Schmalspurbahnen in Europa
Die Fahrzeuge der ÖGLB auf der Ybbstalbahn-Bergstrecke
Eine der schönsten Museumsbahnen Österreichs liegt in der südwestlichsten Ecke des Bundeslandes Niederösterreich – die Bergstrecke der Ybbstalbahn. Ihre Geschichte stellte ein Beitrag im vorigen PK vor. In dieser Ausgabe stellen wir nun die vom ehrenamtlich tätigen Verein „Österreichischen Gesellschaft für Lokalbahnen“ (ÖGLB) bzw. deren Betriebsgesellschaft der „Niederösterreichischen Lokalbahnbetriebsgesellschaft“ (NÖLB) eingesetzten Fahrzeuge vor. Seit Beginn seiner Sammeltätigkeit verfolgt der Verein das Ziel, Lokomotiven und Wagen in jenem Zustand zu restaurieren, der dem Ursprungszustand am nächsten kommt. Daher verkehren die Dampfzüge mit Fahrzeugen aus der Zeit von 1890 bis 1918 und die Dieselzüge mit jenen der Zwischenkriegszeit.
Dampflokomotiven der ÖGLB
Anfangs bestimmten die beiden im Mai 1990 von Hirschwang, dem ersten Betriebszentrum der ÖGLB, nach Kienberg-Gaming umgesetzten Lokomotiven „Molln“ und U.1 elf Jahre lang allein den Dampfbetrieb auf der Bergstrecke. Doch zeitweise fuhren auch die Bh.1 der Steiermärkischen Landesbahnen (Juni 1994), die Yv.2 des Waidhofener Clubs 598 (1998 bis 2000) sowie Gastfahrzeuge der ÖGEG wie die Dampfloks 699.103 und 298.102 (die Schwesterlok der „Molln“) von der Steyrtalbahn mit Nostalgiezügen „über den Berg“. Die ehemalige Steyrtalbahn-Lok Nr. 4 „Molln“ (C1’n2, Krauss/Linz, 2256/1890, ex DRB 99 7833, ÖBB 298.104) war nach langer Standzeit als Denkmal von der ÖGLB in Zusammenarbeit mit den ÖBB im Jahr 1989 wieder betriebsfähig gemacht worden. Danach war sie für fast 20 Jahre die älteste betriebsfähige Schmalspurdampflok Österreichs. Im Jahr 2005 musste sie die ÖGLB infolge Ablaufs der durch die Übernahme von EU-Regelungen verkürzten Kesselfrist abstellen.
Bei der Lok U.1 (C1’n2, Krauss/Linz, 3709/ 1898) handelt es sich um die erste Dampflok der am 4. Juli 1898 vom niederösterreichischen Landeseisenbahnamt eröffneten Stammstrecke der Mariazellerbahn. Deren Betrieb überwachten ab 1908 die Niederösterreichischen Landesbahnen – kurz NÖLB, womit der Bogen zur gleichlautenden Abkürzung der heutigen Betriebsgesellschaft der ÖGLB geschlagen ist (Niederösterreichische Lokalbahnen-Betriebsgesellschaft). Die später von den BBÖ als U.51, von der DRB als 99 7817 und von den ÖBB als 298.51 geführte Dampflok erwarb die ÖGLB im Jahr 1984 von den ÖBB. Sie stand danach zunächst auf der niederösterreichischen Höllentalbahn und auf der Bergstrecke im Einsatz, bis sie nach Ablauf der Kesselfrist im Jahr 2008 außer Betrieb ging. Nach einer umfangreichen und teuren Hauptuntersuchung kehrte die U.1 im Juni dieses Jahres zur Museumsbahn zurück, allerdings ziehen sich die Nacharbeiten am Kessel voraussichtlich bis zum Saisonende hin.
