Regelspur aktuell
Jahreswechsel auf der Erzgebirgischen Aussichtsbahn
Die unter dem Markennamen „Erzgebirgische Aussichtsbahn“ bekannte Eisenbahnstrecke zwischen Annaberg-Buchholz und Schwarzenberg (BSg-Linie) ist regelmäßiger Gegenstand der Berichterstattung im „Preß’-Kurier“, wenn von den Sonderzügen des Projektes Erzgebirgische Aussichtsbahn berichtet wird. Da es auf dieser Strecke keinen regulären SPNV mehr gibt, bestehen gewisse Freiheitsgrade für Sonderveranstaltungen, die auf anderen Neben- oder Hauptbahnen nicht möglich sind. Zudem zeichnet sich das regionale Tochterunternehmen von DB Netz und DB Regio – die „DB Erzgebirgsbahn“ – durch persönlich engagierte und motivierte Mitarbeiter aus, die auch zu ungünstigen Zeiten oder unter schwierigen Wetterbedingungen das Unmögliche möglich werden lassen.
Wer nur einen weiteren Beweis für diese hohe Flexibilität brauchte, der kann die Sonderfahrt des EISENBAHNFREUNDESKREIS WESTSACHSEN Böhlen/Großsteinberg vom 31. Dezember 2017 zum 1. Januar 2018 als solchen beruhigt nehmen. Dass hinter „verrückten Ideen“ auch immer engagierte Leute stehen, ist bekannt. Als nach vielfältigen Abwägungen zu möglichen Zielen seitens der Eisenbahnfreunde feststand, dass die Aussichtsbahn einen attraktiven Rahmen für die Silvesterausfahrt bieten könnte und dort auch mit wenig Parallelveranstaltungen zu rechnen sei, musste das Ganze im Detail organisiert werden. Neben Reinfried und Conny Polter vom EFK WESTSACHSEN waren Lutz Mehlhorn von der DB Erzgebirgsbahn, der gestandene Hobby-Bordgastronom Frank Menzel sowie vom Eisenbahnverein Bahnhof Schlettau e. V. Matthias Greifenhagen und Jochen Meyer für die finalen Abstimmungen und Ablaufplanungen zuständig, wobei man sich letztlich auf den Einsatz eines Triebwagens der Baureihe 642 („Plastezug“) für die Ausfahrt einigte. Nach umfassender Ausgestaltung und Aufrüstung des durch die DB RegioNetz Erzgebirgsbahn bereitgestellten Triebwagens in der Nacht vom 30. auf den 31. Dezember und der bereits am 29. Dezember vorgenommenen Installation der Jahreswechselillumination am Markersbacher Viadukt ging es offiziell um 18.10 Uhr in Großsteinberg los. Dass bei 89 Teilnehmern auch die Sitzplatzordnung zu einer Herausforderung werden kann, ist jedem, der schon einmal eine Gruppenausfahrt organisiert hat, bekannt. Mit Unterwegshalten in Grimma, Döbeln, und Chemnitz vervollständigte sich die Reisegemeinschaft zusehends. Über Thalheim, Zwönitz, Aue und Schwarzenberg erreichte der Triebwagenzug 642 234/734 Markersbach, während die Fahrgäste mit allerlei Abwechslungen im Zug bei Laune gehalten wurden. Den Höhepunkt der Fahrstrecke erreichte die Ausflugsgesellschaft in Schlettau. Am dortigen „Hauptbahnhof“ bereitete das Bergmusikkorps „Frisch Glück“ Annaberg-Buchholz/Frohnau den Fahrtteilnehmern einen musikalischen Empfang. Dabei bekamen sie die Gelegenheit, noch etwas nachweihnachtliche Stimmung auf der gleisgebundenen und ganzjährig nutzbaren Partymeile am Bahnhof Schlettau (Erzgeb) zu genießen. Auch hier zahlte sich die örtliche Zusammenarbeit mit dem Eisenbahnverein Bahnhof Schlettau e. V. und anderen Einheimischen aus, denn wie wäre sonst eine solche Veranstaltung in der Nacht der Nächte möglich? Ohnehin ist es den Veranstaltern gelungen, durch persönliche Motivation und Überzeugung etwas auf die Beine zu stellen, was anderswo mit viel Geld eingekauft werden müsste. Um Mitternacht hatte der Sonderzug dann seine Position auf dem Markersbacher Viadukt eingenommen – beschienen von 50 am Geländer der Brücke aufgesteckten und vorher angezündeten Fackeln und dem kommenden Vollmond sowie den üblichen Raketen und saisonüblichen Leuchtmitteln. Der wärmsten Silvesternacht seit Jahrzehnten war es zuzuschreiben, dass der Schnee, der zwei Tage zuvor noch das Erzgebirge bedeckte, komplett verschwunden war. Über Annaberg, Wolkenstein und Chemnitz ging es in der Neujahrsnacht zurück bis Großsteinberg, wo der Zug fahrplanmäßig um 3.21 Uhr eintraf und seine letzten Fahrgäste ablieferte.
12.02.2018