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Hintergrund-Informationen zum Band 3 der Buchreihe „Die Wagen der sächsischen Schmalspurbahnen“
Anfang Dezember 2021 kam der dritte Band der Buchreihe „Die Wagen der sächsischen Schmalspurbahnen“ in den Handel. Er behandelt die Rollböcke, Rollwagen, Bahndienstwagen und modernisierten Reisezugwagen. Da einer der Autoren zugleich Mitglied der PK-Redaktion ist, nutzen wir diesen „heißen Draht“ an die Basis wieder für ein Interview mit André Marks (AM), um allen Lesern einige Hintergrund-Informationen über diesen Band und die ganze Buchreihe zu geben.
PK: André – vor uns liegt ein „schwergewichtiges Werk“ mit 272 Seiten, davon etwa 40 Seiten mit Tabellen. Illustriert ist das Buch mit 182 schwarzweißen und 225 farbigen Fotos, mit 110 maßstäblichen „Zeichnungsblöcken“ von Rainer Fischer, mit 17 historischen Zeichnungen und 26 Wagenskizzen aus dem „Bildlichen Verzeichnis“ der K.Sächs.Sts.E.B. Das sind in Summe 560 Illustrationen. Dein Name steht als Mitautor auf dem Einband – lass uns bitte etwas aus dem „Nähkästchen“ plaudern!
AM: Ja, natürlich sehr gern. Für Fragen zu Veröffentlichungen, an denen ich beteiligt war, bin ich immer offen!
PK: Das wäre gleich die erste Frage, wer von euch hat was beigetragen?
AM: Hauptautor ist wie immer Rainer Fischer. Er hat die geschichtlichen Hintergründe und technischen Beschreibungen verfasst, aber auch die ganzen Zeichnungen im Maßstab 1:87 bzw. bei den Rollböcken im Maßstab 1:43 angefertigt. Eine irre Fleißarbeit! Sven Hoyer und Joachim Schulz haben vor allem zahlreiche Basisinformationen für den Tabellenteil sowie Bildtexte beigesteuert. Gemeinsam mit Sven Hoyer habe ich die Angaben zum Verbleib der Fahrzeuge bzw. über die erhaltenen Rollwagen vervollständigt und die Bildtexte geschrieben. Außerdem oblagen mir die Bildauswahl und das Layout.
PK: Das heißt, du bist schuld, dass das angekündigte Kapitel über die Triebwagen und Beiwagen der sächsischen Schmalspurbahnen nun doch nicht im Band 3 zum Abdruck gekommen ist?
AM (lachend): Nein, im Gegenteil, sonst hätte ich diese 36 Seiten nicht schon layoutet. Es war vielmehr eine Entscheidung vom Verlag, das in der Beschreibung der Fahrzeuge angewendete Schema beizubehalten. Wir legen pro Wagentyp/Wagengruppe stets mindestens eine Doppelseite an, wenn notwendig aber auch zwei oder drei. Während wir von Anfang an die aus dem Mansfeld-Revier stammenden vierachsigen Schotterwagen vorstellen wollten, haben wir erst Anfang 2021 entschieden, die zweiachsigen Schotterwagen und Skl-Beiwagen ebenfalls mit in den Band 3 aufzunehmen, obwohl diese Zweiachser bei der DR zur Gruppe der Nebenfahrzeuge gehörten. Dann war es jedoch nur konsequent, auch über die aus Rumänien stammenden vierachsigen Schotterwagen der SDG zu berichten. An diese Wagen hatten wir bei der Planung des Bandes 3 ebenso wenig gedacht wie an die inzwischen von der SOEG geschaffenen Ferienwaggons. Für alle diese Fahrzeuge waren dann jeweils weitere Doppelseiten erforderlich. So ging uns am Ende der Platz aus, denn eigentlich sollte Band 3 ja wie Band 2 ebenfalls „nur“ 256 Seiten beinhalten.
PK: Dann habt ihr euch ja 2016 tüchtig verkalkuliert – aber offensichtlich zugunsten der Leser. Denn diese finden im Band 3 demnach viel „publizistisches Neuland“?
AM: Ja, unbedingt! So haben wir erst im Jahr 2020 das Geheimnis um die meterspurigen „LOWA-Rollwagen“ geknackt, deren Baujahre in einigen Dokumenten schon immer mit 1944/45 angegeben waren – also weit vor Gründung dieser Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB). Viele Leser wird es auch überraschen, wie viele Wagen aus Thüringen, vom Pollo, aus Nauen oder aus dem Ausland nach Sachsen gekommen sind. Dazu freut es mich, dass wir sogar mehrere Wagenkästen vorstellen können, so auch den des dritten „serbischen Dreiachsers aus Polen“, der einst in Wilsdruff stand.
PK: Ja, stimmt, mir war nicht bekannt, dass es sich dabei um die Kästen von Schmalspurwagen handelte. Doch noch einmal zurück zu den Seiten über die Trieb- und Beiwagen: Was wird nun damit?
