Preßnitztalbahn aktuell
Die Gleislücke ist geschlossen – die Strecke wieder durchgängig befahrbar
Die Skeptiker waren zahlreich als es hieß, dass für das neue Brückenbauwerk an der Ausstellungs- und Fahrzeughalle der Preßnitztalbahn und die Wiederherstellung der Gleisverbindung über dieses gerade einmal acht Wochen veranschlagt wurden (eigentlich sogar nur sieben, denn das war die der Baufirma vorgegebene Zeitfrist.) Nicht zu schaffen, zumal in dieser Jahreszeit von Anfang Oktober bis Ende November. Vergleichbare Bauwerke benötigen erfahrungsgemäß mindesten drei bis sechs Monate. Schneemassen, tiefe Frosttemperaturen und Wassermengen die einen Baufortschritt behindern – alles Faktoren, die in diesem Zeitfenster in den letzten Jahren schon da gewesen waren. Von anderweitigen Bauhindernissen, Material- und organisatorischen Problemen ganz zu schweigen.
Nichts davon konnte in den vergangenen Wochen den Baufortschritt letztendlich so behindern, dass nicht doch am 6. Dezember um 11.15 Uhr nach Freigabe durch den Landesbevollmächtigten für Bahnaufsicht des Freistaates Sachsen der erste öffentliche Zug die Baustelle passieren konnte – mit dem Nikolaus an Bord. Dass den Zweiflern und Pessimisten der Wind aus den Segeln genommen werden konnte, ist (wie im Erfolgsfall üblich) mehreren Umständen zu verdanken, denn ein knapper und punktgenauer Zieleinlauf war es allemal. Zwar hätten sich die größten Optimisten eine Fertigstellung noch eine Woche früher zum 1. Adventswochenende gewünscht, aber die zusätzliche Woche war im internen Plan bereits als feste Reserve vorgesehen.
Dank der sehr engagierten und den jeweiligen Bausituationen und Dokumentenlage angepassten Koordinierung der Bauprozesse durch den Bauüberwacher (und Vereinsmitglied) Jürgen Popp und die Feinorganisation durch den Vorarbeiter des Bauunternehmens „Glück Auf“ aus Marienberg konnte diese ambitionierte Abfolge so umgesetzt werden, dass die Erstbefahrung mit der Museumsbahn vor dem 2. Adventswochenende möglich wurde. Diese Übersichts- und Feinplanung half damit über zahlreiche Probleme hinweg, die auf anderen Baustellen unweigerlich zu längeren Verzögerungen oder gar Baustopps geführt hätten, weil pragmatisch und mit viel Erfahrung an die Lösung der Herausforderungen herangegangen wurde, egal ob es sich um Verzögerungen in der Verfügbarkeit der genehmigten Ausführungspläne, notwendige Freigaben für einzusetzende Materialien oder um operative Entscheidungen zur Beschleunigung der Bauschritte handelte. Sehr hilfreich war dabei natürlich, dass es durch die Stadt Jöhstadt als Auftraggeber und Bauherr volle Rückendeckung für die Weisungen des Bauüberwachers gab und gleichzeitig aber auch Präsenz (und damit Interesse an der Projektrealisierung) bei den wöchentlichen Bauberatungen gezeigt wurde. Auch das ist im überregionalen Vergleich nicht die Regel und darf damit besonders hervorgehoben werden.
Die Entscheidung der Baufirma, den bisherigen Eisenbahnüberbau aus dem Jahre 1892 als Baubehelfsüberfahrt zu nutzen und soweit zu verstärken, dass selbst schwere Baufahrzeuge diese befahren konnten, war sicherlich nicht nur für den Bauablauf und die flexible Arbeitsweise von beiden Seiten des Schwarzwassers hilfreich, sondern bot auch den Anwohnern des durch den Brückenbau vom öffentlichen Straßennetz abgeschnittenen Wohnhauses die Möglichkeit, ihr Haus weiter zu erreichen. Bei der Bauvorplanung war diese Befahrbarkeit einer Behelfsbrücke gar nicht zwingend vorgesehen.
Über eine Webcam, die an der Gebäudeecke der Fahrzeughalle montiert ist, konnte der Bauablauf auf der Baustelle gut beobachtet und nachvollzogen werden. Aller vier Minuten wurden vier verschiedene Schwenkpositionen abgefahren und mit einem Bild dokumentiert. Die Zugriffsstatistik auf der Webseite bezeugt das große Interesse vieler Eisenbahnfreunde, sich regelmäßig über den Baufortschritt zu informierten.