Im Frühjahr 2001 endete mit der Inbetriebnahme der einst von den Niederösterreichischen Landesbahnen (NÖLB) beschafften Lok Uv.1 (C1’n2vt, Krauss/Linz, 4785/1902, ex BBÖ Uv.5, DRB 99 801, ÖBB 298.205) eine langwierige Restaurierung. Die von der Reihe U abgeleitete Serie von drei Exemplaren für die Niederösterreichischen Waldviertelbahnen war die erste NÖLB-Dampflok mit Verbundwirkung und übertrifft mit ihrer Leistung von 225 PSi die Maschinen der Reihe U um 15 %. Bis 1962 dominierte bei den ÖBB die Reihe Uv im Planbetrieb auf der Bergstrecke. Die Lok 298.205 ging 1984 nach 19-jährigem Dasein als Denkmal in Ruprechtshofen in den ÖGLB-Bestand über und wurde 1986 zur Hauptuntersuchung zerlegt, doch dann verzögerte Geldmangel die Arbeiten. Im Rahmen des von der EU geförderten Projekts „Nostalgiebahn Ötscherland-Express“ versah die Werkstätte České Velenice die Lok in den Jahren 1997–2000 mit einem neuen Kessel und übergab sie nach eigenen Angaben betriebsbereit. Doch die ÖGLB-Aktiven hatten in Kienberg-Gaming noch umfangreiche Nacharbeiten vorzunehmen, bevor die Uv.1 im Jahr 2001 den Museumsbahndienst für den Verein aufnehmen konnte. Als solche stellt sie die beste Stütze des Dampfbetriebs auf der Bergstrecke dar. Derzeit ist die Lok allerdings mit undichten Rohren abgestellt. Wenn die ÖGLB das Geld für einen neuen Rohrsatz aufgebracht hat, soll sie instandgesetzt werden.
Diesellokomotiven
Während der Landesausstellung in Gaming fuhr der Ötscherland-Express im Frühjahr 1991 zwölf Wochen lang täglich. Um diesen Betrieb zu bewältigen, überführte die ÖGLB ihre dieselelektrische Lok 2190.01 (Bo-de, Simmering/SSW, 65328/1934, ex BBÖ 2040.01, DRB V15 901, ÖBB 2190.01) von Hirschwang nach Kienberg-Gaming. Diese Lokomotive war mit zwei gleichartigen Exemplaren für die Zweigstrecke Wieselburg – Gresten (heute normalspurig) der Mariazellerbahn gebaut worden. Seit 1991 ist sie für kürzere Züge auf der Ybbstalbahn zuständig und nach einer Hauptausbesserung seit 1997 wieder original Tannengrün lackiert. Die erste streckentaugliche Diesellok der BBÖ war die von den Firmen Grazer Waggonfabrik und Siemens/Österreich im Jahr 1928 zu Probefahrten nach Kienberg-Gaming gelieferte vierachsige dieselelektrische 200-PS-Lok 2070.01 (BoBo-de, Graz 32848/1928, ex DRB V20 901, ÖBB 2093.01). Wegen des kastenförmigen Aussehens mit Diamond-Drehgestellen und Endführerständen sowie aufgrund des Motorgeräusches wird die Maschine auch „Tramway“ genannt. Sie blieb ein Einzelstück, das die ÖBB nach mehr als 30 Dienstjahren auf der Ybbstalbahn nach St. Pölten überstellte. Von dort fuhr sie Züge nach Ober Grafendorf und Gresten. Als sie die ÖBB im Jahr 1990 während einer HU ausmusterten, kaufte die NÖLB die historisch wertvolle Diesellok, ließ sie in der Hauptwerkstätte St. Pölten fertigstellen und nahm sie am 1. Juni 1994 in Kienberg-Gaming in Betrieb. Seit einer Remotorisierung mit einem Prototyp eines Liebherr-Dieselmotors führt die 2093.01 regelmäßig an Dieseltagen die Museumszüge auf der Bergstrecke.
