Regelspur aktuell
Muldenthal-Eisenbahn-Gesellschaft (MTE)
Seit Ende Februar 2021 hat der Abschnitt Glauchau – Rochlitz der einst nach Wurzen führenden Muldentalbahn einen neuen Eigentümer – die im November 2020 dafür gegründete Muldenthal-Eisenbahn-Gesellschaft (MTE) mbH. Sie ist seitdem für den Teil vom km 0,8 bis zum km 38 der ehemaligen GW-Linie rechtskräftig zuständig. Das Stammkapitel der per 2. Dezember 2020 ins Handelsregister eingetragenen GmbH teilen sich sieben Gesellschafter – ca. 40 % stellen zwei Unternehmen und etwa 60 % fünf Privatpersonen, zu letzteren gehört ein VSE-Mitglied. Bei den Firmen handelt es sich um die TRIANGULA Logistik GmbH und um die Nossen-Riesaer Eisenbahn-Compagnie (NRE) GmbH. Unternehmensziel der MTE sind der „Erwerb und Verwaltung der Grundstücke und der darauf befindlichen Eisenbahn-Infrastruktur der Eisenbahnstrecke Glauchau – Großbothen (Strecke 6629) oder Teilen davon samt Nebenflächen und Vorhaltung und Entwicklung derselben für einen zukünftigen Eisenbahn-Infrastrukturbetrieb auf der gesamten Strecke oder Teilen davon“. Damit gilt auch der Fortbestand der Schienentrabifahrten im Muldental als gesichert. Deren Einsatz ab diesem Jahr war für mehrere Monate unklar, denn in den vergangenen Jahren hatte es einige bedenkliche Entwicklungen gegeben.
So war die Muldentalbahn im Jahr 2015 an die Mittelsächsische Eisenbahninfrastrukturgesellschaft (MSE) gewechselt, die nicht an einem Eisenbahnbetrieb interessiert war, sondern ihren Geschäftsinhalt vor allem im Weiterverkauf von Grundstücken an Dritte sah. Dadurch wurde die Gesamtstruktur der Strecke stückweise zerschlagen. Heute befinden sich manche Bahnsteige und Nebengleise in privatem, andere in kommunalem Eigentum. Als nur noch das für die MSE nicht weiter verwertbare Schienenband und das verkommene Empfangsgebäude in Wolkenburg übrig waren, verkaufte die MSE den für eine eventuelle zukünftige Reaktivierung im SPNV nicht vorgesehenen südlichen Streckenabschnitt an die dafür gegründete MB Muldentalbahntrasse Invest GmbH & Co. KG mit Sitz in Berlin. Nach mutmaßlicher Täuschung der Aufsichtsbehörde und des Denkmalschutzes erhielt diese die Genehmigung, einen 800 m langen Gleisabschnitt bei Glauchau demontieren zu dürfen. Als berechtigte Zweifel am Wiederaufbauwillen der MB Muldentalbahntrasse Invest GmbH & Co. KG aufkamen, machten die Kommunen Rochlitz und Seelitz von ihrem kommunalen Vorkaufsrecht Gebrauch, um zumindest den Fahrbetrieb mit Nebenfahrzeugen im Muldental zu sichern. Obwohl Eisenbahnfreunde auch weitere Kommunen vor anderswo gezeigten Geschäftspraktiken eines der Kommanditisten der Invest GmbH warnten, machten diese ihr Vorkaufsrecht nicht geltend.
Die MB Muldentalbahntrasse Invest GmbH & Co. KG kündigte kurz nach dem Erwerb der Strecke den von der MSE übernommenen Nutzungsvertrag mit dem VSE und verbot auch anderen an der Strecke Aktiven den Weiterbetrieb. Damit war zu erwarten, dass die Strecke stückchenweise zerschlagen wird. Als im Bereich Glauchau erste Gleisdemontagen begannen, bildete sich eine Initiative von Eisenbahnfreunden, um das zu verhindern. So kam es nicht zum von der Invest GmbH ursprünglich geplanten Verkauf von Teilflächen an einzelne Interessenten, sondern die Muldenthal-Eisenbahn-Gesellschaft (MTE) mbH übernahm den kompletten Abschnitt Glauchau – Rochlitz.
Bis auf weiteres wird die MTE ehrenamtlich tätig sein, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Bei den notariell abgeschlossenen Kaufverhandlungen wurde beschlossen, die MB Muldentalbahntrasse Invest GmbH & Co. KG komplett zu erwerben und später mit der MTE zu verschmelzen. Das Nahziel der MTE ist die Sicherstellung des etablierten Betriebes mit Nebenfahrzeugen – also z. B. mit „Schienentrabis“ und Draisinen – auf diversen Teilabschnitten. Abhängig von den zukünftigen politischen Rahmenbedingungen ist eine schrittweise Verbesserung der Infrastruktur geplant, um in Zukunft auch fallweise einen Eisenbahnbetrieb mit Regelfahrzeugen durchführen zu können. Die MTE wird dabei zunächst nicht als EIU bzw. EVU auftreten. Mit einem kurzfristig organisierten Arbeitseinsatz Mitte März begann inzwischen die Wiederherstellung des demontierten Gleisabschnittes bei Glauchau.
15.04.2021