Parkeisenbahnen aktuell
Lok 199 101-7 von der Hauptinstandsetzung zurück in der Berliner Wuhlheide
Im Dezember 1969 stellte der VEB Lokomotivbau „Karl Marx“ (LKM) in Potsdam-Babelsberg eine weitere Diesellok vom Typ V10C mit 600 mm Spurweite fertig und lieferte sie mit der Fabriknummer 250 487 aus. Die Staatliche Bahnaufsicht nahm diese nach der damals bei der Pioniereisenbahn in der Berliner Wuhlheide bestehenden Winterfahrpause im März 1970 technisch ab und übergab sie als Lok 5 der Pioniereisenbahn Berlin. Nachdem die Deutsche Reichsbahn 1979 die Pioniereisenbahn Berlin übernommen hatte, erhielt sie im Folgejahr die Betriebsnummer 199 101-7. Bis zum Sommer 1998 war die Maschine in der Wuhlheide zuverlässig im Einsatz. In diesen Jahrzehnten wurde ihr Aufbau vom ursprünglichen blau in orange umlackiert. Sie besaß zeitweise eine nicht befriedigende Führerstandsheizung vom Typ 232 „Sirokko“ und es fanden funktionale Anpassungen statt. Mehr als 150 jugendliche Pionier- und später Parkeisenbahner erwarben auf dieser V10C die grundsätzlichen Fähigkeiten eines Lokomotivführers.
Im zweiten Halbjahr 1998 verlieh die Berliner Parkeisenbahn gGmbH (BPE) als Rechtsnachfolger der Pioniereisenbahn Berlin die V10C an die als Mitgesellschafter an der BPE beteiligte Dampf-Kleinbahn Mühlenstroth (DKBM) nach Gütersloh, bei der damals Fahrzeugmangel bestand. Dort erhielt die Diesellok im Frühjahr 2003 einen hellroten Anstrich.
Im Mai 2015 gelangte die Lokomotive in die Wuhlheide zurück und stand mit abgelaufenen Einsatzfristen mehrere Jahre im „Ahrensfelder Schuppen“ des Betriebswerkes. Um bei außerplanmäßigen länger dauernden Wartungsarbeiten an den anderen Lokomotiven der BPE nicht in Schwierigkeiten bei der Lokgestellung für den laufenden Betrieb zu kommen, entschloss sich die Geschäftsführung der BPE, die 199 101-7 betriebsfähig aufarbeiten zu lassen. Dazu transportierte ein Lkw die Maschine im November 2019 zur Firma BMS Stahlbau GmbH (BMS) ins ostsächsische Ostritz. Dort wurde ein schlechterer Allgemeinzustand der Lokomotive als erhofft festgestellt. Neben einer generellen Überholung von Aufbau, Fahrwerk und Rahmen erschien eine gründliche Aufarbeitung des Motors, des Getriebes sowie der Blindwellenbaugruppe sinnvoll. Zudem galt es, die Luftaufbereitungs- und die Bremsanlage zu erneuern.
Durch die Insolvenz der Firma BMS Stahlbau verzögerte sich die Aufarbeitung der Lokomotive. Nach Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes am Standort Ostritz durch die Firma IntEgro wurden die Arbeiten fortgesetzt, allerdings zogen sie sich durch die einsetzende Corona-Pandemie in die Länge. Hinzu kamen Probleme bei der Aufarbeitung des Schaltgetriebes in einem externen Betrieb. Dort standen die Spezialisten für die Reparatur von Einheitsrädergetrieben kurz vor dem Ruhestand bzw. waren gar bereits verstorben.
Schließlich kehrte die V10C am Abend des 12. Januar 2022 instandgesetzt aus Ostritz nach Berlin zurück. Am nächsten Vormittag wurde sie von ehrenamtlich für die BPE tätigen Mitgliedern des Vereines „Schmalspurbahn-Freunde Berlin – Förderer der Berliner Parkeisenbahn – e. V.“ (SBF) über die Rampe des Betriebswerkes Wuhlheide abgeladen und von der Diesellok 199 103-3 (LKM 250 026/1957) der BPE zum Lokschuppen verschoben. Anschließend fuhr diese Lok vom Typ Ns4 auf das 600-mm-Gleisstück des PRESS-Sattelschleppers, um in Ostritz ebenfalls eine Haupt- untersuchung zu erhalten.
Die V10C 199 101-7 präsentiert sich in Berlin nun wieder in einer dem Anlieferungszustand von 1969 ähnlichen Farbgebung. Die Aufbauten und Rahmenverkleidungsbleche sind in Azurblau nach RAL 5009 lackiert, was dem TGL-Farbton 1655 Stahlblau entspricht. In diesem Farbton wurden vom LKM z. B. die Rangierlokomotiven niedriger Leistungsklasse der Baureihe V 15 der DR und eine große Anzahl der an Industriebetriebe gelieferten V10C lackiert. Das Umlaufblech der Parkbahnlok ist in RAL 9005 (TGL 0002) Tiefschwarz gehalten. Unterhalb des Umlaufes präsentieren sich Rahmen, Radsätze, Teile der Bremsanlage, usw. in RAL 3001 Signalrot (annähernd TGL 0605). Über die Art der Beschriftung der Lokomotive war zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch keine Entscheidung gefallen.
Bei ihrer Aufarbeitung in Ostritz wurden an der Parkbahndiesellok mehrere Bauartänderungen ausgeführt. So erhielt die V10C eine Spurkranzschmierung der Bauform REBS und die Schmierung der Achslager wurde auf Unterkastenschmierung mit zentralen Vorratsbehältern für jede Lokomotivseite umgestellt. Die aufgearbeitete Luftaufbereitungsanlage ergänzt ein Lufttrockner. Kupplungsseitig wurden an beiden Lokomotivfronten die Kupplungen der Bauart Schöneweide (Mittelpuffer mit Kuppelöse und Bolzen) durch solche der Bauart Wuhlheide (Mittelpuffer mit Kuppelöse und Bolzen sowie zusätzliche Exzenterkupplung) ersetzt. Die Gesamtkosten der Aufarbeitung der dreiachsigen Diesellok 199 101-7 belaufen sich auf etwa 100 000 Euro. Zur Teilfinanzierung dieser Summe hatte die BPE auf ihrer Internet-Präsenz zu einer Spendenaktion für die Lokomotive aufgerufen. Zur Freude der Parkeisenbahner erbrachte dieser Aufruf durch die Spenden von Freunden, Gönnern und privaten Förderern sowie teils ganz „normalen“ Fahrgästen fast ein Viertel der notwendigen Summe. Der Verein bedankt sich an dieser Stelle bei allen Spendern. Nun müssen durch die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Werkstatt des Betriebswerkes Wuhlheide noch einige Restarbeiten erledigt und Probefahrten absolviert werden. Die BPE strebt an, die Lokomotive noch vor Saisonbeginn den zuständigen Mitarbeitern der Aufsichtsbehörde vorzuführen und die Genehmigung zur Wiederinbetriebnahme der erstgelieferten V10C der ehemaligen Pioniereisenbahn Berlin zu erhalten.
10.02.2022