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Rezensiert: Schienen verbinden Deutschland und Tschechien
Bernd Kuhlmann
Schienen verbinden Deutschland und Tschechien
280 Seiten im Format 28,5 x 22,5 cm in Leinen gebunden mit 179 Schwarzweiß- und 336 Farbfotos sowie 67 Zeichnungen Bildverlag Böttger GbR, Witzschdorf 2018. ISBN-13: 978-3937496801 Preis: 34,80 €
Bernd Kuhlmann nimmt sich in seinem im Januar erschienenen Buch den Eisenbahngrenzübergängen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik an. Damit meint er aber auch die vor 1993 existierenden Übergänge. Derer gab es zwischen Passau und Zittauer Dreiländereck nicht weniger als 19, die – egal ob stillgelegt oder noch in Betrieb – vorgestellt werden. Dem Anspruch, das Thema umfassend darzustellen, wird das Buch jedoch nur teilweise gerecht. Dabei versteht es der Autor durchaus, geschichtliche Fakten näherzubringen und stellt auch die zugrundeliegenden Staatsverträge und betrieblichen Vorschriften vor. Gleispläne der Grenzbahnhöfe und -strecken helfen dem Leser bei der Orientierung, wobei sich der Rezensent darüber erstaunt zeigt, dass bereits im Jahr 1989 die ČD und die DB nach Johanngeorgenstadt gefahren sein sollen (S. 150). Es sind leider viele dieser Kleinigkeiten, die den Lesespaß beeinträchtigen: So ist die Wiedergabe der tschechischen Ortsnamen nicht stringent und mutet willkürlich an: Da wird Litvinov anstatt Litvínov (S. 74), Usti anstatt Ustí nad Labem (S. 143) oder von Philippsthal anstatt Philippsdorf für (Jiříkov-)Filipov (S. 79) geschrieben. Das tschechische Eisenbahnamt heißt Drážní úřad und wird DÚ abgekürzt, nicht DU – an anderen Stellen im Buch sind die (Orts-)Namen richtig geschrieben. Auch inhaltlich hat der Rezensent einiges anzumerken: So sind die Texte teils emotional gefärbt („leider“ oder „Problem russischer Gruppen“ (S. 31)), an anderen Stellen wurde unzureichend recherchiert: GWTR fährt erst seit Dezember 2017 im Böhmerwald (S. 228), Seifhennersdorf wird von Zügen noch nicht wieder erreicht, das Denkmal in Klingenthal steht seit 2017 nicht mehr, auf S. 117 ist gewiss nicht der Bahnhof Moldava v Krušných horách im Bau, sondern der Bahnhof Moldau; und die Tschechische Republik besteht bereits seit dem 1. Januar 1993 (S. 275). Wieso die ČD bis zum Lückenschluss zwischen Sebnitz und Dolní Poustevna keine Rückfallweichen gekannt haben sollen, erschließt sich dem Rezensenten nicht (S. 90). Bei der Abkürzung ČD herrscht übrigens im Buch große Uneinigkeit über die Verwendung von Singular oder Plural. Stil und Sprache werden insgesamt einem Fachbuch nicht gerecht (S. 154) – der Kasten auf S. 136 macht den Eindruck, abgeschrieben zu sein, aber es gibt keine Quellenangabe. Der Nachbarsprache widmet der Autor das Kapitel „Tschechisch – richtig ausgesprochen“. Doch als studiertem Bohemisten waren dem Rezensenten einige Ausspracheregeln „neu“; i/y, í/ý und ů/ú sind Homophone, ihre Schreibung ist vor allem geschichtlich bedingt. Könnte man über diese Dinge vielleicht noch hinwegsehen, stellen die Bilder in diesem Buch das größte Manko dar. Es gab offenbar einen Wettbewerb, möglichst viele Aufnahmen in einem Buch unterzubringen. Vielfach hätte sich der Rezensent lieber an den ordentlich gedruckten Aufnahmen vergangener Tage erfreut, als zu viele und noch dazu oft schlechte Abbildungen zur Kenntnis nehmen zu müssen. Für die Bildunterschriften gilt dasselbe wie für den Haupttext, sie sind oftmals mit Nebensächlichem gespickt oder wie auf den Seiten 69 und 262 falsch. Schade, denn darunter leidet letztlich das gesamte Buch, dessen Intention durchaus ein gewisses Potential besitzt.
Fazit: Bei den Abbildungen wäre weniger mehr, beim Lektorat wäre mehr weniger gewesen – weniger der ärgerlichen Kleinigkeiten nämlich. Wer sich für die Eisenbahngeschichte der grenzüberschreitenden Strecken interessiert und einen Überblick über die Betriebsabwicklung und die eingesetzten Fahrzeuge erhalten möchte, ist mit dem Buch Bernd Kuhlmanns gut bedient. Wer auf sauber gedruckte Bilder und Tiefgründigkeit hoffte, wird hingegen enttäuscht sein.
12.02.2018