AM: Wenn SSB-Medien das dritte Lokbuch veröffentlicht hat, soll es einen gemeinsamen Abschlussband für die drei Lok- und die drei Wagenbände geben. Dieser wird dann Exoten wie die in der RBD Dresden gelaufenen Loks der österreichischen Reihe U und die „Beutelokomotiven“ vorstellen, aber auch die auf den sächsischen Schmalspurbahnen eingesetzten Diesellokomotiven. Die Trieb- und Beiwagen werden dieses Buch abrunden.
PK: Spannend! Da stellt sich jedoch gleich die Frage, in wieviel Jahren es soweit ist. Anfang 2017 erschien das Güterwagenbuch – als wir uns darüber mit dir für den PK 155 unterhielten, deutete ich deine Antwort so, dass ihr den dritten Band so in etwa zwei, drei Jahren vorlegen würdet. Am Ende hat es knapp fünf Jahre gedauert – woran lag das?
AM: Naja, obwohl Schmalspurwagen im Leben vor allem von Hauptautor Rainer Fischer und mir inzwischen schon eine gewichtige Rolle einnehmen, sind sie für uns kein Lebensinhalt. Wie ich im PK 155 angekündigte, bin ich vor viereinhalb Jahren auch endlich Vater geworden; Rainers Tochter bescherte ihm vor wenigen Jahren ein Enkelkind. Das Pensum der hauptberuflichen Arbeit ist für unsere Mitautoren Joachim Schulz und Sven Hoyer wie auch für Rainer und mich unverändert hoch. In unserer Freizeit bringen sich Rainer und ich zudem stark in Vereinsarbeiten ein – Rainer bei der Traditionsbahn, ich in den PK sowie bei der ISEG. Da blieb für den Band 3 pro Monat nur wenig Zeit. Die coronabedingten Schließungen von Kindergärten und Schulen haben unser Zeitbudget weiter dezimiert. Ohne die ganzen Vorarbeiten aus dem Jahr 2016 wären wir jetzt noch nicht fertig …
PK: Aber seid ihr denn bis zum Druckbeginn wirklich fertig geworden? Aus deinen Erzählungen während der Produktionsphase vom PK 182 weiß ich noch, dass du nicht ganz glücklich darüber warst, dass SSB-Medien auf die Abgabe aller Seiten bis Ende Oktober 2021 gepocht hat.
AM: Unter dem Strich war es vom Verlag richtig, auf der Fertigstellung des Bandes zu beharren. Einerseits häuften sich in Zittau die Anfragen von Kaufinteressierten, wann das Buch endlich in den Handel kommt, andererseits stellt es offenbar eine Gesetzmäßigkeit dar, dass bei derartigen Forschungsthemen immer und immer wieder neue wertvolle Hinweise und Fotos eingehen. Doch irgendwann muss das vorhandene Wissen einfach einmal „rund gemacht“ und niedergeschrieben werden – sonst würden wir in zehn Jahren noch nicht fertig sein! Ich habe inzwischen meinen Frieden mit dem Buch gefunden, auch wenn einige Detail- angaben tatsächlich nicht mehr den Weg in den Band gefunden haben.
PK: Was sind das für Angaben?
AM: Aufgrund eines Computercrashs bei Sven Hoyer sind alle von Rainer Heinrich zwischen 1967 und 1990 an den einzelnen Schmalspurbahnen notierten Beheimatungen von Rollwagen zumindest digital wieder verloren gegangen. Am Ende habe ich es nicht geschafft, diese Angaben von den Aufzeichnungen in die Haupttabelle des Buches einzuarbeiten, die damit lückenloser geworden wäre. Außerdem war es mir trotz mehrerer „16-Stunden-Schichten“ aus Zeitgründen nicht möglich, bei allen Bahndienstwagen das gesamte vorhandene Wissen zur Verschrottung in die entsprechenden Tabellen einzuarbeiten.
PK: Das hört sich nach „Jammern auf höchstem Niveau“ an. Lass uns nun aber über die modernisierten Reisezugwagen sprechen. In meinen Augen wurden die „Rekowagen“ je nach Modernisierungsgrad immer hässlicher. Fast alle stilvollen Elemente entfielen, die Fahrzeuge wurden entfeinert und immer pragmatischer. Interessieren euch derartige ästhetischen Fragen als Autoren?
AM: Schön und hässlich sind subjektive Wertungen, die in Sachtexten nichts zu suchen haben. Darin sind wir Autoren uns einig. Rainer Fischer hat auch die modernisierten Reisezugwagen deshalb penibel genau beschrieben. Als aktive Museumsbahner teilen wir privat jedoch durchaus dein Urteil.
PK: Du betonst den wissenschaftlichen Anspruch der Bände – wäre es für Euch vorstellbar, daraus eine Art App zur Bestimmung von Wagen abzuleiten – analog einer zur Pflanzenbestimmung?
