Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Waldbahnen in der Slowakei (1)
Mitte Oktober lud Michael Schneeberger, der bis 2011 über den Verein „Hilfe für die Wassertalbahn“ an der Erhaltung und Vermarktung der rumänischen Waldbahn von Viseu de Sus mitgewirkt hat, zu einer Fototour auf slowakischen Waldbahnen ein. Dort sind in den vergangenen Jahren einige sehr interessante Museumsbahnen entstanden. Bis 1918 gehörte die Slowakei innerhalb der K. u. k-Monarchie zum Königreich Ungarn. Dieses umfasste damals auch Gebiete innerhalb des Karpatenbogens, so das heute rumänische Siebenbürgen sowie einen Teil der Westukraine. Um 1900 bestand daran Bedarf, das Holz der schier unendlichen Karpatenwälder industriell zu nutzen. Wo es möglich war, wurde das Holz über vorhandene Flüsse geflößt. Als geeignetes, alternatives Transportmittel für größere Lasten stand zunächst nur die Eisenbahn zur Verfügung.
Die Museumswaldbahn Cierny Balog
1908 begann deshalb der Bau einer Waldeisenbahn von Podbrezova nach Südosten in die Berge des Slowakische Erzgebirges. Noch 1908 erreichte die 760-mm-Bahn entlang des Flüsschen Cierny Hron (Schwarzgran) den Ort Cierny Balog (Schwarzwasser). Der erste offizielle Namen der Waldeisenbahn lautete auf Ungarisch „Fekete Garam Vasút“, die Abkürzung F.G.V. ist bis heute an verschiedenen Fahrzeugen zu finden. Die deutsche Minderheit in der Region nannte die Strecken Schwarzwasser- oder Schwarzgranbahn. Nach und nach erschloss die Waldbahn auch die Seitentäler der Cierny Hron. In Hronec, zwei Kilometer von Podbrezova gelegen, entstand ein großes Sägewerk. Noch 1909 wurde eine Erweiterung der Strecke nach Janosovska bei Cierny Balog vorgenommen, 1913 nach Dobroc und 1914 nach Štiavničce. In den 1920er Jahren erreichte das Netz eine Gesamtlänge von 132 Kilometern. Da keine Möglichkeit bestand, die Waldbahn im Tal der Hron (Gran) an die Staatsbahn anzuschließen, ließ das Sägewerk in Hronec ein zwei Kilometer langes regelspuriges Zweiggleis zur Strecke Banská Bystrica – Margrecany errichten.
Für den Betrieb der Waldbahn standen insgesamt 13 Dampflokomotiven aus fünf verschiedenen Lokomotivfabriken zur Verfügung, darunter fünf Maschinen von CKD aus Prag sowie vier der MAV-Lokfabrik Budapest. Ab 1961 kamen drei Diesellokomotiven aus den Raba-Werken im ungarischen Györ zum Einsatz, die der ungarischen Reihe M042 entsprachen. Von 1927 bis 1962 fand auf der Waldbahn ein beschränkter Personenverkehr statt. Der aufkommende Kraftverkehr führte Ende der 1970er Jahre zum Beschluss der slowakischen Regierung, den Waldbahnbetrieb einzustellen. 1982 verkehrten die letzten regulären Züge auf der Waldeisenbahn. Einer Gruppe von Enthusiasten gelang es jedoch, die Strecke auf die Liste der Kulturdenkmäler zu setzen und somit zu erhalten. Doch zuvor war fast alles Rollmaterial abgefahren worden. 1983 starteten die Arbeiten zum Wiederaufbau der Strecke als Museumsbahn. 1983 begannen die ersten Arbeitswochen zur Instandsetzung der Gleise. 1992 gelang die Aufnahme des Museumsbetriebes zwischen Cierny Balog und dem Freilichtmuseum Vydrovo. Ein Jahr später war auch die Strecke von Cierny Balog über Hronec nach Chvatimech wieder befahrbar. 2012 konnte die Strecke in den Ortsteil Dobroc wiederaufgebaut und eröffnet werden. Inzwischen zählt die Waldeisenbahn zu den Touristikattraktionen in der Slowakei. Um dem starken Andrang zu begegnen, wurden deshalb 2012/13 in Österreich diverse Personenwagen von der Ybbstalbahn gekauft. Regelmäßigen Fahrbetrieb gibt es derzeit zwischen Anfang Mai und Ende September, außerhalb der Saison zu besonderen Anlässen.
Fahrzeuge der Museumsbahn
Für den Einsatz stehen eine Raba-Diesellok sowie drei Dampflokomotiven und ein Dieseltriebwagen zur Verfügung. Die Lok U34 „Joy“ wurde 1906 von der Maschinenfabrik Budapest unter der Fabriknummer 1879 gebaut und an die Waldeisenbahn in Nalepkovo bei Spisska Nova Ves in der Slowakei ausgeliefert. Dort tat sie bis zur Einstellung des Betriebes 1960 ihren Dienst. Anschließend wurde sie unter Sägemehl versteckt und entging so der Verschrottung. 1984 wurde die Lok wiederentdeckt und 1986 als Schenkung dem Museumsbahnprojekt in Cierny Balog überlassen. Seit 2012 steht die Lok wieder unter Dampf. Die Lok „Smoschewer“ wurde 1918 unter der Fabriknummer 625 von der „Feldbahn- & Lokomotivfabrik Smoschewer & Co.“ in Breslau für die k. u. k. Heeresfeldbahnen Österreich-Ungarns gebaut. Die Cn2t zählt zum Feldbahntyp R IIIc und war ursprünglich in 600 mm Spurweite ausgeführt. Nach dem Ersten Weltkrieg kam sie in der Tschechoslowakei als Bauzuglok zum Einsatz. Erst 1984/85 wurde sie beim Abriss einer alten Scheune bei Brünn wiederentdeckt. Nachdem das Technische Museum in Brünn kein Interesse an der Lok hatte, gelangte sie zur Museumsbahn in Cierny Balog. Umgespurt auf 760 mm kam sie ab 1993 auf der Waldbahn zum Einsatz. Seit 2009 steht sie wieder unter Dampf. Die vorhandenen Lokomotiven erwiesen sich für die steile Strecke und die immer länger werdenden Züge als zu schwach. Mitte der 1990er Jahre wurde deshalb aus Rumänien eine Waldbahnmaschine beschafft. Dabei handelte es sich um die 1985 im Traktorenwerk Reghin in Rumänien hergestellte 764.407R. Die Lok war zuletzt auf der Waldeisenbahn Margina in Rumänien im Einsatz und befördert im Sommer die Touristenzüge als U46.003 „Maly Mamut“ (kleiner Mammut).
Der Triebwagen M21.004 wurde 1939 von den Böhmisch-Mährischen Bahnen (BMB/CMD) für die Schmalspurstrecke Neuhaus – Wobratan/Jindirchuv Hradec – Obrataň beschafft. Von 1965 bis 1971 kam er auf der Pioniereisenbahn in Presov zum Einsatz. Nach einer Odyssee über Nitra konnte das Fahrzeug 1990 durch die Museumsbahn Cierny Balog übernommen werden. Die Maschinenanlage und Steuerung wurde von 2000 bis 2004 grundlegend modernisiert, seither treibt ein John-Deere-Dieselmotor das Fahrzeug an. Falk Thomas Weitere Info unter: www.chz.sk
08.12.2013