Reisebericht
Mit dem Zarengold-Sonderzug von Moskau nach Peking über 160 Stunden und 7923 km
Die Teilnahme an einer extrem langen Eisenbahnfahrt war schon seit längerer Zeit mein Wunsch – meinen Bruder konnte ich letztendlich für eine gemeinsame Teilnahme an der „Zarengold“-Reise gewinnen. Wir buchten diese Fahrt beim Veranstalter „Lernidee Erlebnisreisen“ für die Zeit vom 17. August bis zum 1. September 2017. Von Frankfurt (Main) flogen wir nach Moskau, wo ein Abendprogramm, eine Hotelübernachtung und für den nächsten Tag ein Besichtigungsprogramm auf dem Plan standen. Die Zugfahrt begann am 18. August pünktlich 17.08 Uhr am Kasaner Bahnhof in Moskau. Der Zug bestand aus 21 überwiegend modernisierten Wagen aus Ammendorfer Produktion. Konkret handelte es sich um einen Maschinenkühl- und vorratswagen, vier Speisewagen, 15 Schlafwagen unterschiedlicher Kategorien sowie um einen Schlafwagen für die Reiseleitung und Zugmannschaft. Insgesamt 150 Reisende und rund 70 Mitarbeiter im Service waren im Zug gen Osten unterwegs. Der von uns genutzte Schlafwagen Nr. 12 hatte acht Kabinen mit je zwei Betten und war mit zwölf Personen bei teilweiser Einzelbelegung besetzt. Der Wagen war mit Dusche und zwei Toiletten bei der genannten Reisendenzahl gut bestückt. Auf dem Reiseteil der Transsibirischen Eisenbahn ab Moskau im Gleichstrombereich bespannte eine Ellok der Baureihe EP2K den Zug, wobei nach etwa 700 bis 800 km immer ein Lokwechsel erfolgte. Die Reise bot im ersten Abschnitt bis Irkutsk bereits beeindruckende Höhepunkte, wie die gigantische Brücke über die Wolga bei Kasan und die Möglichkeit, diese rund 800 km von Moskau entfernte Stadt zu besichtigen. In Jekaterinburg, der viertgrößten Stadt Russlands, stand die Überfahrung des Urals und damit der Grenze von Europa nach Asien auf dem Tourenplan. Größere Flussquerungen mit den imposanten Eisenbahnbrücken wie über den Irtysch in Omsk, den Ob bei Nowosibirsk oder den Jenissei bei Krasnojarsk prägten neben den unendlichen Weiten der Taiga die weitere Fahrt, bei der die Zwischenstationen durch geführte Stadtbesichtigungen erschlossen wurden. Von Irkutsk ging die Reise an den Baikalsee nach Listwjanka, von wo wir mit dem Schiff vorbei am einzigen Abfluss des Baikalsees, der Angara, nach Port Baikal fuhren. Hier war früher die Transsib unterbrochen und eine Eisenbahnfähre transportierte die Wagen weiter. Dann entstand eine eingleisige Eisenbahnstrecke direkt am Baikalsee entlang, die mit dem Bau des Wasserkraftwerkes Irkutsk von Irkutsk bis Port Baikal überflutet und durch eine neue Trasse weitab vom See ersetzt wurde. Wir fuhren auf der verbliebenen historischen Baikalstrecke mit unserem Zarengold-Zug mit 25 km/h über rund 30 Brücken und Tunnel direkt am Baikalsee entlang. Den Zug zogen hier zwei Loks der Baureihe TM3, wobei Mitfahrten auf den Umläufen der Loks möglich waren. Nach Baden und Picknick am See erreichte unser Zug in der Nacht wieder die heutige Strecke der Transsib bei Sljudjanka1. Nach einem Aufenthalt in Ulan-Ude mit Stadtbesichtigung führte eine Diesellok der Baureihe 2TM310M unseren Zug bis Zaudinskij an der mongolischen Grenze. Durch die Mongolei ist die Strecke nicht elektrifiziert. Die Transmongolische Eisenbahn folgt dem Fluss Selenga, dem wasserreichsten Zufluss des Baikalsees. Den nächsten Halt legte unser Zug in Ulan Bator ein. Hier übernachteten wir in einem Hotel und besichtigten am nächsten Tag die Stadt sowie eine ständige Ausstellung musealer Lokomotiven. Unter den mongolischen Fahrzeugen gab es zahlreiche Lokomotiven russischer Baureihen. Anschließend gab es eine Ausfahrt in die „Mongolische Schweiz“ mit einer Wanderung bis auf 1650 Höhenmeter. Interessant empfand ich die an allen größeren Bahnhöfen vorhandenen Denkmalloks, meist Dampfloks unterschiedlichster Baureihen. Bis zur chinesischen Grenze bespannten zwei Loks der Baureihe 2ZAGAL (Umbau aus Baureihe 2M62) unseren Zarengold-Zug. Bei einem morgendlichen Halt in der Wüste Gobi entstanden mehrere Aufnahmen. Der Grenzübertritt von der Mongolei nach China erfolgte nach intensiven Passkontrollen mit dem Bus von Zamin Uud nach Erlian. Dies war aus technischen und wirtschaftlichen Gründen notwendig, da der Zug nicht von Breit- auf Regelspur umspurbar ist. Bei Erlian handelt es sich um eine halbe Geisterstadt in der Wüste Gobi. Trotzdem besichtigten wir diese Stadt und den dortigen Saurierpark. Für die Weiterfahrt nach Peking stand in Erlian ein regelspuriger chinesischer Sonderzug in landestypischer Standardausrüstung bereit. Wir starteten am Abend von der Grenze im Zweibett-Schlafabteil und erreichten Peking nach einer imposanten Fahrt durch das wilde Heng Shan-Gebirge nach insgesamt 7923 km Bahnfahrt am 29. August gegen 11.45 Uhr. In Peking gab es ein straffes Besichtigungsprogramm vieler wichtigen Sehenswürdigkeiten der Stadt einschließlich eines Abschnittes der Chinesischen Mauer. Am 1. September flogen wir dann von Peking nach Frankfurt (Main) zurück. Hinter uns lag eine interessante Eisenbahnfahrt mit einer perfekten Organisation und hundertprozentiger Einhaltung des Fahrplanes. Unsere vielen Erlebnisse konnte ich in den vorliegenden Zeilen aus Platzgründen nur ansatzweise wiedergegeben.
15.10.2017