Im Jahr 1997 kam eine ehemalige Heeresfeldbahndiesellok vom Typ HF130C (C-dh, Gmeinder 3137/1941) für den Verschubdienst nach Kienberg-Gaming. Die vom Oberkommando des Heeres in Berlin bestellte Maschine stand bei Kriegsende in Mittersill in der früheren Heeresversuchsstelle und wurde am 6. Dezember 1945 mit ihrer jetzt in Hirschwang eingesetzten Schwesterlok nach Garsten überstellt. Ab 1956 erbrachte sie als Lok 1 für die Eisenwerke Joh. Pengg in Thörl und Margarethenhütte Rangierdienste, bis sie nach dem Konkurs der Firma in den Besitz der NÖLB überging und die Nummer V 1 bekam. Nach mehrjährigem Einsatz erhielt sie vor drei Jahren eine neue Farbgebung im crème-roten ÖBB-Stil der 1950er Jahre. Die seitdem als 2092.01 beschilderte Lok nutzt die NÖLB zum Rangieren. Seit Juli 2002 besitzt die NÖLB für schwere Arbeitszüge eine dieselhydraulische Diesellok vom rumänischen Typ L45H mit 450 PS (B’B’dh, Lokfabrik „23. August“ Bukarest 24978/1985). Sie kam zuvor als L45H-089 in einem rumänischen Stahlwerk zum Einsatz und wurde bei der Ybbstalbahn als 2099.01 in Betrieb genommen. Nach kurzem Einsatz musste sie einer kompletten Erneuerung der elektrischen Komponenten unterzogen werden, die in Eigenleistung mehrere Jahre in Anspruch nahm. Seither ist sie mit schweren Zügen auf der Bergstrecke erfolgreich in Betrieb.
Motordraisinen
Zusätzlich zu den Lokomotiven befinden sich auf der Bergstrecke mehrere ehemalige ÖBB-Draisinen. Dabei handelt es sich um die X 614.902 (B-dm, gebaut ca. 1955 mit einem Motor vom Typ JW 35), die X 616.905 (B-dm, gebaut ca. 1955, Typ BM 35, 50 PS), einen Klima-Schneepflug (ex ÖBB 98 620), einen Kranwagen (BEW 1) und seit Ende 2013 über den in der Tschechoslowakei gebauten MUV 69, einen Motorwagen mit Ladefläche und Hiab-Kran, der bis dahin bei der Fichtelbergbahn in Cranzahl stand. Er konnte bis dato nicht betriebsfähig aufgearbeitet werden.
Wagen
Um den Museumszugverkehr auf der Bergstrecke aufnehmen zu können, überführte die ÖGLB im Mai 1990 sechs Personen- und zwei Güterwagen von der niederösterreichischen Höllentalbahn aus Hirschwang nach Kienberg-Gaming: • die achtfenstrigen Wagen Ci 12 und Ci 13 (Holzkasten, Baujahr 1921, ex Lokalbahn Mixnitz – St. Erhard) • die Haubendachwagen Ci 204 (Baujahr 1903, Umbau 1928, jetzt Buffetwagen) und Ci 374 (Baujahr 1900, Umbau 1930) – beide ex ÖBB • den vierfenstrigen Flachdachwagen Ci 256 (Baujahr 1898, ex ÖBB 6485) • den Spantenwagen Bi 3860 und • die Güterwagen G 10207 und G 10052
Nach jahrelangem Aufenthalt im Freien erhielten die Wagen Ci 12 und 13 in den Jahren 2000/01 eine Hauptreparatur des Wagenkastens (neue Fenster, Fensterabschlussleisten und eine neue Holzbeplankung). Original laubgrün lackiert entsprechen sie jetzt den Ci 12 und 13 der alten Ybbsthalbahn AG. Zu den beiden achtfenstrigen Flachdachwagen gesellte sich 2008 ein dritter, der Ci 11 (gebaut 1914 von Ringhoffer in Prag für die Lokalbahn Mixnitz – St. Erhard), den die Firma von Georg Hocevar in Rumänien im alten Stil rekonstruierte. Außerdem werden der älteste erhaltene österreichische Schmalspurpersonenwagen, der von der Steyrtalbahn stammende BC 9 (gebaut 1891, später Gerätewagen 97005, rekonstruiert 1989) mit dem markanten Schweifdach sowie der älteste erhaltene bosnische 4.