Bücher-Markt
Interview zum Buch: Die Schmalspurbahn Gera-Pforten – Wuitz-Mumsdorf
Aktueller Hinweis: Vortragsabend
Am Freitag, 25. Januar 2019, findet um 18 Uhr im Stadtmuseum Gera ein Vortrag zu diesem Thema mit Dietmar Franz und André Marks statt!
Warum erschien ein drittes Buch über die Schmalspurbahn Gera-Pforten – Wuitz-Mumsdorf?
Im Herbst 2018 kam ein drittes Buch über die meterspurige Strecke Gera-Pforten – Wuitz-Mumsdorf in den Handel. Als Autoren werden dieses Mal nur Dietmar Franz und Rainer Heinrich auf dem Cover aufgeführt. Mehreren Redaktionskollegen liegt der von der Verlagsgruppe Bahn (VGB) verlegte 352-Seiten-Wälzer inzwischen vor. Sie konnten sich aber nicht einigen, wer es rezensiert. Daraufhin entschlossen sie sich zu einem Interview mit den beiden Buchautoren, um über die Entstehung, neuen Inhalte und verschiedene Hintergründe zu informieren. PK: Über die GMWE erschien bereits im Jahr 1987 innerhalb der Reihe Transpress-Verkehrsgeschichte ein erstes Buch – 1998 dann beim EK-Verlag eine Auflage mit ähnlichem Umfang in identischer Größe. Zu den Autoren zählte damals jeweils auch Reinhard Taege aus Brandenburg. Warum fehlt sein Name auf dem neuen Buch?
Rainer Heinrich: Während mich Dietmar Franz seit 1987 laufend über neue Forschungsergebnisse informierte, lagen von ihm keine neuen Angaben vor. Außerdem lehnte er eine Mitarbeit aus zeitlichen Gründen ab.
PK: Entfielen dadurch Buchinhalte?
Dietmar Franz: Nein, keinesfalls! Sein Forschungsanteil stand uns zur Verfügung. Im Vergleich zu den bisherigen Auflagen haben wir seine Kapitel aber vollkommen neu geschrieben, so umfangreich und vielfältig waren inzwischen vorliegende Informationen.
PK: Demnach ging die Idee für das dritte Buch von Euch aus?
Dietmar Franz: „Jein“ – ich wollte zwar schon seit mehreren Jahren die neuen Fakten veröffentlichen – aber dafür habe ich begonnen, über aktuelle Forschungsergebnisse zu den Teilgebieten in Zeitschriften zu informieren. Neben Artikeln in der „Museumseisenbahn“ vom DEV sowie im Hirzbergbahn-Infoblatt gab es auch zwei im Preß´-Kurier. Rainer Heinrich: Bei einem Besuch in Fürstenfeldbruck sprach mich Wolfgang Schumacher an, ob wir nicht zum Thema GMWE bei der VGB ein Buch veröffentlichen wollen – allerdings ergänzt um einen Straßenbahnteil. Am Anfang habe ich gar nicht verstanden, wieso er so scharf auf einen Buchteil über die Geraer Straßenbahn war. Er begründete es damit, dass ein solches Buch neben den allgemein interessierten Heimatfreunden sowohl Eisenbahn- als auch die reinen Straßenbahnfreunde als Käufergruppe erreicht.
PK: Und wie habt Ihr auf den Vorschlag reagiert?
Dietmar Franz: Das hat mich riesig gefreut. Gerade der Güterverkehr auf den Gleisen der Straßenbahn lag mir schon länger ganz besonders am Herzen. Dieses Thema in einem Buch gemeinsam mit der Schmalspurbahn darstellen zu dürfen – das waren ideale Voraussetzungen. Zu den Güteranschlüssen in Gera habe ich seit Anfang der 1970er Jahre geforscht. Nach einem 2017 veröffentlichten Beitrag im Infoblatt der IG Hirzbergbahn e. V. wollte ich das Thema vertiefen und ging wieder ins Stadtarchiv. Dort stieß ich auf zahlreiche bisher unbekannte Fakten. Dadurch habe ich im VGB-Buch viele der in der genannten Vereinszeitschrift veröffentlichten Aussagen ergänzen oder korrigieren können.
