Ratgeber
Teil 3: Digitalisieren von Dias und Negativen - Was tun mit alten Negativen und Dias?
Innerhalb dieser Rubrik geht es einmal nicht um Eisenbahn direkt, sondern um mit der Eisenbahnfotografie im Zusammenhang stehende Dinge, bei denen verschiedene Leser sich unsicher fühlen. So gab die Redaktion im PK 167 vor allem Hinweise zum Archivieren von Dias und Negativen. Der Teil 1 im PK 166 enthielt Ratschläge, was beim Versenden von Eisenbahnaufnahmen an Dritte und Verlage beachtet werden sollte. In dieser Ausgabe steht nun das Digitalisieren von Dias und Negativen im Mittelpunkt. Die im Frage/Antwort-Stil behandelten Aspekte gehören für mehrere Redaktionsmitglieder zum beruflichen Alltag, mit dieser Veröffentlichung wollen sie daran interessierte Leser informieren und Anfragen zu dieser Thematik reduzieren. Die letzten Antworten widmen sich dem Verbleib von Dias und Negativen, wenn sich Fotografen davon trennen möchten oder müssen.
1. Weshalb muss ich meine Dias und Negative digitalisieren?
Kein Fotoamateur muss seine privaten Dias oder Negative digitalisieren, wenn er das nicht möchte. Dieser Beitrag richtet sich daher nur an die Eisenbahnfreunde, die das gern wollen, bereits dabei sind oder schon abgeschlossen haben.
2. Welche Gründe gibt es für das Digitalisieren?
Wer eine Digitalkamera nutzt, betrachtet diese Aufnahmen üblicherweise an einem Computer. Kombiniert mit einem Beamer ermöglicht dieser den Genuss, den in den vergangenen Jahrzehnten ein Diaprojektor sicherstellte. Möchte ein Eisenbahnfreund auf Dias oder Negativen festgehaltene Motive am Computer betrachten (und dann ggf. ebenfalls an eine (Lein-)Wand projizieren etc.), dann müssen sie digitalisiert werden. Dazu werden Dias, Negative oder Abzüge gescannt. Neben dem Wunsch zu einer mit Digitalfotografien ebenbürtigen Nutzung der analog fotografierten Motive nennen Eisenbahnfreunde für das Digitalisieren häufig einen zweiten Grund: Platznot! Bei diesen Fotografen ersetzen digitale Datenträger die betreffenden Diakoffer, Negativkartons oder Fotoalben. Seltener, aber nicht unüblich ist der dritte Grund für das Digitalisieren von Dias und Negativen: der Erhalt unwiederbringlicher Fotoschätze. Darauf kommen immer mehr Eisenbahnfreunde, denen bewusst wird, wie gefährdet ihre möglicherweise geglast aufbewahrten Dias sind. Neben Pilzbefall (siehe Erklärungen und Beispiel im PK 167) gehört dazu auch das Verblassen von Farben.
3. Was ermöglicht eine gut digitalisierte Eisenbahnfotosammlung?
Für Lichtbildvorträge im Rahmen von Vereins- oder Hobbyabenden war einst das mühsame Zusammenstellen von Dias, der Transport der Originaldias zum Vorzeigeort sowie oft das Zurücksortieren von diesen Bildern notwendig. Gezeigt werden konnten ausschließlich Positive, auf Negativfilmen festgehaltene Motive waren ein Fall für Fotoalben zum Herumreichen. Einem Scangerät ist es egal, ob es Positive oder Negative digitalisiert, d. h. wer seine Negative gescannt hat, der kann diese Motive ebenfalls in Vorträge einbauen. Das schnelle Auffinden eines bestimmten Dias in einer mehrere Tausend Stück umfassenden Sammlung war von einer guten Kennzeichnung der Diakoffer bzw. -kästen abhängig. Wer digitalisierte Aufnahme überlegt abspeichert und/oder in die Dateinamen der Scans gute Schlagworte bzw. sinnvolle Angaben einpflegt, der kann sich nach der Eingabe eines oder mehrerer Suchbegriffe im Dateimanager per Mausklick in Sekundenschnelle ein oder mehrere bestimmte Motive anzeigen lassen.
4. Was spricht gegen ein Digitalisieren von Dias und Negativen?
Unter Verfolgungswahn leidende Eisenbahnfreunde weigern sich etwas zu digitalisieren, da sie Angst vor Computerhackern haben, die dann mit den geraubten Scans möglicherweise Geschäfte machen. In gemäßigten Fällen verwenden diese Zeitgenossen zwei Computer – einen mit Internetzugang für herkömmliche Arbeiten und einen ohne Internetanschluss für ihre Scans und Digitalfotos. Andere Eisenbahnfreunde würden gern Dias und Negativen selbst scannen oder scannen lassen, haben aber kein Geld für einen Scanner oder das Anfertigen von Scans.
