Nachruf
Ein Leben für die Eisenbahnbrücken
Jürgen Popp
27. Juli 1950 – 17. September 2019
Am 17. September 2019 verstarb unerwartet und mitten aus dem arbeitssamen Unruhestand „der Brückeningenieur“ der Eisenbahnstrecken in Sachsen schlechthin: Jürgen Popp. Natürlich war er in dieser Berufsgruppe nicht der einzige Akteur, doch sein Fachwissen und sein unermüdlicher persönlicher Einsatz für eine technische Lösung fast jedes möglichen Brückenproblems machte ihn zum Unikum und weithin nachgefragten Experten. Selbst nach seinem Renteneintritt war er für den großen staatlichen Eisenbahninfrastrukturkonzern immer wieder eine dringend benötigte Ressource, die bei den in unmittelbaren Zukunft anstehenden Aufgaben an vielen Eisenbahnstrecken noch schmerzlich vermisst werden wird. Bei der Preßnitztalbahn trat Jürgen im Herbst 1994 erstmals in Erscheinung, als bei der Vorplanung des Streckenaufbaues die erste Lücke in der Gleistrasse sichtbar wurde und zum Erreichen des Bahnhofes Schmalzgrube ein Bauwerk über das Schwarzwasser nötig wurde. Auch bei den folgenden Eisenbahnüberführungen der Preßnitz bis Steinbach führte er Regie und oft auch selbst die verschiedenen Werkzeuge beim Einbau, so dass die Jahreshauptversammlung der IGP 1995 folgerichtig an Jürgen die Ehrenmitgliedschaft im Verein verlieh. Dass nach dem Bau die dauerhafte Unterhaltung der Brücken kommt, ist eine bekannte Binsenweisheit und brachte auch kontinuierliche Arbeit für den Brückenfachmann mit sich. Selbst wenn man den Blick auf die Schmalspur beschränkt, zeugen viele entsprechende Bauwerke bei der Museumsbahn Schönheide, bei der Döllnitzbahn oder im Weißeritztal davon, dass ein solcher Experte an vielen Stellen gefragt ist – was für Jürgen aber eher fachliche Bereicherung und Ergänzung zu seiner Tätigkeit bei DB Netz war. Die Schmalspurbahnen kamen dabei auch in den Genuss seiner speziellen Effizienz bei der Lösungsfindung und Umsetzung in der Praxis, deren Anwendung ihm in der behördlichen Arbeitsweise eines Staatskonzerns nie vergönnt war. Dank dieser Arbeitsweise konnten Museumsbahnen im Erzgebirge in den 1990er Jahren in eher nach Wochen zählenden Zeiträumen den lückenfüllenden Effekt seines Wirkens genießen, wovon heutzutage und besonders auf der Regelspur nur zu träumen ist. Dank seines persönlichen Einsatzes konnten aber auch technische Besonderheiten und Lösungen dauerhaft in Nutzung für die Eisenbahnwelt erhalten werden, denn technische Lösungen (wie zum Beispiel der sogenannte „Hohlkasten-Überbau“) verlieren ihren Status als anerkannter Stand der Technik, wenn sie nicht mehr verwendet werden. Der Vorstand der Preßnitztalbahn betrauert den Verlust einer fachlichen Koryphäe und bekundet seiner Frau sowie seinen Kindern aufrichtiges Beileid. Ganz besonders seine Brücken werden sein Andenken und Wirken für die Zukunft bewahren.
16.10.2019