PK: Und Du, Rainer – für welche Kapitel des Buches bist Du verantwortlich?
Rainer Heinrich: Von mir sind wieder die Texte zu den Lokomotiven und zum Betriebsdienst. Aber auch bei den Wagen habe ich geholfen. Außerdem gibt es erstmals eine Doppelseite zu den regelspurigen Transportwagen für die Schmalspurfahrzeuge. Mit meiner Unterstützung hat Dietmar aber auch die mehrschienigen Weichen in Wuitz-Mumsdorf beschrieben, die mir sehr am Herzen liegen.
PK: Auf welche von Dir, Dietmar, in den Schmalspurbahnteil eingebrachte Dinge bist Du besonders stolz?
Dietmar Franz: Wir haben einen Abriss zur Geschichte des Kohlebergbaus aufgenommen, der fehlte bisher, um den Bau der GMWE zu begreifen. Gefreut habe ich mich auch, dass wir im aktuellen Buch endlich Platz für eine Beschreibung der Ereignisse nach der Stilllegung bekommen haben. Die fehlte im EK-Buch. Knapp 50 Jahre nach der Betriebseinstellung finden die Leser jetzt eine Bestandsaufnahme, was von der ehemaligen Strecke und den Stationen noch vorhanden ist. Vorgestellt werden aber auch alle erhaltenen Fahrzeuge der Schmalspurbahn – im Schwerpunkt die heute bei der IG Hirzbergbahn e. V. stehenden Wagen. Die neuen Informationen zum Verbleib der Fahrzeuge nach 1969 waren für mich auch ein wichtiger Grund, an dem dritten Buch mitzuarbeiten.
PK: Wie Du schon selbst sagst, die Einstellung der Schmalspurbahn jährt sich in diesem Jahr zum 50. Mal. Besteht da wirklich noch ein Bedarf an einem so umfangreichen Buch?
Dietmar Franz: Je mehr Zeit seit der Stilllegung vergeht, desto mehr verschwindet die Erinnerung. Das betrifft übrigens die Schmalspurbahn wie die Straßenbahn gleichermaßen. Es hat mich selbst erschrocken, wie wenig noch von den einstigen Güteranschlüssen in Gera zu sehen ist – und wie trostlos es heute z. B. auf dem ehemaligen Bahnhof Wuitz-Mumsdorf aussieht. Viele jüngere Leute aus der Region wissen gar nicht, dass es die GMWE und den Güterverkehr auf der Straßenbahn einmal gegeben hat. Für die Älteren ist es deshalb eine Erinnerung, was einmal war. Die ersten beiden Auflagen sind vergriffen – das neue Buch ist für jedermann erhältlich. Durch die Vielzahl bisher unveröffentlichter Aufnahmen können sich sowohl die Alten als auch die Jungen ein so genaues Bild von den beschriebenen Dingen machen wie noch nie. Das hilft nicht zuletzt den Vereinen, die sich der GMWE im Modell oder im Original widmen. Für diese ist unser Werk eine riesige Fundgrube! Bei mir sind seit September zahllose begeisterte Rückmeldungen eingegangen – das zeigt mir: Ja, der Bedarf an dem Buch besteht und es war richtig, die Arbeit dafür nochmals aufzunehmen.
PK: Demnach liegt nun aber das wirklich letzte Buch über die GMWE vor?
Rainer Heinrich (lachend): Ja, so lange ich lebe bestimmt! Denn es ist viel wichtiger, über andere Eisenbahnen ebenfalls Bücher mit diesem Niveau zu veröffentlichen. Dietmar Franz: Ich glaube kaum, dass es in den kommenden Jahren soviel neue Erkenntnisse zur GMWE gibt, die eine vierte Auflage rechtfertigen. Das Thema Güterverkehr der Geraer Straßenbahn halte ich hingegen noch nicht für abgeschlossen. Wenn das aktuelle Buch ausverkauft ist und mir wichtige neue Forschungsergebnisse vorliegen – vielleicht entscheidet sich dann die VGB zu einer ergänzten/korrigierten Nachauflage? Wir werden sehen – wichtig ist, dass sich die vorliegende Auflage in den nächsten Monaten gut verkauft!
