Eisenbahn-Geschichte
Vor 30 Jahren: Drei Dieselloks vom Typ HF130C kommen nach Sachsen
Ende Januar 1991 erreichten drei 750-mm-spurige ehemalige Heeresfeldbahnlokomotiven vom Typ HF130C aus der Schweiz den Freistaat Sachsen. Jörg Seidel als Hauptinitiator dieser Aktion erinnert sich.
Schon im Sommer 1990 bereiste ich das Erzgebirge, um die Heimat meiner Familie kennenzulernen. Nebenbei besuchte ich auch die Schmalspurbahnen und Eisenbahnmuseen. In Rittersgrün und bei der IG Preßnitztalbahn in Großrückerswalde erzählte man mir von der bislang erfolglosen Suche nach einer kleinen Diesellok für Rangier- und Fahrzwecke. Die zu dieser Zeit in Sachsen vorhandenen Loks der LKM-Bauarten Ns4 und V10C waren für Vereine damals noch nicht verfügbar. Doch ich hatte schon 1988/89 von drei in der Schweiz abgestellten Diesellokomotiven der Bauart HF130C mit 750 mm Spurweite gehört, die zum Verkauf standen. Wie Gespräche mit dem Verkäufer ergaben, sollten diese Loks allerdings nur en bloc abgegeben werden. Bei den Loks handelte es sich um zuletzt von der Rheinbauleitung Rorschach der Sankt Gallischen Rheinkorrektion genutzte Fahrzeuge. Ab 1967 hatten sie dem Bau der Rheintalautobahn N13 gedient. Als der Gleisbetrieb 1972 geendet hatte, veräußerte sie die Rheinbauleitung an den Verkäufer zurück. Dabei handelte es sich um die Schlatter AG in Münchwilen im Schweizer Aargau. Dieses Unternehmen handelt überwiegend mit Stollenbau-Materialien. Da die Loks über einen Stangenantrieb verfügen, waren sie für den Stollenbau jedoch nicht verwendbar und standen viele Jahre auf dem Lagerplatz des Unternehmens.
Interesse aus Sachsen
Sowohl das Museum in Rittersgrün als auch Mitglieder der IG Preßnitztalbahn e. V. (IGP) in Großrückerswalde waren an der Übernahme einer Lok interessiert, die dritte Lok wollte ich selbst übernehmen. Die Währungsunion und die Wiedervereinigung im Jahr 1990 brachten die finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen für das Vorhaben. Der von Herrn Schlatter gewünschte Im-Block-Verkauf war möglich. Das Problem stellten die 1990/91 nicht vorhandenen Kommunikationsmittel dar: Handy, E-Mail und Fax gab es noch nicht, Privattelefone waren in den neuen Bundesländern eher selten. Doch immerhin verfügten das Rittersgrüner Museum und der damalige Museumsleiter über einen Telefonanschluss. Schwierig war die Kommunikation mit der IGP. Mein dortiger Kontaktmann und Käufer der Lok (Rainer Wiegand) war damals Lokführer bei der Deutschen Reichsbahn und meist nur brieflich erreichbar. Trotzdem haben wir es geschafft. Auf Anregung von Herrn Schlatter planten wir einen Transport der Lokomotiven mit der Eisenbahn. Alle drei Fahrzeuge sollten vom Bahnhof Laufenburg in der Schweiz zunächst nach Grünstädtel gehen. Dort gab es eine leistungsfähige Verladeanlage des Formenbaus Schwarzenberg. Die Güterabfertigung in Grünstädtel hatte sogar beim Bau des Pumpspeicherwerkes Markersbach bereits Erfahrungen mit Transporten aus der Schweiz gesammelt. So konnte auch die Verzollung gut gelöst werden.
Verbleib der Loks
Nach der Ankunft gelangten die Lokomotiven „Churfirsten“ (Gmeinder 4005/1943) und „Falknis“ (Gmeinder 4233/1946) am 30. Januar 1991 nach Rittersgrün. Die Schwesterlok „Pizol“ (Gmeinder 4234/1946) kam im Juli 1991 nach Jöhstadt. Im Mai 1993 gab sie Rainer Wiegand nach Oschatz weiter, wo sie ins Eigentum des Fördervereins Wilder Robert e. V. überging. Dieser verkaufte sie im Frühjahr 2004 an den tschechischen Verein Friedländer Bezirksbahnen, der diese nun als T36.002 beschilderte HF130C derzeit in Bertsdorf unter Leitung vom Interessenverband der Zittauer Schmalspurbahnen e. V. betriebsfähig aufarbeiten lässt. In der Obhut dieses Vereins befindet sich in Bertsdorf auch die Lok 4233, deren Eigentümer unverändert Jörg Seidel ist. Dieser hatte diese Maschine zuvor von 2000 bis 2010 an den Förderverein zur Erhaltung der RüKB verliehen. Dort erhielt sie in Zweitbesetzung die Nummer Köf 6001. Die Lok 4005 befindet sich hingegen seit 1991 stets in Rittersgrün.
13.02.2021