Stillgelegte Eisenbahnstrecken heute
Plattentalbahn | Abzweig Plattenthal – Königswalde unt. Bf.
Stillgelegte Nebenbahnen heute (Teil XIX)
In voller Länge existierte sie nur zwischen 1928 und 1951 – die Plattentalbahn – eine normalspurige Nebenbahn vom Abzweig Plattenthal über Geyersdorf-Mildenau bis nach Königswalde (Erzgeb) unterer Bahnhof. Die Strecke zweigte am km 9,7 der AF-Linie (Annaberg – Flöha) zwischen den Stationen Wolkenstein und Thermalbad Wiesenbad von der Zschopautalbahn ab. Wegen ihrer kurzen Betriebszeit, einer relativ unspektakulären Streckenführung und einer fast ausnahmslosen Bedeutung im regionalen Güterverkehr stand sie nie im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses, und so ist es heute auch schwer, über diese Strecke Material zusammenzutragen. Erbaut in der wirtschaftlich schwierigen Zeit der Weimarer Republik, ist es erklärlich, daß die Errichtung dieser insgesamt nur 7,8 km langen Strecke in drei Etappen erfolgte und von der ersten Verordnung zum Bau des Anschlußgleises ins Plattental und der Ankunft des ersten Zuges in der Endstation Königswalde unt. Bf. stolze 15½ Jahre vergingen. Die Eröffnungsdaten der einzelnen Streckenabschnitte in Kurzform: Abzweigstelle Plattenthal – Ladestelle Plattenthal 1. Mai 1914, Ladestelle Plattenthal – Geyersdorf-Mildenau 15. November 1923, Geyersdorf-Mildenau – Königswalde unt. Bf. 15. Mai 1928. Letzterer Abschnitt wurde bereits 1951 wieder abgebaut, zwischen Geyersdorf-Mildenau und der Ladestelle Plattenthal fuhr im Juni 1971 der letzte Zug. Die Ladestelle Plattenthal wurde noch bis zum 25. November 1995 bedient.
Am Abzweig der Plattentalbahn stand ein großes Abzweigstellwerk, welches jedoch bereits Anfang der neunziger Jahre abgerissen wurde. Die Abzweigweiche baute man im Juni 2002 aus. Heute liegen die Gleise, stark verwuchert, noch zwischen der ehemaligen Abzweigstelle und der am km 2,25 befindlichen Anschlußstelle der Firma Brandt (ehemals Leichtbauplattenwerk). Auf diesem Abschnitt, nachdem die Bahn auf einer Blechträgerbrücke das erste Mal den Pöhlbach querte, kommen wir am km 1,1 an der baulich noch heute existierenden niveaugleichen Schienenkreuzung zwischen der Normalspur- und der 500-mm-spurigen Anschlußbahn der Ziegelei Wiesenbad vorbei. Hier hatten einst die Feldbahnzüge Vorrang vor den Regelspurfahrzeugen. Folgen wir der Strecke weiter, kommen wir am km 1,4 zum ehemaligen Anschlußgleis der Ziegelei Wiesenbad. Hier stehen heute noch sechs – in Privatbesitz befindliche – ehemalige Bauzugwagen und zwei SKL der Baumechanik Radebeul. Nach der folgenden Steigung passieren wir am km 1,9 die ehemalige Ladestelle Plattenthal. Hier befand sich von Mitte der siebziger bis Anfang der neunziger Jahre eine Verladeanlage, auf der Betonfertigteile für den Wohnungsneubau im Kreis Annaberg von der Bahn auf spezielle Straßentieflader umgeladen wurden. Ehe man zum am km 2,2 gelegenen Anschluß der Firma Brandt gelangt, überquert man auf einer Steinbogenbrücke ein zweites und letztes Mal den Pöhlbach.
Die Bahn folgte nun am Osthang weiter dem Pöhlbachtal, überquert dabei u. a. auf einer kleinen Stampfbetonbrücke den Betriebsgrabenzufluß der Firma Brandt.
Auf diesem Streckenabschnitt bis nach Königswalde unt. Bf. lohnt heute eine Wanderung oder ein Fahrradausflug. Der Annaberger Ornithologenverein hat hier auf dem ehemaligen Gleisplanum einen Vogellehrpfad eingerichtet. Vor Erreichen des ehemaligen, am km 4,3 gelegenen Bahnhofes Geyersdorf-Mildenau erinnert uns noch ein Widerlager an die dortige Blechträgerbrücke über die Straße nach Marienberg. Das talseitige Widerlager riß man im Jahr 1995 ab. Wer im einstigen Bahnhof genau sucht, wird auch im 32. Jahr nach dem Rückbau der Gleise noch manches Relikt der vergangenen Eisenbahnepoche entdecken, sei es der aus Feldsteinen gemauerte Prellbock am Anschlußgleis der BHG oder ein Gleisrest in der Ausfahrt Richtung Königswalde.
Der folgende 3,5 km lange Abschnitt bis Königswalde unt. Bf. bietet keine baulichen Höhepunkte, nur eine kleine Steinbogenbrücke mit zirka vier Metern Spannweite kurz vor Erreichen des ehemaligen Endpunktes. Es bietet sich an, die Reise auf der einstigen Plattentalbahn an diesem Punkt zu beenden und ggf. nach links auf die Verbindungsstraße Richtung Ortsmitte auszuweichen. Den Bahnhofsplatz im ehemaligen Endpunkt Königswalde unt. Bf. nutzt heute ein Bauunternehmen als Baustofflager. Der baulich interessante, provisorische, aus mehreren alten Wagenkästen errichtete Güterschuppen wurde Ende der neunziger Jahre abgerissen.
31.07.2004