Medienschau
Pro Eisenbahn im MDR-Fernsehen
Eisenbahn im MDR-Fernseh-Programm? Nein, nicht relevant!
Mit einer Abwandlung unseres bisherigen Slogans müssen wir ein Thema neuerlich aufgreifen, das wir als Optimisten im letzten Jahr auf „erledigt“ gesetzt glaubten. Einige Zeichen im Programm der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt für die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie erklärte Unterstützungsbekundungen durch Landesvertreter im Rundfunkrat hatten uns ernsthaft hoffen lassen. Mit einem neuen Chefredakteur, einem neuen Fernsehdirektor und einer neuen Intendantin könnte es einen neuen Anlauf für eine journalistisch anspruchsvolle Berichterstattung über Themen rund um die Eisenbahnen, Eisenbahnmuseen und Museumsbahnen aus den Ländern geben. Auch die Erklärungen der neuen Intendantin, Frau Prof. Wille, zu ihrem Amtsantritt, für mehr regionalen Bezug und Attraktivität bei der Jugend sorgen zu wollen, ließen ernsthaft Hoffnung aufkommen.
Dementsprechend haben wir der Intendantin in einem Brief Ende November nicht nur mit Verweis auf diese Vorhaben viel Erfolg bei der Umsetzung gewünscht, sondern auch unsere aktive Mitwirkung bei Diskussionen zu einem neuen Format angeboten. Die darauf vom Fernsehdirektor eingegangene Antwort bewirkte einen ersten Dämpfer der Zuversicht, weil er in Tradition seines Vorgängers nicht einmal auf unsere Argumente und Angebote einging und offensichtlich auch unsere Zielstellung nicht verstehen wollte.
Der Schriftwechsel mit dem Mitteldeutschen Rundfunk ist nachlesbar auf der Webseite www.rettet-die-bahnzeit.de.
Einstellung der Sendereihen „Auf kleiner Spur“ und „Auf schmaler Spur“
Per 10. Januar wurden die beteiligten Redaktionsmitarbeiter und Moderatoren von der Entscheidung der Fernsehdirektion in Kenntnis gesetzt, daß mit sofortiger Wirkung die Sendereihen „Auf kleiner Spur“ und „Auf schmaler Spur“ eingestellt werden. Da bisher nur interne Informationen erfolgten, es jedoch noch keine öffentliche Bekanntgabe dieser Entscheidungen gab, haben die Initiatoren von „Rettet die Bahnzeit“ per 12. Januar in einem Schreiben an den Fernsehdirektor um eine offizielle Bestätigung der Gerüchte oder um ein Dementi derselben gebeten. Nicht nur, daß man vier Wochen später schon eine Antwort der aus Mitteln der Gebührenzahler bezahlten Verwaltung des MDR erwarten könnte, die Nichtbeantwortung der Anfrage bestätigt unserer Meinung nach leider die Gerüchte und zeigt in besonderem Maße auch die Ignoranz gegenüber den Zuschauern. Herrn Jacobis Umgang mit den Zuschauern entspricht dem seines Vorgängers.
Jetzt fragt man sich natürlich schon, was sich seit dem Amtsantritt der Intendantin verändert hat. Neben intensiven „Strukturdiskussionen“ und plakativen Änderungen bei Präsentatoren einzelner Sendungen fällt zunächst nur eine Reduzierung der Vielfalt im Programm auf. Zwar klotzte der MDR tatsächlich zwischen Weihnachten und Neujahr noch einmal kräftig mit Sendungen rund um Eisenbahnen und Modellbahnen, offensichtlich war dies nur als Abschlußfeuerwerk gedacht, um das noch vorhandene Material zu verwerten. Vielleicht liegt im Archiv auch noch Material, das man im Jahr 2012 kostengünstig an das gebührenzahlende Volk bringen könnte. Denn kolportierte Gründe für die Einstellung auch noch der letzten Eigenproduktionen im MDR-Fernsehprogramm mit einem Bezug zur Eisenbahn sind neben behauptetem Desinteresse der Zuschauer an diesen Themen natürlich auch die omnipräsente Finanzknappheit.
Daß man aber tatsächlich mit einem Bruchteil der Produktionskosten einer Talkshow oder einer Volksmusiksendung die Jahresproduktionskosten von „Auf kleiner Spur“ oder „Auf schmaler Spur“ bestreiten könnte, wird natürlich nicht vermittelt. Man kann auch an den Bleistiften sparen, wenn man Millionen Euro weniger ausgeben will, Sinn macht das genau so wenig.
