Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Weißeritztalbahn aktuell & Kommentar
IG Weißeritztalbahn e. V.
Die Mitglieder der IG Weißeritztalbahn e. V. (IGW) freuen sich, dass wieder Züge bis zum Kurort Kipsdorf fahren. Erstmals seit dem 12. August 2002 war dies am 11. Mai 2017 der Fall, als 99 1777-4 mit zwei Personen- und einem Güterwagen den Endbahnhof der Weißeritztalbahn erreichte. Aus diesem Anlass brachte der Vereinsvorsitzende der IGW, Ralf Kempe, ein Plakat an der Rauchkammertür der Lok an. Am Ostermontag, dem 17. April, unterstützten Vereinsmitglieder die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft bei den zwei als „Osterhasenexpress“ verkehrenden Sonderzügen nach Dippoldiswalde. Fünf Tage später, am 22. April, verkehrte die vereinseigene Diesellok vom Typ V10C mit einem privaten Sonderzug von Rabenau nach Seifersdorf und zurück. Seit April wird in der Fahrscheinagentur Freital-Hainsberg der Kalender der IGW für das Jahr 2018 mit Motiven der kompletten Weißeritztalbahn für acht Euro pro Stück verkauft. Stefan Müller/Glashütte
Kommentiert: Weißeritztalbahn – quo vadis?
Nun steht der Eröffnungstermin des oberen Abschnittes der Weißeritztalbahn fest – der 17. Juni 2017. Am (Wieder-)Eröffnungstag wird es einen Sonderfahrplan geben. Umstritten ist der reguläre Fahrplan, den der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft (SDG) „ausgeknobelt“ haben. Demnach wird ab 19. Juni der erste Zug 9.25 Uhr nach Kipsdorf abfahren und dort 10.51 Uhr eintreffen. Außerdem gibt es einen Zug in der Mittagszeit nach Dippoldiswalde und dann am Nachmittag einen zweiten Zug nach Kurort Kipsdorf und zurück. Dadurch kann der Betrieb mit nur einer Lokomotive abgewickelt werden. Der zeitgleiche Busverkehr zwischen Dippoldiswalde und Kipsdorf ist dem Fahrgastaufkommen im oberen Abschnitt aber nicht förderlich. Ein Zeitversatz wäre meines Erachtens sinnvoll und möglich gewesen. Dass dieser nach langem Planen im Mai veröffentlichte Fahrplan bei Touristikern wie Eisenbahnfreunden für Unmut sorgt, ist logisch. Denn im unteren Streckenabschnitt fehlen der Vormittagszug und einer am Nachmittag für Wanderer und Besucher des Rabenauer Grundes. Touristisch gesehen ist diese Planung deshalb enttäuschend. Doch um das Angebot auszuweiten, wäre eine zweite betriebsfähige Dampflok in Freital notwendig. Was auf der Fichtelbergbahn funktioniert, ist von der SDG offenbar aus Kostengründen im Weißeritztal nicht gewollt. Deshalb pendelt ab Juni nur eine Lok auf der Gesamtstrecke. Vereinsmitglieder der IG Weißeritztalbahn e. V. haben errechnet, dass die Tageskilometerleistung dabei im Vergleich zum bisherigen Fahrplan bis Dippoldiswalde sogar sinkt! Die Bürgermeister der Anrainergemeinden freuen sich trotzdem auf die Wiedereröffnung des oberen Abschnittes und erarbeiten derzeit ein touristisches Konzept. Allerdings wurden sie nicht oder nur teilweise in die Zeitplanung der Wiedereröffnung eingebunden. Reiseveranstalter klagen zu recht über die späte Bekanntgabe des Eröffnungstermines: Für Busreisen braucht es mehrere Monate Vorlauf – für den Sommer 2017 sind deshalb nur noch wenige Fahrten zu organisieren. Wenn Individualreisende 9.25 Uhr in Freital-Hainsberg starten, müssen sie entweder nach 20 Minuten Aufenthalt in Kipsdorf 11.11 Uhr zurückfahren – oder mehr als sechs Stunden warten, ehe sie 17.28 Uhr der zweite und letzte Zug nach Freital-Hainsberg zurückbringt. Da stellt sich natürlich die Frage: Was, bitte schön, kann man so lange in Kipsdorf machen? Leider fehlt bisher ein sinnvolles Gesamtkonzept für die Fahrgäste zum Endpunkt der Schmalspurbahn. Ein den Bus nach Altenberg und die Müglitztalbahn einschließendes Kombiticket ist bisher nicht verfügbar. Warum eigentlich nicht – ist denn nicht der VVO für alle diese ÖPNV-Angebote der Schirmherr? Zusätzliche Angebote für Bahnreisende nach Kipsdorf sind deshalb meines Erachtens dringend erforderlich. Denn sonst folgt der Anfangseuphorie über die Wiederaufnahme des Betriebes bis zum Endpunkt der Weißeritztalbahn ein „Abschied auf Raten“. Dass es auch anders geht, beweisen die Verantwortlichen in der Schweiz, wo das Zug-Bus-Schiff-Konzept mit Bravur betrieben wird, oder auch die Schmalspurbahnbetreiber in Ostsachsen. In der Hauptsaison verkehren im Zittauer Gebirge täglich sogar drei Züge – obwohl die SOEG geringere Zuweisungen als die SDG für einen Zugkilometer erhält! Wenn es der Ableger des Annaberger Busbetriebes nicht schafft, im Weißeritztal ähnlich erfolgreich zu wirtschaften, dann wäre es nur im Sinne des Steuerzahlers, wenn der Landkreis eine andere Geschäftsführung das im Tal der Roten Weißeritz vorhandene Potenzial ausschöpfen ließe. Mit dem ab 18. Juni gültigen Fahrplan wird dies nämlich nicht einmal im Ansatz getan. Michael Voigt
15.06.2017