Bücher-Markt
Rezensiert: Die Schmalspurbahn Wilkau-Haßlau – Carlsfeld
Autorenkollektiv
Die Schmalspurbahn Wilkau-Haßlau – Carlsfeld
Die Geschichte der ersten, längsten und steilsten sächsischen Schmalspurbahn
Foto & Verlag Jacobi, Fraureuth 2007 223 A4-Seiten in Leinenbindung 17 Farb- und 318 SW-Fotos sowie 30 Grafiken ISBN: 978-3-937228-24-2 Preis: 34,90 Euro
Zur ersten, längsten und steilsten sächsischen Schmalspurbahn gibt es jetzt das dickste, bildreichste und tollste Buch. So wirbt einer der Hauptautoren im Spaß für die neue Monographie über die WCd-Linie. Und wirklich, was hauptsächlich von Rainer Heinrich, Gordon Parzyk, Holger Drosdeck, Helge Scholz, Mike Robeck und Wolfram Wagner recherchiert und geschrieben worden ist, hat Hand und Fuß. Obwohl gerade zur WCd-Linie bereits mehrere Publikationen erschienen sind, haben die Autoren in fast alle Kapitel neue Forschungsergebnisse einfließen lassen. Seien es z. B. Angaben zum Eröffnungszug nach Kirchberg 1881, zu den Werksanschlüssen, zum Wageneinsatz oder wann auf den einzelnen Streckenabschnitten die letzten Züge verkehrt sind – in allen Fällen waren teils gravierende Falschaussagen zu korrigieren.
Neben der Vorgeschichte der WCd-Linie behandelt das Buch die vier Bauabschnitte sowie die Eröffnungsfeierlichkeiten. Es folgen Darstellungen zu den Bahnhöfen und Haltepunkten (jeweils mit sauber ausgeführten Gleisplänen), zum Oberbau, Lokomotiv- und Wageneinsatz, Verkehrsaufkommen und Unfallgeschehen. Berichte von den abschnittsweisen Streckenstillegungen und zum Streckenabbau schließen sich an. Mit der neuen „WCd-Bibel“ liegt aber auch ein brandaktuelles Werk vor. Die jüngsten im Buch veröffentlichten Beschreibungen vom Wiederaufbau und Aufnahmen vom Gleisbau in Schönheide Süd stammen vom 5. Mai dieses Jahres. Eineinhalb Monate später hielten die Gäste zur Wiedereröffnung des Schmalspurteils in Schönheide Süd die ersten gedruckten Bücher in ihren Händen. Daß das Fleißwerk deshalb letztendlich mit „heißer Nadel“ vollendet worden ist, sieht man an einigen Buchstabendrehern und Schusselfehlern. Der Gesamteindruck des Buches wird davon jedoch nur wenig beeinträchtigt.
Nachdem nicht jedes Jacobi-Buch hinsichtlich seiner Gestaltung volles Lob verdient, sei dem neuen WCd-Buch ein solches ohne Zögern zugebilligt. Hinsichtlich Schärfe und Kontrast der Aufnahmen hat Jacobis Vertragspartner in Zwickau erneut optimal gearbeitet. Im Buch unscharf oder körnig abgedruckte Aufnahmen stammen von ebensolchen Vorlagen – allein ihr historischer Aussagewert rechtfertigte dennoch ihren Abdruck. Unter den vielen bisher unveröffentlichten Aufnahmen faszinierten den Rezensenten u. a. schöne Bahnhofsaufnahmen aus Kirchberg und Rothenkirchen, die Farbaufnahme Seite 222 unten und z. B. ein neues Foto von 99 591 auf dem Weg nach Carlsfeld (Seite 91). Es bleibt wohl ein Geheimnis der Autoren, woher sie das Fotomaterial zusammengetragen haben. Eine Sensation ist der bildliche Beweis, daß auch sächsische 750-mm-Sitzwagen einen erhabenen Reichsadler als Hoheitszeichen getragen haben (Seite 168). Und, um auch diese Frage zu beantworten: ja, Holger Drosdecks blonde Freundin ist auch wieder auf einem Bild im Buch verewigt …
Den Kopf schüttelt der Rezensent darüber, daß die Autoren die in den sechziger Jahren neubekesselten und die komplett neugebauten IV K in einen Topf werfen und einheitlich von „Reko“ schreiben. In anderer Literatur ist man da schon weiter! Zumal nun einmal keine einzige Schmalspurlokomotive von der DR offiziell einer Rekonstruktion unterzogen worden ist.
Fazit:
Nachdem verschiedene Verlage seit zehn Jahren wiederholt eine ausführliche Streckenmonografie zur WCd angekündigt haben, liegt nun endlich ein erschöpfendes Buch vor. Sowohl Menge als auch Qualität von Text und Aufnahmen ergeben ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Liebhaber der WCd-Linie werden wohl nicht umhinkommen, den stabilen A4-Wälzer zu kaufen …
30.07.2007