Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Wagenecke
Neuigkeiten von sächsischen Gw
Der vor über zehn Jahren im April 2004 in Oschatz geborgene Kasten des zweiachsigen gedeckten Güterwagens 97-10-01 (E.W. 1885, lfd. Nr. 760, ex K.Sächs.Sts.E.B. 1558K, ex DRG „Dresden K2551“) hat seinen Abstellort auf dem Neubau-Rollfahrzeug 97-06-74 in Freital-Hainsberg verlassen. Der Gw-Aufbau gelangte am 15. Oktober auf Initiative der IG Wagen und mit Unterstützung der Initiative Sächsische Eisenbahngeschichte e. V. (ISEG) nach Meißen, wo er nun auf einem städtischen Gelände gesichert hinterstellt ist. Perspektivisch soll er in eine verkehrsgeschichtliche Schauanlage integriert werden, in deren Mittelpunkt die meterspurige Güterellok Nr. 3 (Eigentum Verkehrsmuseum Dresden, ex Exponat im Johanneum) und der am 9. September 2014 in Keilbusch bei Meißen geborgene Kasten des Beiwagens 14 der Meißner Straßenbahn (Herbrand 1896, bis 1912 Bromberger Straßenbahn) stehen. Verschiedene andere meterspurige Fahrzeuge sind für das Projekt ebenfalls avisiert. Der 750-mm-Gw soll für das Projekt mit seiner letzten Reichsbahnnummer und den vorhandenen Anschriften am Rahmen (Bww Freital-Potschappel) verwendet werden und an den Anschluss Meißens ans Wilsdruffer Schmalspurnetz erinnern. Genau das war den Mitstreitern der IG Wagen und den Mitgliedern der Initiative Sächsische Eisenbahngeschichte e. V. (ISEG) wichtig, woraufhin sie aktiv wurden, als der Schwarzbachbahn e.V. am 97-10-01 Interesse zeigte. Da dieser Verein den Wagen in den Zustand vor 1918 oder der 1920er Jahre zurückversetzt hätte, beschafften sie den Schwarzbachbahnern einen anderen Gw – siehe Vorseite – und suchten für 97-10-01 einen Interessenten, der ihn im DR-Zustand nach 1951 ausstellt. Mit der Stadt Meißen ist diese Institution gefunden. Wenn und wo es dort jedoch zu einer musealen Präsentation der Fahrzeuge kommt, ist derzeit noch völlig offen.
Erhaltene sächsische Gw
Bei 97-10-01 handelt es sich um den einzigen sächsischen Gw mit einer vollwertigen Güterwagennummer mit 97-, dachte doch die Verwaltung Wagenwirtschaft der Rbd Dresden anfangs, dass die Betriebsnummern ab 97-09-50 für alle Bdw der Güterwagenbauart ausreichen würden. Nachdem die Reichsbahn den Gw 97-10-01 schon 1959 ausgemustert hatte, besetzten die Rbd Dresden und Cottbus die niedrigen 97-10-Nummern mit Bahndienstwagen. Neben dem 97-10-01 gab es vier weitere sächsische Gw, die in den 1950er Jahren eine mit 97- beginnende Betriebsnummer erhielten: in Zittau den 97-09-52, in Oschatz den 97-09-69, im Wilsdruffer Netz den 97-09-84 sowie in Radebeul den 97-09-90 (heute 1855K). Bei allen vier Fahrzeugen handelte es sich aber „lediglich“ um Bdw. Außer diesen vier und dem 97-10-01 gab es ab Ende der 1950er Jahre auf dem Gebiet der DDR nur noch zwei weitere komplette Gw mit Fahrwerken als stationäre Lagerräume (nicht mehr im Betriebsbestand): den 7.2556 in Mügeln sowie den bereits in den 1930er Jahren ausgemusterten K2792 in Lommatzsch am Wasserturm. Wurde letzterer Gw Anfang der 1970er Jahre verschrottet, so gelangte ersterer 1977 nach Rittersgrün, wo er heute als 7.2556 mit erneuertem USSR-Zonen-Schriftzug besichtigt werden kann. Von diesen sieben Gw, die Ende der 1950er Jahre noch mit Fahrwerk existierten, blieben komplett lediglich der 97-09-90 als 1855K (E.W. 1898, lfd. Nr. 761) des VMD in Radebeul und der 7.2556 (E.W. 1884, lfd. Nr. 760) in Rittersgrün erhalten. Dabei handelt es sich also jeweils um ein Exemplar mit 3,00 m und eines mit 3,80 m Achsstand, womit von den beiden am häufigsten gebauten sächsischen Gw-Typen schon je ein Vertreter mit Fahrwerk existiert. Die Kästen der ohne Fahrwerk später als Lagerschuppen genutzten 97-09-84 und 97-10-01 sind in Löthain bzw. Meißen erhalten, 97-09-52 und 97-09-69 wurden verschrottet. Als Kandidaten für eine Reaktivierung zu vollständigen Gw sind derzeit folgende bereits geborgene Kästen vorhanden: letzte sä. Nr. DRG-Nr. Hersteller lfd. Nr. Standort 1531K K2570 E. W. 1884 760 Zittau 1543K K2562 E. W. 1884 760 Radeburg 1701K K2853 E. W. 1892 761 Wilsdruff 1907K K2680 E. W. 1898 761 Lohsdorf
