Kommentar
„ErzgebirgsCard“ abgeschafft. Basta!
Die Entscheidung fiel schon vor ein paar Monaten, zum Jahresanfang 2019 wurde sie umgesetzt: Der Tourismusverband Erzgebirge e.V. (TVE) hat die „ErzgebirgsCard“ eingestampft. Das Angebot, das für Gäste der Erzgebirgsregion bei über 150 Partnern bzw. Akzeptanzstellen kostenfreie oder ermäßigte Nutzung ermöglichte und seit 15 Jahren zu einer aktiven Verknüpfung der touristischen Anbieter im Erzgebirge führte, ist Geschichte. In offiziellen Verlautbarungen wurde dazu wieder einmal eine EU-Verordnung als Grund für den Kahlschlag herangezogen. Das am 1. Juli 2018 in Kraft getretene EU-Pauschalreiserecht soll also den Grund liefern, die „ErzgebirgsCard“ einzustellen. Fast wäre der Autor ja geneigt zu fragen, ob denn nicht auch noch die DSGVO, also die in aller Munde befindliche Datenschutz-Grundverordnung, Argumente hätte liefern können.
Weil die Pauschalreiseverordnung die Verknüpfung verschiedener Leistungen als „Pauschalreise“ mit zusätzlichen Beratungs- und Informationspflichten für den Reisenden sicherer machen und ihn vor materiellem Schaden bei Ausfall eines Leistungserbringers schützen sollte, muss man also die „ErzgebirgsCard“ einstellen? Man hätte das Angebot ohne die SPNV-Leistungen im Angebotsumfang nicht mehr für attraktiv genug gehalten? Bis 2011 ging das doch auch schon. Ist das wirklich alternativlos gewesen? Warum gibt es eigentlich noch die „HarzCard“, die eine ähnliche Angebotsverknüpfung beinhaltet? Hat man dort in einem anderen deutschen Mittelgebirge die EU-Regeln nicht verstanden? Schieben wir die Polemik etwas beiseite, aber der TVE scheint (wie es wohl heute opportun ist) mit Regeln aus der EU Stimmung zu machen, um eigene Schwachstellen oder Überforderung zu übertünchen. Lag es vielleicht doch eher an anderen Gründen, wie dem notwendigen (Ersatz-)Investitions- oder Marketingaufwand oder den Mehraufwendungen für die Gewinnung von weiteren Partnern im Verbund, die der Verband scheute? Oder fehlte es einfach an juristischer Expertise, wie man trotz gegebener Anforderungen aus Gesetzen und Richtlinien dieses Angebot hätte aufrechterhalten können?
Vielleicht sollte der TVE auch einmal seine (schon etwas hochtrabend klingenden) „Aufgaben & Ziele“ auf seiner Internetseite analysieren:
„Unter Einbeziehung möglichst vieler Akteure und Leistungsträger der Region steht dabei die Steigerung der Bekanntheit und Sympathie der Destination im Vordergrund.“
Dafür war die „ErzgebirgsCard“ das einzige Angebot im Portfolio des Verbandes. Nun will sich der TVE wahrscheinlich auf das Verteilen von Flyern auf Touristikmessen konzentrieren. Die „ErzgebirgsCard“ sorgte hingegen dafür, dass sich „Akteure und Leistungsträger der Region“ auch mit den Angeboten in der Nachbarschaft beschäftigten. Denn wenn Reisende mit dieser Karte vorbeikamen, gab es häufig Gespräche, wo sie unter Nutzung des rabattierten Pauschalangebotes weitere schöne Dinge erleben können. Die „Akteure“ mussten also schon aus diesem Grund zwangsläufig voneinander wissen.
Das hat sich ja nun erledigt. Und der Tourist im Erzgebirge wird seinen Weg zum richtigen Ziel schon finden – der Weg ist beim Reisen schließlich das Ziel.
Für die Zusammenarbeit der Region ist das Ende der „ErzgebirgsCard“ jedenfalls ein heftiger Rückschlag. Ein Überdenken der Entscheidung ist beim TVE aber leider nicht zu erwarten. Oder?
13.02.2019