Die ersten drei Wochen auf der Baustelle beinhalteten zunächst die Demontage des alten Eisenbahnüberbaus sowie den Abbruch der Straßenbrücke und weiterer Teile der Uferbefestigung. Ab Mitte der Kalenderwoche 43 war der Baubereich soweit von alten Befestigungen bereinigt und das Schwarzwasser in große Stahlrohre gezwängt, dass mit dem Aushub der untersten Fundamentbereiche für die Sauberkeits- und Trennschicht begonnen werden konnte. In den folgenden vier Wochen wurde aufbauend auf der untersten Sauberkeitsbetonschicht zunächst beidseitig der Fundamentstreifen für die Widerlagerwände und nachfolgend zuerst auf der Wolkensteiner Seite und anschließend auf der Jöhstädter Seite der Brücke die Widerlagerwände in Stahlbetonbauweise aufgezogen.
Am 18. November wurde mit dem Aufbau der Schalung für den die Widerlagerwände verbindenden Brückenüberbau begonnen, bis zum 27. November wurde darauf aufbauend der Bewehrungsstahl eingebracht. Dabei musste als zusätzliche Herausforderung entsprechend den Vorgaben aus der Plangenehmigung ein „Fischloch“ in der Brückendecke berücksichtigt werden. Dieses soll nach Vorstellung der Umweltbehörden die Lichtsituation für die Lebewesen im Wasser unterhalb der Brücke verbessern und nimmt in seinen Abmessungen eine relevante Fläche ein.
Zum 28. November erfolgte die Betonierung des Überbaus. Entsprechend den anzuwendenden Regelwerken wurden dabei separate Materialprüfwürfel vom eingebrachten Beton angefertigt, die in den Folgetagen anhand von Druckmessungen zum Nachweis der Erreichung bestimmter Belastungsstufen dienten. Anhand dieser Messungen konnte am 5. Dezember die brückentechnische Freigabe für die Benutzung durch die Eisenbahn unter Berücksichtigung von definierten maximalen Achslasten erfolgen. Maßgabe war dabei, dass zunächst nur Fahrzeuge der sächsischen Gattung IV K eingesetzt werden sollen, bis die Endaushärtung die maximale Belastung der Brücke ermöglicht.
Ab dem 2. Dezember griffen auch die Gleisbauer des Nachauftragnehmers Gleisbau Bautzen GmbH in das Geschehen ein. Diese hatten beim Wiederaufbau der Gleisverbindung zu beachten, dass die noch nicht fertiggestellte Flügelmauer am Wolkensteiner Widerlager eine leichte Verschwenkung des Gleises erfordert, da der Bahndamm dort noch nicht ausreichend profiliert werden konnte.
Die Fertigstellung des Gesamtbrückenbauwerkes ist bis in die Frühlingsmonate geplant. Da trotz des bisher günstigen Witterungsverlaufes der Winter nun doch Einzug gehalten hat, wird der weitere Baufortschritt der noch auszuführenden Arbeiten bei Schnee und Eis geringer sein. Kurzfristig soll jedenfalls noch die behelfsmäßige Zufahrt für die Anlieger über die neue Brücke erfolgen, damit auch diese in den kommenden Monaten wieder mit ihren Fahrzeugen bis zum Wohnhaus gelangen können.
Vor der Fertigstellung der Brücke muss das Gleis – voraussichtlich Anfang April – noch einmal zurückgebaut werden, damit die finale Abdichtung aufgebracht werden kann. Dies ist nur bei ausreichend warmen Temperaturen möglich.
Wir werden hier selbstverständlich über den weiteren Baufortschritt berichten, für die Preßnitztalbahn ist die Baustelle natürlich immer noch mit leichten betrieblichen Einschränkungen und besonderer Vorsicht beim Passieren verbunden. Dank des erreichten Baufortschrittes sind dies aber keine Einschränkungen für die Besucher und Fahrgäste, die nun wieder wie gewohnt zwischen Jöhstadt und Steinbach durch die verschneite und weihnachtlich geschmückte Erzgebirgslandschaft fahren können. Die Museumsbahn bedankt sich bei allen Beteiligten, die am Einhalten dieser für unmöglich gehaltene Terminvorgabe mitgewirkt haben.
08.12.2013