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Rezensiert: Plettenberger Kleinbahn
Wolf Dietrich Groote
Plettenberger Kleinbahn
Auf Schiene und Straße 272 Seiten im Format 22,3 x 29,7 cm in Leinen gebunden mit 626 Farb- und Schwarzweißaufn. Verlagsgruppe Bahn Fürstenfeldbruck & Klartext Verlagsgesellschaft Essen 2018. ISBN: 978-3-8375-1965-5 Preis: 49,95 Euro
Forst (Lausitz) und Spremberg sind Eisenbahnfreunden aus Mitteldeutschland als ehemalige Orte mit Stadteisenbahnen geläufig. Um ihre Eigenarten richtig einordnen zu können, ist ein Blick auf ähnliche Eisenbahnbetriebe nie verkehrt. Im Märkischen Kreis, einer Gebietskörperschaft im Nordwesten des Sauerlandes (Nordrhein-Westfalen), gab es eine vergleichbare Eisenbahn – die Plettenberger Kleinbahn. Über diese im Jahr 1896 auf Basis des preußischen Kleinbahngesetzes eröffnete und 1962 im Schienenverkehr eingestellte Meterspurbahn mit einer maximalen Gesamtstreckenlänge von 19,51 km (davon 12,56 km Haupt- sowie 3,3 km Neben- und 4,43 km Anschlussgleis) erschienen bereits mehrere Aufsätze und Monographien. Als bester Kenner dieser liebenswerten Kleinbahn mit u. a. Kastendampfloks, aber z. B. auch mit einem Triebwagen gilt völlig zu Recht Wolf Dietrich Groote. Er zeichnete bereits für die in den Jahren 1994 und 2002 im Verlag Kenning erschienenen Bücher über diese meterspurige Bahn mit etwa 80 Weichen sowie mehr als 40 Anschlüssen verantwortlich.
In den vergangenen Monaten griff er zur Tastatur, denn ihm lagen zahlreiche neue Forschungsergebnisse zur Entstehung sowie zum Betrieb dieser Eisenbahn, vor allem aber zum von der Kleinbahngesellschaft geführten Omnibus- und Straßengüterverkehr vor.
Damit ist bereits die Frage beantwortet, was sein im Herbst 2018 nun bei der VGB erschienenes Werk enthält, was nicht schon in den vergangenen Jahren veröffentlicht worden wäre. Es ist im Schwerpunkt die etwa 50-seitige Darstellung des „Nichteisenbahnbetriebes“ der Kleinbahn. Aus einer Hand geführte Verkehre bzw. in einer Stadt/Region auf das engste miteinander verzahnte Verkehrsmittel endlich als eine Einheit zu begreifen und darzustellen, das gab es leider bisher nur in wenigen Publikationen. Doch das Interesse gerade an den sich gegenseitig bedingenden Entwicklungen nimmt zu. Und so bedient Wolf Dietrich Groote eine berechtigt steigende Nachfrage – und das wie gewohnt par excellence.
Wer mit den Omnibusaufnahmen, bei deren Betrachten der Rezent in Gedanken sofort das beängstigende Ächzen, Knarren und Quietschen der hölzernen Karossen hört, wirklich nichts anfangen kann, der möge entspannt im Buch weiterblättern. Dem Reiz des Straßengüterverkehrs mit „Culemeyern“ auf engen Straßen wird er sich nicht entziehen können. Mit dem Abstand mehrerer Jahrzehnte versteht es Groote als erfahrener Autor aber gekonnt, dem der Bevölkerung und anschließenden Industrie einst als Zeichen der „Moderne“ verkauften Straßenrollerverkehr als Ablösung der Kleinbahn seine Fortschrittlichkeit – und Ungefährlichkeit – zu nehmen.
Eisenbahnfahrzeugfreunde mögen die Beschreibungen der in Plettenberg einst vorhandenen Lokomotiven und Wagen genießen. Als unschön empfindet der Rezensent die uneinheitliche Wiedergabegröße der bemaßten Fahrzeugzeichnungen. Die Anzahl der Fahrzeugaufnahmen und -zeichnungen gehört hingegen ausdrücklich gelobt! Vor allem die Mannigfaltigkeit an zwei- und vierachsigen Güter- und Reisezugwagen überrascht übrigens. Die Fülle an Illustrationen aller Kapitel gehört zu den Stärken dieser Auflage mit originellem Layout und vorbildlicher Druckqualität.
Fazit: Das „interdisziplinäre“ Werk überzeugt mit Text und Illustration. Es bietet Kennern wie „Seiteneinsteigern“ eine perfekte Darstellung dieser Kleinbahn und ihres Nachfolgebetriebes – mit der Ehrlichkeit, noch immer offene Forschungsfragen auch zu benennen. So gut müsste jedes Buch sein!
11.12.2018