Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Forster Stadteisenbahn
An die Ende 1965 von der Stadtverwaltung Forst stillgelegte meterspurige Stadteisenbahn erinnerten vor Ort viele Jahre lediglich die noch vorhandenen Gleisanlagen und das ehemalige Betriebshofgelände. Im Zuge der Auflösung der ständigen Ausstellung zum städtischen Nahverkehr im Verkehrsmuseum Dresden (VMD) kehrte Ende Juli 2012 die letzte erhaltene Dampflok dieser Schmalspureisenbahn nach Forst zurück. Seitdem steht die 1893 von der Firma Krauss & Comp. in München gebaute Lok 36 im städtischen Feuerwehrgerätehaus. Nun gibt es neue Entwicklungen aus der Neiße-Stadt. Diese stehen im Zusammenhang mit der im Dezember 2016 von den Forster Stadtverordneten getroffenen Grundsatzentscheidung, das Brandenburgische Textilmuseum Forst weiterzuentwickeln und auf dessen Gelände auch der „Schwarze Jule“ genannten Stadteisenbahn ein würdiges Denkmal zu setzen. Dieses Projekt wird maßgeblich vom Museumsverein der Stadt Forst (Lausitz) e. V. forciert und von Eisenbahnfreunden fachmännisch begleitet. Da es sich bei der im Eigentum des VMD befindlichen Kastendampflok um das einzige erhaltene Originalfahrzeug der Forster Stadteisenbahn handelt, gingen die Vereinsmitglieder in anderen deutschen Bundesländern auf die Suche nach zwei Rollböcken mit Straßenbahnradprofil. Fündig wurden sie beim Verein Verkehrsamateure und Museumsbahn e. V. (VVM) in Norddeutschland. Dieser besaß in seinem Museum am Schönberger Strand bei Kiel bis vor Kurzem vier meterspurige Rollböcke, die einst auf der Ottensener Industriebahn im Norden der Hansestadt Hamburg zum Einsatz gekommen sind. Nach längeren Verhandlungen gelang es dem Museumsverein, zwei dieser Rollböcke zu erwerben. Die in Görlitz gebauten Fahrzeuge tragen die Betriebsnummern 40 und 107. Am 16. Mai 2017 trafen sie im Brandenburgischen Textilmuseum Forst ein, wo sie nun auf dem im Werksgelände an der Sorauer Straße 37 noch vorhandenen Originalgleis stehen. Bei dem heutigen Museum handelt es sich um die 1897 von Daniel Noack gegründete Tuchfabrik, die vermutlich bis 1945 ihre Kohle in aufgebockten Regelspurgüterwagen bekam und auf demselben Weg fertige Erzeugnisse abfahren ließ. Das Gleisnetz der Stadteisenbahn umfasste in den 1960er Jahren noch etwa 60 Gleisanschlüsse, in der Blütezeit um 1934 waren bis zu 98 Forster Industriebetriebe an die meterspurige Eisenbahn angebunden. Für die Zukunft ist auf einer Freifläche des Museumsareals der Bau eines lokschuppenartigen Anbaus geplant. Dieser soll sowohl Platz für die Lok 36 als auch für die Rollböcke sowie perspektivisch noch für einen Regelspurgüterwagen und einen offenen Schmalspurgüterwagen bieten. Außerdem wird in diesem Anbau eine ständige Ausstellung zur Forster Stadteisenbahn eingerichtet. Damit Besucher von der Bedeutung dieses Verkehrsmittels einen abgerundeten Eindruck bekommen können, sind auf dem Innenhof des Museums zudem weitere Gleise vorgesehen. Sie sollen die erhaltenen (bei der Straßensanierung vor mehreren Jahren wiedereingebauten) originalen, denkmalgeschützten Gleisstücke in den Straßen vor dem Textilmuseum mit dem Lokschuppenanbau verbinden. Dafür haben die Unterstützter des Projektes bereits in Cottbus eine altbrauchbare Straßenbahnweiche sichergestellt. Da der auf diese Weise entstehende zusammenhängende Gleisbereich regelrecht nach einer Nutzung ruft, wollen der Museumsverein und die Stadt Forst die Vision eines Fahrbetriebes nicht grundsätzlich ausschließen. Deshalb beauftragten sie mit Zustimmung des Verkehrsmuseums Dresden im vorigen Jahr den sächsischen Kesselsachverständigen Hans Förster mit einer inneren Kesselprüfung an der Lok 36 in Forst. Dabei attestierte der Dresdner dem Dampferzeuger der Kastendampflok am 11. Oktober 2016 einen guten Gesamtzustand. Er stellte fest: „Von mir aus kann sie fahren.“ Zuvor hatte die Arbeitsgruppe für das Projekt an zwei ganztägigen Arbeitseinsätzen alle Waschluken der Lok geöffnet, die Feuerbüchse sowie die Rauchkammer von über 50-jähriger Schlacke und Lösche gesäubert und die Heizrohre gereinigt. Für eine Wiederinbetriebnahme des im Jahr 1938 von Krauss-Maffei gebauten Ersatzkessels wären lediglich einige Deckenstehbolzen und vorausschauend auch der Rohrsatz zu wechseln. Nach 27 Einsatzjahren des Kessels war die Lok ins Verkehrsmuseum nach Dresden gekommen und dort stets trocken untergebracht. Im Rahmen einer betriebsfähigen Aufarbeitung der Bn2t-Maschine bedarf allerdings das Fahrwerk einer gründlichen Instandsetzung. Dafür hat die Arbeitsgruppe nun zwar den technischen Aufwand ermittelt, aber beim VMD bisher keine Genehmigung für diese Arbeiten beantragt. Die Auswahl eines passenden Regelspurgüterwagens ist ebenfalls noch offen.
15.06.2017