Bücher-Markt
Rezensiert: Na dann mal Prost …
Jan Seelig, Peter Wunderwald
Na dann mal Prost …
Bahnhofsgaststätten des Mügelner Schmalspurbahnnetzes und die Tradition sächsischer Bahnhofswirtschaften
176 Seiten, Format 23,6 x 16,8 cm, Hardcover mit 175 Schwarzweiß- und 100 Farbbildern sowie einer Karte Wunderwald Bahnbücher, Nossen 2018. ISBN: (keine) Preis: 28,– Euro
Eisenbahnbücher sind meist eine trockene Angelegenheit. Die Streckenmonografien, Baureihenbücher sowie Bildbände stecken voller technischer Details und der Mensch, wenn er nicht als Betriebseisenbahner oder Konstrukteur in Erscheinung tritt, spielt häufig eine untergeordnete Rolle.
Eine Ausnahme bilden schon lange die Eisenbahnbücher des Nossener Museologen Peter Wunderwald, in denen schon manchen Bahnagenten, Gewerbetreibenden oder anderen lokalen Persönlichkeiten ein Denkmal gesetzt wurde.
Diesmal wird der Spieß jedoch umgedreht und die Schmalspurstrecken zwischen Döbeln, Kroptewitz, Neichen und Strehla bilden vor allem den roten Faden für die Geschichte der Stationen, deren Umfeld und vor allem der gastronomischen Einrichtungen, die unmittelbar mit der Eisenbahn verbunden waren.
Dass es in den Städten wie Oschatz, Mügeln, Strehla und Döbeln Gastwirtschaften gab, ist wenig verwunderlich. Doch auch mehr als die Hälfte der kleineren Stationen konnten einst Bahnhofswirtschaften vorweisen. Diese wurden häufig durch die Bahnagenten der Stationen betrieben und waren als Kolonialwaren- oder auch Kohlenhandlung wirtschaftliches, soziales und kulturelles Zentrum des Ortes zugleich.
Aber auch richtig „große Schuppen“ lagen an den Schmalspurstrecken – Tanzlokale von regionalem Rang und Namen, Biergärten und sogar ein Bahnhofshotel.
Ihre Blütezeit hatten die meisten Einrichtungen in den Jahren von der Eröffnung der Strecken Ende des 19. bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Mit der Abnahme der Bedeutung der Eisenbahn verschwanden auch die Wirtschaften. Nur in eine einzige Bahnhofsgaststätte des Mügelner Schmalspurnetzes kann man heute wieder einkehren – und dass, obwohl dort bereits seit mehr als 45 Jahren kein Zug mehr fährt: In Wermsdorf gibt es seit 1998 wieder das „Gasthaus zum Bahnhof“!
Das Buch, das Peter Wunderwald gemeinsam mit Jan Seelig erarbeitete, liest sich erwartungsgemäß flüssig, durch viele Anekdoten aufgelockert ist es ein sehr kurzweiliges Vergnügen. Neben prachtvollen alten Ansichten der Stationen und Bahnhofswirtschaften gibt es viele, aus heutiger Sicht amüsante Anzeigen, Bierdeckel und andere relevante Dokumente zu sehen. Selbstverständlich kommen auch reine Eisenbahnbilder zum Abdruck, darunter teils unveröffentlichte Raritäten!
Fazit: Unweit der Gleise gibt es noch viele Geschichten zu erzählen. Den Autoren ist das wahrscheinlich unterhaltsamste und abwechslungsreichste Eisenbahnbuch der letzten Jahre gelungen. Wohl bekomm’s!
Bezogen werden kann das besprochene Buch u. a. direkt vom Verlag: postalisch per Wunderwald Bahnbücher, Steinbuschstraße 30 in 01683 Nossen oder im Internet unter www.wunderwald-bahnbuecher.de
13.02.2019