5. Kostet das Scannen von Dias und Negativen denn ein Vermögen?
Leider nein! Einfache oder gebrauchte Geräte zum Scannen sind manchmal bereits für weniger als 100 Euro erhältlich. Und verschiedene Drogerien oder Fotogeschäfte locken ebenfalls mit Schnäppchenpreisen zum Digitalisieren von Negativen und Dias. In Baden-Württemberg gibt es dazu aber eine Lebensweisheit, die ins Hochdeutsche übersetzt lautet: Was nichts kostet, taugt nichts!
6. Ab wann „taugt“ ein Scan etwas?
Die Antwort auf diese Frage ist vom jeweiligen Anspruch eines Eisenbahnfreundes abhängig. Dieser sollte sich vor dem Scannen überlegen, was er mit den Dateien einmal machen möchte. Das Spektrum reicht vom alleinigen Betrachten am Bildschirm über die Nutzung für Vorträge bis hin zum Abdruck in Zeitschriften, Büchern etc. Bereits für das Betrachten am Bildschirm gibt es wiederum unterschiedliche Ansprüche: Einigen Eisenbahnfreunden genügt es, die betreffenden Motive auf ihrem Smartphone zu sehen oder die Vollansicht einigermaßen scharf am PC zu erkennen. Derartige Dateien sind mit preiswerten Geräten erzeugt und nehmen einen sehr geringen Speicherplatz ein. Das hat den Vorteil, dass eine große Menge derartiger Scans auf einen Datenträger passt. Die Mindestanforderungen für einen Abdruck in Zeitschriften oder Büchern erfüllen diese Scans nicht, sie sind für Verlage nutzlos. Beim anderen Extrem legen die Eisenbahnfreunde auf das Erkennen kleinster Details großen Wert. Die mit hochwertigen Scannern angefertigten Bilddateien können dann am Bildschirm um ein Vielfaches vergrößert werden. Wenn verschiedene technische Parameter eingehalten worden sind, nehmen Verlage derartige Scans zum Abdruck an. Als Nachteil professionell gescannter Dias und Negative gilt der hohe Speicherplatzbedarf. Daher wählen viele Eisenbahnfreunde meist einen Mittelweg zwischen einer groben und einer feinen Auflösung. Solche Dateien genügen sowohl für das Betrachten am PC als auch für Vorträge mit Beamern.
7. Was wird mit den Dias und Negativen nach dem Digitalisieren?
Jeder Hobbyfotograf entscheidet selbst, was mit seinem Eigentum geschieht. Es gibt Eisenbahnfreunde, die sich nach dem Scannen ihrer Dias und Negative davon (meist aus Platzgründen) trennen – andere betrachten die Scans lediglich als Sicherheitskopien und sind sich dessen bewusst, dass ein sorgfältig archiviertes Dia/Negativ auch nach 100 Jahren noch nutzbar ist. Für vor 30 Jahren übliche Datenträger gibt es hingegen bereits heute meist keine Lesegeräte mehr. Außerdem ist noch unklar, ob Digitaldaten auf jedem Speichermedium ebenfalls mehr als 100 Jahre haltbar sind.
8. Welche Konsequenzen haben der technische Fortschritt und die Angst vor Datenverlust durch Zersetzung der Datenträger?
Digital aufbewahrte Daten müssen in gewissen Abständen auf aktuellere Datenträger kopiert werden. Alternativ müssen Computer mit entsprechenden Laufwerken oder Kabelanschlüssen in Nutzung bleiben bzw. vorgehalten werden. Um Datenverlust vorzubeugen, werden Sicherheitskopien empfohlen.
9. Noch einmal nachgehakt: Was wird mit nicht mehr benötigten Dias und Negativen?
Wie schon geschrieben: Jeder Eisenbahnfreund kann mit seinem Eigentum machen, was er will. Wenn jemand seine Dias und Negative wegwerfen möchte, damit niemand anderes diese Motive sehen oder nutzen kann, dann sind Historiker dagegen machtlos. Glaubt ein Hobbyfotograf, dass seine Eisenbahnbilder nichts Besonderes darstellen, dann empfiehlt sich ein Gespräch mit dem nächsten Eisenbahnverein in der Nachbarschaft. Denn fast jeder Eisenbahnverein hat es sich zur Aufgabe gestellt, auch eisenbahnhistorische Zeitzeugnisse z. B. in Form von Aufnahmen für die Nachwelt zu erhalten. Grob gesagt gilt, dass nach 1989 in Deutschland angefertigte Eisenbahnbilder weniger wertvoll sind als davor entstandene Aufnahmen. Andererseits ist auch nicht jedes vor 1990 entstandene Foto einzigartig, veröffentlichungsreif oder gar verkaufbar. Dies gilt es im Gespräch mit Eisenbahnfreunden zu ermitteln. Handelt es sich um zweifelsfrei wertvolle Dias und Negative – mehrheitlich scharf, motivisch attraktiv und mehrere Jahrzehnte alt – dann gibt es dafür in vielen Fällen sogar Käufer. Die Preise für derartige Sammlungen sind jedoch in den vergangenen 20 Jahren drastisch gesunken, da sich derzeit immer mehr Fotografen von ihrem Material trennen – bzw. deren Witwen und Erben … Vierstellige Kaufsummen werden nur noch in Ausnahmefällen gezahlt. Der Trend geht aktuell zu Schenkungen an gemeinnützige Vereine, Einrichtungen oder Stiftungen. Am bekanntesten ist die Eisenbahnstiftung Joachim Schmidt, die bundesweit Sammlungen übernimmt. Stadt- oder Staatsarchive sind vor allem an Sammlungen mit regionalem Bezug interessiert. Das Verkehrsmuseum Dresden nimmt Schenkungen ohne derartige Einschränkungen entgegen.
