da nach einem Windwurf im Rososatal so eine große Menge Holz abzufahren war, kam es zur Demontage der Gleise zwischen den Streckenkilometern 16 und 26 und zum Bau einer Forststraße. Damals wurden die zuletzt dort eingesetzten Dampflokomotiven 764-449 (Reșița 1955/1188) und 763-193 (Krauss/Linz 1921/1219) nach Vişeu de Sus gebracht.
Im Jahr 2005 engagierte sich Georg Hocevar als Eigentümer der Eisenbahnwerkstatt CFI in Crișcior für den Wiederaufbau der unteren Strecke. Mit größtenteils gebrauchtem Material wurden die teilweise zerstörten und abgebauten Gleise auf einem ersten 3,6 km langen Abschnitt wieder befahrbar gemacht. In weiteren Schritten wurden im Herbst 2009 der Streckenkilometer 6,3 und im Herbst 2011 der Kilometer 10,5 erreicht. Seit 2009 verkehren in der Sommersaison, aber auch in den Weihnachtsferien touristische Personenzüge. Im Spätherbst 2013 ging die Verlängerung bis in den Ort Argel in Betrieb. Dazu entstand eine vom Hochwasser zerstörte 30 m lange Brücke neu. Schließlich verlängerte die CFI die Strecke bis zum November 2017 in der anderen Richtung bis zum ehemaligen CFR-Bahnhof Moldoviţa. Damit ist die Länge der „Mocăniţa Huţulca Moldoviţa“ (Dampfschmalspurbahn „Hutulca“ Moldovita) auf 12,7 km angewachsen.
Im Jahr 2018 gehörten drei der typischen D-Kuppler mit Klien-Lindner-Hohlachsen aus rumänischer Nachkriegsproduktion zum Einsatzbestand: die 764-404R (Reghin 1984/ 601), die 764-423 (Reșița 1954/1679) sowie die 764-431 (Reșița 1957/2609). In Moldoviţa ergänzt eine umgespurte ex ÖBB-Normalspur-Draisine für Verschub und Gleisbau den Fahrzeugbestand. Der Wagenpark besteht aus Sommerwagen ohne Fenster, aber mit Dach, sowie aus geschlossenen Wagen, die aus Rumänien, Ungarn, Österreich, Deutschland und der Schweiz stammen. Alle Wagen wurden bei CFI in Crișcior instandgesetzt und für den Personenverkehr teilweise aufwändig umgebaut. Einheitlich lackiert, bieten sie ein homogenes Bild. Mittlerweile wird ganzjährig gefahren, von Juli bis September täglich. Am Streckenendpunkt in Argel wird den Fahrgästen zwischen dem Fluss Moldoviţa und dem Umsetzgleis Deftiges aus der Küche der Bukowina angeboten. Rund 40 000 Fahrgäste im Jahr sind der Lohn für die geleistete Aufbauarbeit. An Spitzentagen fahren zwei Garnituren mit bis zu neun Wagen je Zug. Die D-Kuppler arbeiten dabei an ihrer Leistungsgrenze, alle verfügbaren Personenwagen sind dann im Einsatz. Das stellt ein beeindruckendes Schauspiel dar, zumal dabei im Gegensatz zur Waldbahnzeit mit Last bergauf gefahren wird. Für Sonderfahrten hält die CFI 14 Drehschemelwagen für Holz sowie originale gedeckte Wagen und einen originalen Waldbahn-Personenwagen vor. Die Betriebsführung erfolgt durch die CFI im Auftrag der Asociatia pentru pastrarea liniilor inguste din Romania (Vereinigung für die Bewahrung der rumänischen Schmalspurbahnen). Es bleibt festzuhalten, dass es sich bei der „Mocăniţa Huţulca Moldoviţa“ um keine klassische Museumsbahn handelt. Als Touristenbahn muss sie ihre Betriebskosten selbst erwirtschaften. Öffentliche Förderungen gab es bisher keine. Für den Betrieb und die Unterhaltung sind fest angestellte Mitarbeiter zu bezahlen, daher ist die Gesellschaft auf die rege Nutzung durch zahlende Fahrgäste angewiesen.
mit Hinweisen von G. Hocevar
13.02.2019