MDR-Eigenproduktionen für Familien als Zielpublikum
Die Sendereihe „Auf kleiner Spur“ war im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deutschland ein positiver Ausnahmefall. Denn als einzige regelmäßig etwa viermal jährlich ausgestrahlte Sendung nahm sie sich der Berichterstattung über Modellbahnthemen an. Gelegentlich wurde natürlich der Vorbild-Modell-Vergleich einbezogen, überwiegend wurden Modellbahnanlagen, Modellbauer, Ideen für Anlagen- und Dioramengestaltungen, Entwicklungen und Trends der Modellbahnindustrie thematisiert. Von diesem Alleinstellungsmerkmal eines besonderen Themas im Programm hat sich der MDR nun verabschiedet.
Daß die Sendung „Auf schmaler Spur“ als inoffizieller Nachfolger der „Bahnzeit“ nach neun Sendungen (drei im Jahr 2010, sechs im Jahr 2011) bereits wieder aufs Abstellgleis geschoben wird, ist aber auch Folge eines eigenwilligen Verständnisses vom gewünschten Zielpublikum. Beide Sendeformate waren im Familien-Tagesprogramm redaktionell verantwortet, während die „MDR-Bahnzeit“ zuvor ja im Wirtschaftsressort angesiedelt war. Eisen- und Modellbahnthemen den Familien zuzusprechen ist so verkehrt nun wiederum nicht, zieht sich diese Interessenlage doch quer durch alle Alters- und Geschlechtsgruppen.
Doch mit der Beförderung des bisherigen Ressortleiters des Familienprogramms als neuen Direktor des Landesfunkhauses Sachsen nach Dresden wurde die Stelle in Leipzig offensichtlich mit einem Menschen besetzt, dessen Vorstellungen vom Zielpublikum andere sind.
Natürlich, die „Eisenbahn-Romantik“ wird den Zuschauern erhalten bleiben - in für den MDR kostenfreier Mehrfachverwertung.
Welcher Umgang mit dem MDR ist nun notwendig und sinnvoll?
Aus der Aktion „Rettet die Bahnzeit“ haben wir Erkenntnisse gezogen, die natürlich auch unsere weiteren Aktivitäten „Pro Eisenbahn im MDR-Fernsehprogramm“ bestimmen werden. Positiv:
- Es ist (mit einem entsprechenden Aufwand) möglich, Menschen zu mobilisieren und für ein gemeinsames Ziel einzustehen (siehe Unterschriftenliste). Das wäre sicherlich auch bei einem neuerlichen Anlauf erreichbar und steigerungsfähig.
- Es ist (mit noch viel mehr Aufwand) möglich, auch politische Entscheidungsträger (Abgeordnete, Mitarbeiter der Exekutive) für das Thema zu interessieren. Einige (Wenige) setzten dieses Thema auch im Rundfunkrat mit Wiedervorlage auf die Tagesordnung, bis es in der Versenkung verschwand.
Negativ: 3. Es war (mit dem möglichen Aufwand) nicht gelungen, eine große Unterstützung aus der politischen Ebene (Abgeordnete, Bürgermeister, Landräte) für das proklamierte Ziel zu gewinnen und diese mit entsprechender Wirkung umzusetzen. 4. Es war nicht einmal gelungen, die von einer regelmäßigen Berichterstattung im MDR-Programm zuallererst profitierenden öffentlich finanzierten Eisenbahnunternehmen (außer SOEG) zu einer aktiven Unterstützung zu bewegen. Stellenweise wurde sogar mit der Argumentation gearbeitet, „… man wolle es sich mit dem MDR nicht verscherzen.“
Ja, wir können sicherlich einstarkes „Grundrauschen“ des Protestes bei Eisenbahnfreunden und Modelleisenbahnern gegen die Entscheidungen des MDR organisieren. Allerdings braucht es noch viel mehr Unterstützung dazu, sowohl den Willen als auch die politische Schlagkraft. Die Initiatoren der Aktion „Rettet die Bahnzeit“, die Herausgeber und Chefredakteure von „Dampfbahn-Magazin“ und „Preß´-Kurier“, stehen nach wie vor zu dem Ziel, den Mitteldeutschen Rundfunk zu einer stärkeren Berichterstattung über die regionalen Aktivitäten der Eisenbahnmuseen und Museumsbahnen zu bewegen, da diese eine erhebliche Zugkraft für den Tourismus habe. Doch bei der Definition des Weges, um dieses Ziel zu erreichen, bestehen noch viele Fragezeichen. Natürlich macht es keinen Sinn, kampflos aufzugeben, doch erst recht ist es nicht nützlich, zweimal mit dem Kopf gegen die gleiche Wand anzurennen. Wir werden in den kommenden Wochen sehr genau analysieren, auf welchem Wege wir den besten Hebel ansetzen können, mittelfristig das oben genannte Ziel zu erreichen.
Jeder Eisenbahnfreund sollte nichts desto Trotz für sich selber bewerten, wie und ob er sich mit diesen Entscheidungen des MDR abfinden will, schließlich ist (fast) jeder Gebührenzahler.
12.02.2012