10. Was machen Vereine, Archive, Museen etc. mit meinen Dias und Negativen?
Satzungsgemäß versuchen derartige Einrichtungen übernommene Sammlungen – ganz egal ob zuvor privat digitalisiert oder nicht – der Nachwelt zu erhalten. Dazu gehört die Zuordnung der Aufnahmen zum Namen des Urhebers. Das fotografische Schaffen eines Eisenbahnfreundes soll auf diese Weise mit seinem Namen verknüpft bleiben. Ein Problem stellt derzeit die Nutzbarkeit von an öffentliche Einrichtungen und Vereine gegebenen Aufnahmen für die Allgemeinheit dar. Aus finanziellen und zeitlichen Gründen dauert das Erfassen der einzelnen Motive aus Schenkungen teils mehrere Jahre oder Jahrzehnte. Zahlreiche Nachlässe sind daher aktuell nicht oder nur teilweise nutz- oder einsehbar.
11. Ich habe mich überreden lassen, meine Dias einem Eisenbahnfreund/Verlag zu schenken. Jetzt möchte ein Hobbyfreund von einem der Motive einen Abzug. Was nun?
Privaten Sammlern oder Verlagen überlassene Dias und Negative werden Dritten nur selten ausgehändigt, sondern für den Eigenbedarf – Verkauf oder Publikationen – genutzt. Anders handhabt es zum Beispiel der sächsische Eisenbahnfreund Matthias Hengst in Dresden. Er sucht auf Anfrage von Verlagen oder Hobbyfreunden nach den betreffenden Motiven und stellt sie für ein Bildhonorar bzw. als Abzug für eine Aufwandsentschädigung zur Verfügung. Einen Rechtsanspruch haben danach suchende Eisenbahnfreunde und Verlage weder bei derartigen Sammlern noch bei öffentlichen Einrichtungen.
12. Was passiert mit an Eisenbahnautoren übergebenen Dias und Negativen?
Neben öffentlichen Einrichtungen, Vereinen, Verlagen und Händlern sind auch Eisenbahnbuchautoren an Dias und Negativen interessiert. Darauf enthaltene Bildinformationen werten sie für Texte und Tabellen aus, parallel versuchen sie mit Aufnahmen aus dem eigenen Fundus ihre Veröffentlichungen zu illustrieren. Dabei sind ganz individuelle Beteiligungen der Fotografen möglich. Das reicht von einer vollständigen oder anteiligen Weitergabe des Bildhonorars bis zur alleinigen Zusendung von Belegexemplaren.
Abschließende Ratschläge
Sparen Sie lieber nicht beim Kauf eines Scanners, wählen Sie beim Scannen eher eine etwas größere Auflösung als eine zu kleine – oder behalten Sie die Dias und Negative, um ggf. später jederzeit einen besseren Scan anfertigen zu können. Werfen Sie Dias oder Negative nicht weg, sondern beraten Sie mit Freunden oder Eisenbahnvereinen, wer dafür noch eine Verwendung hat. Beispielsweise nimmt die IG Preßnitztalbahn e. V. sehr gerne Motive von der Schmalspurbahn Wolkenstein – Jöhstadt und ihrem Wiederaufbau ab 1990 als Schenkung entgegen. Sammler und Buchautoren wie zum Beispiel Holger Drosdeck, Stephan Häupel, Matthias Hengst und André Marks sowie Wolfram Wagner und Peter Wunderwald sind jederzeit an Aufnahmen anderer Schmalspurbahnen sowie teils auch regelspuriger Eisenbahnen interessiert. Die Initiative Sächsische Eisenbahngeschichte e. V. (ISEG) nimmt im Schwerpunkt Regelspuraufnahmen entgegen.
Die PK-Redaktion stellt Interessenten gern den Kontakt zu diesen Herren und Vereinen her. Die Adressen von öffentlichen Archiven, Stiftungen und dem Verkehrsmuseum Dresden sind im Internet zu finden oder in anderen Veröffentlichungen publiziert.
16.10.2019