Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Projekt Museum Friedländer Bezirksbahn
Im Anschluß an die sächsische Schmalspurlinie Zittau – Reichenau errichteten im angrenzenden Böhmen die Friedländer Bezirksbahnen 1900 eine 750-mm-Strecke, die in Friedland ihren Ausgang nahm. In Hermsdorf in Böhmen trafen sich beide Strecken, wobei es nur im Krieg durchgehende Züge von Zittau nach Friedland gegeben haben soll. Nach der neuen Grenzziehung zwischen Deutschland und Polen im Mai 1945 verlor die sächsische Strecke rasch an Bedeutung, aber auch auf böhmischer Seite überdauerte die Schmalspurbahn nicht bis in die heutige Zeit. Hier sind ebenfalls inzwischen fast alle Gleise abgetragen und viele Eisenbahngebäude verfallen.
Nun wollen einige tschechische Eisenbahnfreunde diese 750-mm-Bahn wieder in Erinnerung rufen! Dazu haben sie vom Förderverein „Wilder Robert“ e. V. aus Oschatz die 1946 gebaute Schmalspurdiesellok vom Typ HF 130 C erworben, die 1991 von einem Privatmann aus der Schweiz von der Rheinregulierungsbahn nach Sachsen geholt worden war. Die unter der Fabriknummer 4234 von Gmeinder gebaute Maschine wurde bei der IG Preßnitztalbahn e. V. kurzzeitig mal inoffiziell für Rangierarbeiten genutzt, aber dann 1994 nach Oschatz überführt. Aufgrund unvollständiger Betriebsunterlagen unterblieb hier ebenfalls ein Streckeneinsatz, so daß die Lokomotive fast vergessen viele Jahre im Oschatzer Heizhaus auf besser Zeiten wartete.

Diese sollen für die HF-Lok nun überraschenderweise in der Tschechischen Republik kommen! Am 23. August wurde sie von Oschatz nach Friedland in Böhmen transportiert. Hier wurde sie auf dem noch vorhandenen Schmalspurgleis im Lokschuppen untergestellt. Die tschechischen Eisenbahnfreunde wollen sie hier betriebsfähig aufarbeiten und langfristig auf einem kleinen Abschnitt der ehemaligen Bezirksbahn sogar einsetzen, wozu ein Verein gegründet werden soll. Übrigens hätte der Einsatz einer HF 130 C auf dieser Linie sogar ein historisches Vorbild! Im Mai 1948 lieferte die Firma Gmeinder eine unter der Fabriknummer 4343 hergestellte baugleiche Maschine an die CSD, die unter der Betriebsnummer T36.001 in den tschechoslowakischen Staatsbahnbestand eingereiht wurde. Von Mai 1948 bis April 1953 bespannte sie Güterzüge von Hermsdorf, wo sich ein Steinbruch befand, nach Friedland und zurück.
Der Reiseverkehr auf der ehemaligen Bezirksbahn war 1947 eingestellt, dann aber von 1957 bis 1976 wieder aufgenommen worden. Die HF 130 C diente allerdings stets nur dem Güterverkehr. Nach einer längeren Abstellzeit wurde sie im August 1954 nach Beraun gebraucht, wo sie auf einer 750-mm-Industriebahn zum Einsatz kam (u. a. mit 99 554, die 1945 als Kriegsbeute in der Tschechoslowakei geblieben war). Somit ist der Verkauf der HF-Diesellok nach Friedland ein interessanter Ansatz, auf ein interessantes Detail der Eisenbahngeschichte Böhmens aufmerksam zu machen.
27.09.2004