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Rezensiert: Zwickau (Sachs) – Falkenstein (Vogtl) | Gestern und Heute der Strecke ZF
Wilfried Rettig
Zwickau (Sachs) – Falkenstein (Vogtl)
Gestern und Heute der Strecke ZF
Foto & Verlag Jacobi, Fraureuth 2007 176 A4-Seiten, Leinenbindung 38 Farb- und 254 SW-Fotos sowie 46 Grafiken ISBN: 978-3-937228-12-9 Preis: 29,90 Euro
Schon wieder ein Buch von Wilfried Rettig – kann das was taugen? Mit dieser ketzerischen Frage machte ein Bekannter den Rezensenten auf die neueste Monographie des gebürtigen Falkensteiners aufmerksam. Sein Interesse war geweckt. Der Verlag lieferte zuverlässig ein druckfrisches Exemplar des stabil gebundenen Buches. Stolze 176 A4-Seiten gönnte Volker Jacobi dem neuen Werk von Wilfried Rettig. Entsprechend tiefgründig geht dieser auf Geschichte und Gegenwart der ZF-Linie mitsamt ihren Bahnhöfen und Fahrzeugen (Loks und Wagen) ein. Positiv überrascht wurde der Rezensent von den Beschreibungen der Zwickauer Kohlenbahnen (Stichwort Loks „Bockwa“ und „Muldenthal“) sowie aller anderen in die ZF einmündenden Strecken. So finden sich auch kurze Kapitel zu den Linien Lengenfeld – Mylau – Göltzschtalbrücke, Herlasgrün – Falkenstein oder z. B. Falkenstein – Muldenberg. Zum Schwelgen lädt das Kapitel „Gewünschte, doch nie verwirkliche Projekte“ ein.
Qualitätsmerkmal von Rettigs Texten ist ihre Ausgewogenheit. Der Autor schlägt stets einen Bogen aus der Anfangszeit der Eisenbahn über die jeweiligen Hochzeiten der Stationen bis hin zur Gegenwart. „Weiße Flecken“ gibt es bei Rettig nicht. Grobe Fehler sucht man im Buch des „Vielschreibers“ ebenfalls vergebens. Allein die Strecke Klingenthal – Falkenau (seit 1947 Sokolov) darf für die Jahre 1938 bis 1945 nicht wie auf Seite 88 als „tschechische Linie“ bezeichnet werden – vielmehr befand sich diese im seit Oktober 1938 ans Reich angegliederten Sudetenland und war Bestandteil der RBD Dresden. Und die Linie Schwarzenberg – Johanngeorgenstadt wurde 1899 nicht nach Weipert, sondern ins böhmische Breitenbach (Potucky) und weiter nach Karlsbad fortgeführt. Der Haltepunkt „Raw 7. Oktober“ trug diese Bezeichnung keinesfalls bereits 1928 (Seite 31).
Von über 95 Prozent der Leser unbemerkt bleiben vermutlich die teils sehr blamablen Layout-„Pannen“ – z. B. auf den Seiten 58 unten, 63/65, 121 und 151 unten. Profis werden sich dort die Augen reiben. Damit zur reichhaltigen Bebilderung des Buches: Es enthält Leckerbissen aus allen Jahrzehnten. Neben vielen faszinierenden Streckenaufnahmen von sächsischen XIV HT (Baureihe 75.5) finden sich auch Foto-Raritäten wie 42 1791 in Lengenfeld, 75 1515-8 mit EDV-Schildern und von hochinteressanten Zwickauer Werkloks. Mit 86 607 und 86 744 sowie mit so mancher Zwickauer Altbau-50er werden verschiedene Leser in Gedanken ein Wiedersehen feiern können. Wermutstropfen sind mehrere unscharfe Aufnahmen aus den letzten 25 Jahren von Rettig selbst (S. 59 und 67) oder von Rainer Heinrich (Seite 49), die zu diesem Zeitpunkt eigentlich gewußt haben, wie sie ihre Objektive scharf stellen. Oder hätte hier der Gestalter des Buches erneut besser aufpassen müssen?
Fazit:
Mit dem neuen Rettig-Buch liegt ein gut recherchiertes und ebenso gut bebildertes Buch zur Linie Zwickau – Falkenstein vor. Die zahlreichen allesamt sauber abgedruckten Streckenskizzen runden den positiven drucktechnischen Eindruck ab. Die Randkapitel machen die Monographie für jeden westsächsischen Eisenbahnfreund zu einer Fundgrube!
30.07.2007