PK: Habt herzlichen Dank für Eure offenen Antworten – und ich wünsche Euch von Herzen noch viele weitere begeisterte Leserzuschriften.
(Für die Redaktion sprach André Marks mit Rainer Heinrich und Dietmar Franz.)
Angaben zum Buch:
Dietmar Franz/Rainer Heinrich
Die Schmalspurbahn Gera-Pforten – Wuitz-Mumsdorf und der Güterverkehr auf der Geraer Straßenbahn
352 in Leinen gebundene Seiten im Format 22,3 x 29,7 cm mit 650 Fotos, davon 150 in Farbe, sowie etwa 200 Zeichnungen, historischen Faksimiles und Tabellen Verlagsgruppe Bahn Fürstenfeldbruck & Klartext Verlagsgesellschaft Essen 2018. ISBN: 978-3-8375-2029-3 Preis: 59,95 Euro
Das Buch in A4-Höhe, aber mit einer zwei Zentimeter größeren Breite teilt sich in einen etwa 250-seitigen Teil zur Schmalspurbahn sowie in einen knapp 100-seitigen Straßenbahnteil auf. Beide stellen durch Querverweise und die jeweiligen das andere Verkehrsmittel betreffenden Illustrationen jedoch eine Einheit dar. So runden die Aufnahmen der Schmalspurgüterwagen auf der Straßenbahn das Bild der GMWE-Wagen ab – während Aufnahmen vom Straßenbahnteil des Bahnhofes Gera-Pforten dessen Bedeutung unterstreichen. Um möglichst viele bisher unveröffentlichte Aufnahmen zeigen zu können, öffneten dieses Mal Fotografen aus mehreren europäischen Ländern ihre Archive. Dank gebührt diesbezüglich auch Ludger Kenning für mehrere Vermittlungen. Insgesamt enthält das Buch etwa 150 Farb- und 500 Schwarzweißaufnahmen, 50 Wagenzeichnungen sowie je 50 Gleispläne der Schmalspurbahn und der Straßenbahnanschlüsse.
Was gab es in den Auflagen von 1987 und 1998 noch nicht?
479 Aufnahmen der Schmalspurbahn sowie 100 der Straßenbahn waren in den vorangegangenen Auflagen nicht enthalten. Besser illustriert ist u. a. der Betrieb im Bahnhof Wuitz-Mumsdorf einschließlich dem der dortigen Umladerampe. Neben den im Interview genannten Dingen gibt es in diesem Buch erstmals auch Impressionen vom Regelspurbetrieb in Wuitz-Mumsdorf. Im Wagenkapitel sind nun alle eingesetzten Bautypen mit einer maßstäblichen Zeichnung enthalten – mit Bild oder Zeichnung werden nun auch alle nach 1945 von Strecken in Südthüringen nach Gera umgesetzten vierachsigen offenen und gedeckten Güterwagen genau vorgestellt. Nach Auswertung von inzwischen vorliegenden Aufnahmen und Originalzeichnungen sind zahlreiche Wagenzeichnungen grundlegend überarbeitet. Im Text wird u. a. der amtliche Stilllegungsvorgang der Schmalspurbahn nun erstmals korrekt dargestellt, aber auch der Einsatz und Verbleib des Geraer Schienenbusses in der Rbd Greifswald. Mit Text und Bild werden zudem die drei Dieselloks des Ziegelwerkes in Cretzschwitz vorgestellt. (Aufzählung unvollständig)
Bezogen werden kann das Buch über die VGB, aber auch über Buchhandlungen in Gera, Leipzig und weiteren gut sortierten Geschäften in anderen deutschen Städten.
11.12.2018