AM: Uff – an so etwas hat von uns bestimmt noch keiner gedacht! Aber der Gedanke ist gar nicht so abwegig – vielleicht gelänge es damit, dass endlich jeder sauber zwischen OO und OOw differenziert …
PK: Das bringt mich zur Frage, wie ihr euch als Autoren eigentlich die praktische Nutzung eurer Bücher vorstellt?
AM: Ein Beispiel habe ich dazu gerade schon genannt – wir hatten gehofft, dass z. B. endlich die Gattungszeichen der beiden Bauarten vierachsiger offener Güterwagen in Veröffentlichungen stets korrekt verwendet werden würden. Wie gedankenlos – oder hilflos? – einige Kollegen damit jedoch bis heute umgehen, grämt mich offen gestanden. Ein zweites Beispiel sind unsere detaillierten Tabellenwerke. Sie bieten für jedermann die Grundlage, Wagenmodellen eine authentische Nr. zu geben. Wer also einen „kurzen sächsischen Ow“ richtig beschriften möchte, braucht nur in den Tabellen eine passende Nr. herauszusuchen. Wieso selbst namhafte Modellbahnhersteller dabei trotzdem noch immer versagen, verstehe ich einfach nicht! Durch den Wagenband 3 können nun auch den Modellen der unterschiedlich langen und konstruktiv voneinander abweichenden Rollwagen jeweils authentische Nummern zugewiesen werden. Das sind Nutzungsmöglichkeiten für Modellbahner. Außerdem bieten unsere Bücher allen Autoren, die über den Wagenpark einzelner Linien bzw. Netze etwas schreiben wollen, eine famose Datengrundlage. Doch selbst namhaften Autoren haben davon in den Wagenkapiteln ihrer Streckenmonographien nicht Gebrauch gemacht. Ob ich darüber lachen oder weinen soll, weiß ich noch nicht. Vielleicht nehmen verschiedene Kollegen die Wagen immer noch nicht richtig ernst.
PK: Worin liegt für dich diese große Faszination von Wagen?
AM: Bei allem Interesse auch für Lokomotiven – ich bin in meinem Leben erst ein, zwei Dutzend Mal auf dem Führerstand mitgefahren – aber tausendfach in Wagen. Diese prägen das Bild der Eisenbahnen in meinen Augen um ein Vielfaches mehr als Lokomotiven, wobei auch die anderen Bereiche einer Eisenbahn nicht vergessen werden dürfen! Über Lokomotiven ist schon so viel erforscht, über Wagen wissen selbst wir vier Buchautoren jedoch noch längst nicht alles. Deshalb suchen wir auch in Zukunft alle möglichen Unterlagen im Zusammenhang mit Wagen – und natürlich Aufnahmen. Denn nach dem neuen Wagenbuch ist stets vor dem nächsten Wagenbuch …!
PK: Rolle vorwärts zurück – wir haben schon über den Abschlussband gesprochen, doch zunächst hat SSB-Medien für 2022 die Wagenbände 1 und 2 als wieder lieferbar angekündigt. Werden sie nur nachgedruckt oder wird es inhaltliche Änderungen gegenüber den Erstauflagen von 2012 und 2017 geben?
AM: Für den Band 2, das Güterwagenbuch, steht bereits fest, dass wir lediglich auf 20 bis 30 Seiten die uns bekannten Rechtschreibfehler und inhaltlichen Fehler korrigieren bzw. den Inhalt aktualisieren, wenn es zeitlich klappt auch im Tabellenteil. Der Band 1 zu den Reisezugwagen von 2012 fällt inhaltlich hinter den Bänden 2 und 3 ab, doch der Markt sei mehr oder weniger gesättigt. SSB-Medien geht davon aus, dass eine völlig überarbeitete Neuauflage nicht erneut mehr als 1000 Käufer findet. Doch die Zittauer haben Mittel eingeplant, dass zu zahlreichen Wagentypen zusätzliche Bildseiten eingeschoben werden können. Auch sind wenigstens Porträts der umgebauten Einheitswagen 970-442, 970-445 und 970-458 vorstellbar. Uns Autoren wäre zusätzlich wichtig, die neuen Forschungsergebnisse zum Thema Farbgebung und Beschriftung einzuarbeiten, worüber wir mit dem Verlag gerade im Gespräch sind. Außerdem werde ich dafür eintreten, dass im Tabellenteil auch für die Reisezugwagen die uns bekannten Heimatbahnhöfe der einzelnen Wagen abgedruckt werden.
PK: Das klingt nach viel Arbeit! Wir wünschen euch dafür unbedingt gutes Gelingen – und rasches Vorankommen! Für den PK unterhielt sich Armin-Peter Heinze mit André Marks.
Der Band 3 ist für 54 Euro bei SSB-Medien in Zittau, aber auch bei verschiedenen Vereinen wie der IG Weißeritztalbahn e. V. und der ISEG, sowie im Buchhandel erhältlich. Seine ISBN lautet 978-3-00-070422-2.
10.02.2022