Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Weißeritztalbahn
Aktuelles zwischen Freital-Hainsberg und Dippoldiswalde aus den vergangenen Monaten
Für den Bahnbetrieb auf dem vorerst bis Dippoldiswalde wieder aufgebauten Teil der Weißeritztalbahn Freital-Hainsberg – Kurort Kipsdorf (HK) genügt der SDG eine Zuggarnitur, um täglich im annähernden 2-Stunden-Takt zu fahren. Die SDG deckt die schwankende Nachfrage mit variabler Zuglänge ab, die abgesehen vom obligatorischen Zugführer-/Gepäckwagen zwischen drei und zehn Personenwagen umfaßt. Da die Kapazität der einzelnen Wagen unterschiedlich ist, werden so zwischen ca. 100 und 450 Sitzplätze je Zug angeboten. Das hat sich an normalen Wochentagen bestens bewährt, an denen bis zu 1000 Fahrgäste mitfahren.
An Feiertagen und verlängerten Wochenenden mit Brückentagen kann jedoch die Nachfrage durch die bis zu 2,5-stündign Lücken des Fahrplans nicht abgedeckt werden. Obwohl für den Ausflugsverkehr im Tal der Roten Weißeritz seit Jahrzehnten Erfahrungswerte vorliegen, ließ es die SDG zu den Osterfeiertagen auf kritische Situationen ankommen. Zwischen Karfreitag und Ostermontag fuhren zwar die Züge in der Hauptverkehrszeit mit elf Personenwagen und kein Fahrgast blieb zurück, doch angesichts der ausgelasteten Züge drehte wohl so mancher potentielle Fahrgast samt seiner Familie ab und lief zu Fuß dem Tagesziel entgegen.
Die SDG beließ es bei diesem Experiment und setzte auf Bestellung des Aufgabenträgers bereits zum nachfolgenden Himmelfahrtstag eine zweite Zuggarnitur ein. Zukünftig wird wohl an wanderfreudigen Feiertagen generell zum Stundentakt übergegangen, vor allem zwischen Freital-Hainsberg und Malter. Als Problem zeichnet sich aber ab, daß der vorhandene Fahrzeugpark enge Grenzen setzt. Für den Fahrgastansturm zum ersten Schmalspurfestival auf dieser Bahn am 18./19. Juli 2009 mußte deshalb ein dritter Wagenzug zum Einsatz kommen, über den die SDG vor Ort nicht verfügt.
Deshalb machte nach 26 Jahren der Radebeuler Traditionszug ein zweites Gastspiel im Weißeritztal, war er doch bereits im Jahre 1983 maßgeblich an den Sonderfahrten der 100-Jahr-Feier beteiligt. Schade nur, daß die Fristen der Schmalspurgüterwagen der HK abgelaufen sind, um mit gemischten Zügen Bahntage pur zu zelebrieren.
Bewußt abwechslungsreichen Bahnbetrieb auf der HK zu erleben, war Veranlassung für den ersten privat bestellten und finanzierten Sonderzug der Neuzeit dieser Bahn, zu der die Professur Eisenbahnwesen der Brandenburgi-schen Technischen Universität (BTU) Cottbus für den 25. April einlud. In alter Tradition gab es für Mitfahrende Scheinein- und Scheinausfahrten und alle Zwischenbahnhöfe wurden fürs Ausweichen der Züge benutzt. Das Schmalspurfestival stand auch im Gedenken an das 125-Jahr-Jubiläum der Bahn, das während der intensiven Bauarbeiten am 3. September 2008 hätte gefeiert werden sollen. Unter dem Management des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO) waren nun alle Städte und Gemeinden entlang der dienstältesten Schmalspurbahn Sachsens mit von der Partie. Nicht nur auf allen Bahnhöfen und Haltepunkten gab es an beiden Tagen ein vielfältiges Programm für Jung und Alt, auch die Museen waren eingebunden und rege besucht! Der Erfinderclub Freital präsentierte erstmals sein Großraumspiel „Weißeritztalbahn“. Im Coßmannsdorfer WeißeritzPark lief ein Grillweltmeister zur Hochform auf.