Von diesen vier Fahrzeugen soll das als erstes angeführte schon bald hinter der I K Nr. 54 zum Einsatz kommen. Über Näheres werden die SOEG und die Stiftung Sächsische Schmalspurbahnen im Dampfbahn-Magazin informieren. Weitere bergungswürdige Kandidaten sind reichlich vorhanden, eine Bergung befindet sich für Anfang 2015 konkret in Vorbereitung, eine weitere für voraussichtlich 2016. Wer an einem solchen Arbeitseinsatz einmal teilnehmen möchte, melde sich bitte über die auf der Website der IG Wagen (www.ig-wagen.de) angegebene Kontaktadresse bei André Marks. Auch finanzielle Zuwendungen sind dafür willkommen. Um Lesernachfragen zuvor zu kommen: Der im Dezember 2000 auf Seite 30 vom PK 57 vorgestellte sächsische Gw aus Dobre Alexandrowo ist in Polen unverändert verschwunden, seine Identität weiterhin unklar. Der von Mitgliedern des FHWE aus der Rhön nach Carlsfeld geholte Gw-Kasten war vom Zustand so schlecht, dass sich der Verein gezwungen sah, den Kasten zu verschrotten. Seine Betriebsnummer ist unbekannt geblieben, aber inzwischen ist aufgedeckt, dass er erst Anfang der 1990er Jahre aus dem Erzgebirge in die Rhön kam – Tino Renz hatte den Kasten in Scheibenberg geborgen … Die Betriebsnummer des grau lackierten Gw-Rahmens, der auf der Laderampe in Radebeul Ost lagert, liegt vor: Es handelt sich um den im Jahr 1898 gebauten sächsischen 1834K bzw. DRG „Dresden K2743“, dessen Kasten viele Jahrzehnte in Mügeln gegenüber dem am 1. Mai 2013 geborgenen dreiachsigen Beutewagen am Wasserkran an der Ausfahrt in Richtung Nebitzschen stand. Dieses im Eigentum des Schmalspurbahnmuseums in Radebeul befindliche Untergestell ist als Schaustück gedacht.
Ein „Preuße“ in Sachsen?
In den vergangenen Jahren nutzte der Pollo-Verein in Mesendorf den Kasten des zweiachsigen Güterwagens 97-70-02 als Lagerraum. Da dem PKML e. V. inzwischen jedoch anderweitige Lagerkapazitäten zur Verfügung stehen und eine betriebsfähige Aufarbeitung aufgrund des Vorhandenseins zahlreicher anderer Pollo-Gw nicht zweckmäßig erschien, stand der Wagenkasten in diesem Jahr zum Verkauf. Übernommen hat ihn ein sächsischer Eisenbahnfreund, der Mitglied beim Verein Historische Feldbahn Dresden e. V. (HFD) in der Herrenleithe ist. Doch nicht zu seinem Verein, sondern auf sein privates Grundstück in Mohorn ließ der Eisenbahnfreund den Gw-Kasten von der PRESS GmbH nach Sachsen holen. Nach einer Übernachtung auf einem Firmengelände in Freital-Potschappel traf er am 20. August in Mohorn ein. Geliefert worden war der Gw 1915 von der Waggonfabrik Wismar an die Kleinbahn Kyritz-Hoppenrade-Brettin als Wagen 264. Die Reichsbahn führt ihn ab 1950 als 7.2481p, ab 1951 als 97-51-85. Neun Jahre später gelangte er ins Netz Dahme, wo er die Betriebsnummer 97-70-02 erhielt. Im Jahr 1994 barg dann der PKML e.V. den 1965 verkauften Kasten.
Sachsen in Polen
Das Verkehrsmuseum Warschau und die PKP haben in Sochaczew in der Nähe von Warschau eine große Sammlung historischer 750-mm-Fahrzeuge zusammengetragen. Darunter befinden sich auch zahlreiche von den sächsischen Schmalspurbahnen stammende Wagen, die aber ausnahmslos aufgrund ihres unaufgearbeiteten Zustandes im für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Depot hinterstellt sind. Hatten Mitglieder der IG Wagen 1998 eine Bestandsaufnahme durchgeführt, so sichtete kürzlich ein anderer sächsischer Eisenbahnfreund einen Teil der Fahrzeuge. Demnach sind in Sochaczew unverändert vorhanden: • der ehemalige DRG-Einheitswagen K6 mit Holzbeplankung als PKP-9245 169-9 • ein von den PKP blechverkleideter Einheits-GGw (mit Bühne) mit der PKP-Nr. 77666 • das Untergestell eines sächsischen OO mit der PKP-Nr. 8213 • ein für die Heeresfeldbahnen gebauter HH mit der PKP-Nr. 28204 – fast identisch mit den sächsischer HH – ausgestellt im öffentlich zugänglichen Museumsbereich
Beim K6 handelt es sich um einen 1929 in Werdau gebauten 2.-Klasse-Wagen – identisch mit z.B. 970-003 in Jöhstadt, 970-006 in Radebeul oder 970-007 in Zittau. Er kam 1944 in die RBD Posen auf das Netz Welun, wo er nach 1945 verblieb. Die PKP teilten ihm die Betriebsnummer 9245 169-9 zu, genutzt wurde der später zum Güterwagen umgebaute Wagen zuletzt auch zum Viehtransport. Rahmen, Pressrahmendrehgestelle und das Dach sind hingegen bis heute original geblieben. Um 1990 holte das PKP-Museum für 750-mm-Fahrzeuge den „Sachsen“ nach Sochaczew. Zu den beiden 1998 noch vorhandenen sächsischen Oberlichtwagen mit den PKP-Nummern Cx 1512 (Baujahr 1898) und Cx 1599 (Baujahr 1900) ist der Eisenbahnfreund nicht gekommen. Ihre genaue Identität – also die sächsischen Betriebsnummern – ist nicht bekannt. AM/Blix
07.12.2014