-Klasse-Wagen E 254 (gebaut 1884 von Ringhoffer in Prag, 1911 nach Umbau als Dienstwagen D 50 auf der Lokalbahn Mixnitz – St. Erhard im Einsatz, rekonstruiert 2007 von der Fa. Hocevar) vor allem bei Sonderzügen eingesetzt. Zusätzlich befindet sich der in Privateigentum befindliche steirische 1.-/3.-Klasse-Wagen 68 (gebaut 1893 für die Lokalbahn Kapfenberg – Au-Seewiesen) seit 2000 auf der Bergstrecke, wo er in Sonderzüge eingereiht wird. Er war 1993 von der Firma Kotyza in Brünn auf dem alten Fahrgestell als 1.-Klasse-Wagen neu aufgebaut und bei der Thörlerbahn bis zum Ende des dortigen Bummelzugbetriebs 1999 eingesetzt worden. Seit 1992 läuft mit dem D 33 (gebaut 1891 für die Steyrtalbahn AG) einer der ältesten Dienstwagen Österreichs auf der Bergstrecke. Der bei den ÖBB zuletzt als D 6463 bezeichnete Zweiachser wurde 1992 nach fünfjährigem Einsatz bei der Bregenzerwaldbahn an die NÖLB verkauft und 2002 restauriert.
Zum Anfangsbestand der Ybbstalbahn zählten die 1896 erbauten zweiachsigen Post-Dienstwagen DF 101 und DF 102, die in den 1960er Jahren als Holzkastenwagen bei den ÖBB ausschieden. Da die Ybbstalbahn AG in der Kaiserzeit einen weiteren Dienstwagen benötigte, wurde der 1900 als gedeckter Güterwagen für die Ybbstalbahn gebaute G 155 im Jahr 1914 in einen kurzen Postdienstwagen DF 155 umgebaut, der bei den ÖBB die Bezeichnung DF 6805 erhielt. Aufgrund seiner Sonderbauart entging er allen Modernisierungen der ÖBB und besitzt noch immer seine originale Inneneinrichtung. Im Jahr 2003 erwarb die ÖGLB dieses Fahrzeug von der Gurkthalbahn in Kärnten. Nach umfangreichen Restaurierungen kehrt er in diesem Jahr als Wagen DF 155 der Ybbstalbahn in den regulären Betrieb zurück. Schließlich besitzt der Verein mit dem Wagen DF 6400 einen bis 1989 im Ybbstal eingesetzten Post-Dienstwagen. Die ÖBB hatten diese Wagengattung im Jahr 1969 durch die drei auf zweiachsigen Personenwagenuntergestellen in Spantenbauweise aufgebauten und 1995 ausgeschiedenen Post-Dienstwagen DFi 6850 bis 6852 ersetzt. Davon kam der DFi 6852 in den Besitz der ÖGLB, er wartet aber noch auf seine äußere Aufarbeitung. Der heutige Kienberger Wagen 97 700 – ein Verwandter des BC 9 – war 1889 im Steyrtal als Personenwagen C 14 in Dienst gestellt, bei den ÖBB zuletzt als Ci 4763 eingesetzt und 1954 in einen Wohnwagen der Bahnmeisterei Lunz am See umgebaut worden. Die NÖLB übernahm ihn 1994 und richtete ihn 1998 äußerlich unverändert als Souvenirshop ein. In den vergangenen Jahren erhielt er eine farbliche Auffrischung. Außerdem gehört der Bahndienstwohnwagen 97 704 seit 1997 zur Kienberger Sammlung. Der im Jahr 1902 für die Vellachtalbahn gebaute Personenwagen Ci 4 (später ÖBB Ci 3643) war 1966 in Spantenbauweise zum Wohnwagen der Bahnmeisterei umgebaut worden.
13.08.2018