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Rezensiert: Eisenbahn in der Sächsischen Schweiz, Band 1
Johannes Raddatz
Eisenbahn in der Sächsischen Schweiz, Band 1
272 DIN-A4-Seiten mit ca. 700 Abb. teils farbig VBN Verlag Bernd Neddermeyer, Berlin 2010. ISBN: 978-3-941712-06-5 Preis: 36,80 EUR
Pirna, Bad Schandau/Rathmannsdorf, Sebnitz, Heidenau, Dresden – das sind für den Rezensenten Orte seiner Schul- und Lehrzeit, das ist Heimat. Entsprechend hoch waren seine Erwartungen bei der Lektüre des ersten Bandes der Reihe „Eisenbahn in der Sächsischen Schweiz“. Und vorweg: Sie wurden nicht enttäuscht – im Gegenteil. Mit Johannes Raddatz als Hauptautor und seinen Helfern waren Männer am Werk, die mit hohem Sachverstand und Herzblut zugleich den geschilderten Eisenbahnen ein Denkmal gesetzt haben. Besonders beeindruckend sind die Vielfalt der vorgestellten Aspekte der Streckengeschichte und die Tiefgründigkeit, welche das Buch erreicht. Im Schwerpunkt geht der Band 1 auf die Linie Bodenbach – Dresden, auf die Verbindungsbahn Dresden Hbf – Dresden-Neustadt sowie auf das Industriestammgleis Dresden-Reick – Pirna einschließlich der bisher kaum erwähnten Elbgeländebahn ein. Weitere Kapitel widmen sich den Hochwassern im Elbtal, den Fahrkarten und der Bahnpostbeförderung auf dem Kurs Bodenbach – Dresden. In dem fabelhaften Nachschlagewerk sind einerseits zahlreiche Primärquellen im Originalwortlaut wiedergeben bzw. abgedruckt, andererseits nahm der Hauptautor die Mühe auf sich, eine ganze Flut an Gleisplänen liebevoll und detailreich nachzuzeichnen. Sie enthalten sogar die Gleisführung in den anschließenden Werken – inklusive Drehscheiben und Drehwinkel. Andere Pläne – auch von Eisenbahngebäuden und -brücken – sind unverändert, aber natürlich maßstäblich abgedruckt. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ebenfalls die authentische Streckenskizze des (nicht verwirklichten) Bahnprojektes Dresden-Strehlen – Possendorf – Dippoldiswalde. Ein weiteres Merkmal des Bandes ist die Menge von knapp 700 (!) Aufnahmen mit teils äußerst wertvollen Motiven – z.B. aus Bodenbach oder von einer V60 unter der Dresdner Marienbrücke auf dem Packhof-Zweiggleis. Allerdings stellen die Fotografien zugleich einen Mangel des Buches dar: Weniger, dafür aber größer wäre mehr gewesen! Auch durchliefen scheinbar nicht alle Motive eine professionelle Bildbearbeitung. Erklärbar wird dies, wenn man den Hinweis der Verlegers hört, daß Johannes Raddatz als publizistischer Laie den kompletten Umbruch des Bandes – einschließlich Scannen und Bildbearbeitung – selbst bewerkstelligt habe. In diesem Fall mein Kompliment! Ein solches haben sich die Autoren aber auch dafür verdient, vor dem Druck kaum Rechtschreibfehler übersehen zu haben. Dafür ist ihnen jedoch inhaltlich das eine oder andere Detail durchgerutscht. So ist beispielsweise die Auflistung der zwischen 1848 und 1869 für die Sächsisch-Böhmische Staatseisenbahn gebauten Lokomotiven unvollständig bzw. in den Augen des Rezensenten fehlerhaft. In Bodenbach schloß die Strecke von Dresden 1851 an die „k. k. privilegierte Österreichische Nordwestbahn“ an (privilegierte – nicht „private“) und für die sächs. X V Nr. 181 war die DRG-Nummer 14 202 vorgesehen (nicht 14 201). Die noch betriebsfähigen alten „Hartmann“-Dampfloks fahren in Arabien und Indonesien, aber nicht in Afrika, wie auch die Anzahl der tatsächlich in der von Richard Hartmann gegründeten Maschinenfabrik bis 1929 gebauten Lokomotiven nicht 4699, sondern 4611 beträgt.
Fazit: Eine insgesamt stimmige, fundierte und liebevoll gemachte Fleißarbeit, die ausdrücklich zum Kauf empfohlen werden kann. Sie ist als Nachschlagewerk wie Fundgrube gleichermaßen gut geeignet.
06.02.2011