In Rabenau waren die H0e-Miniaturbahnen des Modellbahnclubs in Aktion zu sehen. „Zu Stuhle“ bat das Deutsche Stuhlbauermuseum mit einer Zeitreise durch 200 Jahre der alltäglichen und kunstvollen hölzernen Vierbeiner. Der Mühlenhof Seifersdorf begrüßte zum Sommerfest und in Dippoldiswalde sorgte Dippold, der Namensgeber der Stadt, für kurzweilige Spaziergänge zwischen Bahnhof und Lohgerbermuseum. Höhepunkt der beiden Tage war ohne Zweifel das nächtliche Spektakel „Malter in Flammen“, das am Sonnabend für reichlich 15 Minuten die Talsperre Malter in opulentes Licht kleidete. Als Bahnbetreiber hat die Sächsische Dampfeisenbahngesellschaft (SDG) gemeinsam mit den beiden Vereinen IG Weißeritztalbahn und Traditionsbahn Radebeul über 50 Zugfahrten an¬geboten. Fahrkarten waren in allen Zügen ohne Aufpreis erhältlich, wie generell bei der SDG. Die IG Weißeritztalbahn öffnete zudem alle vier Agenturen in Freital-Hainsberg, Freital-Coßmannsdorf, Seifersdorf und Malter, in denen auch Souvenirs angeboten wurden, so auch der neue Jahreskalender 2010. An beiden Tagen fuhren Kinder bis 14 Jahren in Begleitung Erwachsener sogar kostenfrei mit – eine besonders familienfreundliche Geste! Ebenso kostenfrei waren die Lokmitfahrten im Bf Freital-Hainsberg.
Im Radebeuler Traditionszug waren erstmals seit Jahrzehnten auf der Weißeritztalbahn zweiachsige Oberlichtwagen eingereiht, so z. B. der Zugführerwagen 1441K der IG Verkehrsgeschichte Wilsdruff e.V. im Sonderzug am Vorabend des Festivals. Als Gastlok war die grüne IV K Nr. 176 (99 1586-9) zusammen mit der Hainsberger 99 1608-1 dem Traditionszug vorgespannt. Bei den Pendelzügen zwischen Freital-Hainsberg und Rabenau fuhren beide Maschinen jeweils als Zug- und Schlußlok. Diese rangierarme Methode hat zwar den Aufwand gesenkt, dafür aber viel vom Reiz des historischen Bahnbetriebs vermissen lassen, der erst recht zur Szenerie eines Traditionszuges gehört. Den zwei schwereren Wagenzügen waren die VII K-Loks vorbehalten (99 1734-5, 99 1746-9 und 99 1771-7). Die Dieselloks L45H-084 sowie Lok 1 der IGW standen im Bahnhof Freital-Hainsberg zum Rangieren zur Verfügung.
Die Gebäude des Bahnhofs Seifersdorf präsentierten sich in Bestform, wenn auch noch längst nicht vollendet. Sie werden von der IG Weißeritztalbahn e. V. umfassend auf Vordermann gebracht. Eine Arbeitsgruppe um Familie Malcherek hat in mühseliger Kleinarbeit unzählige Farbschichten der hölzernen Fassade abgetragen und neuen Anstrich aufgebracht. Klempner und Installateur Axel Arlt und seine Helfer erneuerten die Dachrinnen und Fallrohre. Mit der Übernahme der Materialkosten und der Handwerkleistungen hat sich die SDG eindrucksvoll für den Erhalt des Seifersdorfer Bahnhofsensembles bekannt. Gleiches scheint sich für den Bahnhof Malter abzeichnen.
Eines darf bei aller Euphorie der beiden Festivaltage jedoch nicht vergessen werden – die Weißeritztalbahn hat ihre beiden Endbahnhöfe in Freital-Hainsberg und im Kurort Kipsdorf. Und noch immer ist Kurort Kipsdorf ohne Bahnanschluß! Dafür fehlt noch der Wiederaufbau eines rund 11 km langen Streckenteils. Von der sächsischen Landespolitik längst und wiederholt versprochen, liegen angesichts ruhender Baustellen und ausbleibender Gäste nicht nur bei so manchem Hotelier und Gastwirt die Nerven blank, wie auf einer Mahnwache am 14. Juni öffentlich kundgetan. Mögen nachfolgende Schmalspurfestivals dieser Bahn auch alle Orte bis hinauf nach Kurort Kipsdorf in Hochstimmung versetzen! Vielleicht gibt es dazu bereits Gelegenheit im nächsten Jahr, beim 2. Schmalspurbahnfestival am 17. und 18. Juli 2010!
09.08.2009