Kommentar
Kommt jetzt Bewegung in Sachsens Nahverkehrsorganisation?
Anfang November platzte ihm nach eigenem öffentlichen Bekunden der Kragen, so dass Sachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) mit einem durchaus ambitionierten Ansatz an die Öffentlichkeit trat: die Auflösung der fünf ÖPNV-Zweckverbände im Freistaat und Übertragung der Aufgaben auf eine Landesverkehrsgesellschaft.
Nun wird dem geneigten PK-Leser sicherlich in Erinnerung kommen, hier schon früher einen Ruf nach derartiger Vorgehensweise vernommen zu haben. Trotzdem erhebt der Autor darauf nicht den Anspruch, dazu angestiftet zu haben, die sächsische Nahverkehrskirchturmpolitik endlich auf den Prüfstand zu stellen – das hatten die Regierungskoalitionäre durchaus schon in ihrem gemeinsamen Grundlagenpapier stehen.
Nichtsdestotrotz ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe schon erstaunlich, denn gerade einmal ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl (und Regierungsbildung) sowie mit komplett CDU-besetzten Landräten in breiter Front gegen dieses Modell arbeitender Opposition wird es wohl kaum eine Chance geben, dass es kurzfristig umgesetzt werden kann.
Ursache dieser wohl auch durch Emotionen beflügelten Bekanntgabe seitens des Ministers scheint aber nun eine ganz besondere Art der Rosinenpickerei gewesen zu sein, die der egozentrierten Fixiertheit der Zweckverbände noch die Krone aufsetzte. Eine gemeinsam durch die fünf Zweckverbände und das Ministerium besetzte sogenannte „Strategiekommission“ hatte ein Lösungspakt erarbeitet, bei dem fünf Maßnahmen kurzfristig Bewegung in die notwendige Koordinierung von Aufgaben und Aktivitäten im gesamten Land bringen sollten. Als die Geschäftsführer der Zweckverbände nach der Einigung aber kurzerhand von den Gesellschafterlandkreischefs zurückgepfiffen wurden, begann nach Darstellung des Ministeriums ein Herauspicken jeweils genehmer Einzelmaßnahmen.
Auch wenn hier der Ehrlichkeit halber eingewandt werden muss, dass die Überprüfung der Aussagen und die Einholung des Gegenstandpunktes ausgeblieben ist – allein die Kenntnis der bisherigen Landesnahverkehrspolitik lässt die Vermutung zu, dass die genannte Vorgehensweise der Zweckverbände und Landkreise sehr gut ins Bild passt.
Man kann es nur immer wiederholen: Sachsen ist einfach zu klein, als dass ein regionaler Nahverkehr durch fünf Zweckverbände organisiert werden muss. Allein beim Schienenverkehr wird es geradezu albern, wenn dies so kleinteilig betrachtet wird. Vorgebrachte Einwände der Landkreise gegen das Landesverkehrsgesellschaftsmodell, dass damit noch mehr Gelder aus der Fläche auf die drei großen Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz umgelenkt würden, mögen zwar nicht unberechtigt sein. Aber dann muss man eben auch dann als Landkreis gegenüber dem Land seine Ansprüche aktiv einfordern.
Denn ob die durch einige Verbünde bereits übernommene Mehrfachrolle als Auftraggeber, Fahrzeugeigentümer und Auftragnehmer in „beinahe-Personalunion“ (mittels Tochtergesellschaften) wirklich im Interesse aller Beteiligten ist, sei als separate Frage hier ausgeklammert.
Deshalb wünscht der Verfasser also erst einmal der Landesregierung Durchhaltevermögen und Standhaftigkeit bei der Umsetzung dieser Zielstellung. Es gibt definitiv nicht nur Gegner dieser Überlegung.
Nachfolgend Links zu den Internetpräsentationen der Verkehrsverbünde (Links geprüft am 21.12.2018) sowie zur Presseinformation des SMWA des Freistaates Sachsen vom 1.11.2018 für weiterführende Informationen zu diesem Thema.
11.12.2018