Kommentar
Neues von der Weißeritztalbahn
Am 31. Januar 2012 teilte die sächsische Staatsregierung mit, daß sie “ den Weg für den Wiederaufbau des 2. Bauabschnitts der Weißeritztalbahn geebnet“ hätte. Weiter heißt es: „Für den Wiederaufbau des 2. Bauabschnitts stehen 15,2 Millionen Euro zur Verfügung“. Mal ganz abgesehen von der semantischen Bedeutung des „Wiederaufbaus des 2. Bauabschnittes“ wird also nur gemeldet, daß man die Steine, die man sich selber in den Weg geräumt hatte, jetzt wieder entfernt hat.
Nun sind, seit die Fluten der Weißeritz ein deutlich breiteres Bett als üblich einnahmen, bereits fast zehn Jahre verstrichen. Dazwischen liegen viele Absichtserklärungen, Spatenstiche und vollmundige Bekundungen des Wiederaufbauwillens seitens der Politiker – da ist Skepsis angebracht, ob es diesmal wirklich besser läuft. Begeisterung sieht anders aus, schließlich ist es nur die Ankündigung für ein Vorhaben, auf dessen Umsetzung die Bürger seit über einhundert Monaten warten. Schön, daß es endlich loszugehen scheint.
Und doch bekommt man das eigenartige Gefühl nicht los, die Freigabe der Mittel durch das Kabinett seien eigentlich nur eine Flucht aus der Verantwortung und die letztendlich einzige Möglichkeit, eine heiße Kartoffel endlich loszuwerden, bevor man sich die Finger endgültig verbrennt. Weil es sich ja nur um die Reparatur einer Anlage handelt, hat die Wiederherstellung der Eisenbahninfrastruktur der Weißeritztalbahn noch nicht zwingend etwas mit dem in den vergangenen Monaten vielfach eingeforderten Gesamtkonzept des Freistaates für seine Schmalspurbahnen zu tun. Dafür hatte man ja schon vor langer Zeit die Zusage gegeben und auf deren Basis auch vom Bund Mittel für die Reaktivierung bekommen.
Doch sind in den vergangenen Wochen in der Presse auch mehrfach Stimmen von verantwortlichen Personen zu hören gewesen, daß man für den Betrieb des Streckenabschnittes zwischen Dippoldiswalde und Kurort Kipsdorf eigentlich kein Geld zur Verfügung hat. Man könnte ja „so eine Art Museumsbahnbetrieb…“ machen. Oder man fährt überhaupt nur an fünf bis acht Tagen im Jahr. Oder man reduziert den Betrieb zwischen Freital und Dippoldiswalde soweit, daß man zweimal am Tag die Gesamtstrecke fährt – alles Ideen, die ernsthaft „in den Raum“ gestellt werden.
Und genau hier fällt die Verantwortung wieder auf die Landesregierung zurück, kann sie sich definitiv nicht davon freisprechen, mit den Investitionsmitteln ihre Aufgabe abgearbeitet zu haben. Denn tatsächlich bedarf es für den touristischen ÖPNV auf den Schmalspurbahnen sehr wohl eines regelmäßigen Betriebskostenzuschusses, der in Sachsen über insgesamt fünf (!) regionale Zweckverbände an die beauftragten Verkehrsunternehmen ausgezahlt wird. Wenn der Freistaat aber den Zweckverbänden pauschale Kürzungen vorgibt, steht in der zuständigen Zweckverbandsversammlung natürlich wenig Bereitschaft zu erwarten, zusätzliche Mittel für den Betrieb auf der Weißeritztalbahn zu bewilligen. Wenn dies die Koalition in Umsetzung ihrer eigenen Koalitionsvereinbarung jedoch ernsthaft will, muß sie dies auch politisch durchsetzen. Deshalb ist es, so sehr man es aus emotionalen Gründen verteufeln mag, für den Betreiber, die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft (SDG), nur legitim, mit vermeintlichen Horrorszenarien auf die Konsequenzen hinzuweisen.
Das „Ja“ zum Streckenaufbau heißt leider noch lange nicht „ja“ zum regelmäßigen Betrieb. Es ist aber die logische Voraussetzung und deshalb als erster Schritt unbedingt notwendig. Der Freistaat Sachsen bleibt nach wie vor in der Verpflichtung, ein langfristiges Finanzierungskonzept für die Schmalspurbahnen aufzustellen. Diese heiße Kartoffel wird er so schnell nicht los. Der erste Härtetest für die Bekundungen zum Wiederaufbau der Strecke wird sich sicherlich schnell ergeben, wenn erste Kostensteigerungen anstehen. Sind denn die Kosteneinsparungen des Straßenbaulastträgers für vorgenommene Änderungen an der Gleistrassierung schon als zusätzliche Kosten für den Gleisaufbau in den bewilligten Mitteln berücksichtigt? Der Wiederaufbau des oberen Teilstücks der Weißeritztalbahn kann wahrscheinlich endlich beginnen. Das ist das Fazit der Meldung vom 31. Januar – mehr leider noch nicht.
12.02.2012