Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Traditionsverein Kleinbahn des Kreises Jerichow I e. V. (KJI-Verein)
Im Rahmen des am 15./16. September in Magdeburgerforth gefeierten Bahnhofsfestes präsentierte der Traditionsverein Kleinbahn des Kreises Jerichow I e. V. (KJI-Verein) seine zweiachsige Dampflok 99 4721 ohne Kesselverkleidung und Führerhaus. In diesem Zustand lassen sich nun die für eine Inbetriebnahme des B-Kupplers notwendigen Arbeitsschritte besser ermitteln und festlegen. In den Jahren 2005/06 war die in Deutschland letztmalig um 1960 in Betrieb stehende Dampflok von der Firma S. C. Calea Ferata Ingusta im rumänischen Brad nach dort üblichen Vorstellungen im Auftrag des damaligen Betreibers der Rügenschen Kleinbahn betriebsfähig aufgearbeitet worden – einschließlich Probefahrt im verschneiten Siebenbürgen. Doch nach ihrer Ankunft in Putbus verweigerte die Aufsichtsbehörde in Mecklenburg-Vorpommern eine Inbetriebnahme der in Zweitbesetzung als „99 4603“ beschilderten Maschine. Nach der Übernahme der Betriebsführung der Schmalspurbahn (Lauterbach Mole –) Putbus – Göhren durch die PRESS bzw. RüBB im Jahr 2008 hatte der vorherige Betreiber für die Lokomotive keine Verwendung mehr. Gemeinsam mit anderen Fahrzeugen stand sie mehrere Jahre auf einem Ausziehgleis in Putbus.
Zum 10. Juli 2014 übernahm die PRESS das Eigentum an der Lok und brachte sie im Oktober 2014 zunächst nach Mesendorf zum Pollo. Da dort an einem Einsatz dieser Maschine kein Interesse bestand, gelangte sie im Februar 2015 nach Magdeburgerforth zum KJI-Verein. Dieser wies ihr in Zweitbesetzung die Nummer 99 4721 zu und möchte sie in den nächsten Monaten betriebsfähig aufarbeiten. Ziel ist eine Inbetriebnahme im Jahr 2019. Der B-Kuppler vom Henschel-Typ „Preller“ war 1935 werksneu als Lok 7 an eine Baustelle der Leonhard Moll KG in München geliefert worden. Anfang der sechziger Jahre befand sie sich im Eigentum einer Schrottfirma in München-Moosach, später stand die Lok als Denkmal in München-Oberföhring. Im Jahr 1995 erwarb ein Wiener Eisenbahnfreund die Maschine und brachte sie zur niederösterreichischen Höllentalbahn. Dort erwarb sie Hermann Schöntag und ließ sie für einen Einsatz auf der Insel Rügen in Rumänien betriebsfähig aufarbeiten und äußerlich der 1968 verschrotteten Lok 99 4603 anpassen.
Daten der mit der Lok im Zusammenhang stehenden Maschinen
- originale 99 4603: Henschel 1912/11347, 10.10.1968 im Raw Görlitz verschrottet
- originale 99 4721: Henschel 1922/19514, bis 1990 in Halberstadt verschrottet
- aktuelle 99 4721: Henschel 1935/22619, Typ „Preller“
Die originale 99 4721 der Rbd Magdeburg war im Jahr 1922 von Henschel & Sohn an die Baufirma Polensky & Zöllner geliefert worden. Mit einer Schwesterlokomotive half sie bis Anfang 1937 beim Bau des Abschnittes Magdeburg – Helmstedt der Reichsautobahn Berlin – Hannover, anschließend auf einer anderen Baustelle. Im Jahr 1940 kamen beide Loks nach Hillersleben bei Haldensleben am Rande des Militärgeländes Colbitz-Letzlinger Heide. Polensky & Zöllner setzte sie dort vor Bauzügen im Bereich der Heeresversuchsanlage ein. Kurz vor Kriegsende 1945 sprengte die Wehrmacht die Anlagen in Hillersleben. Später übergab die Sowjetarmee beide B-Kuppler dem Landkreis Haldensleben, der sie im April 1948 für den Betrieb auf den ehemaligen KJI zur Verfügung stellte. Dort ging nur die bisher genannte Maschine als KJI Nr. 22 in Betrieb (ab 1950 als 99 4401, ab 1955 als 99 4721 geführt), während die bei der Sprengung 1945 beschädigte Schwesterlok verschrottet wurde. Nach Einstellung (1965) und Abbau des Burger Schmalspurnetzes (1966/67) musterte die DR die 99 4721 am 2. Mai 1967 aus. Anschließend kam der B-Kuppler nach Halberstadt, wo ihn eine Feierabendbrigade bis zum 5. Juli 1967 äußerlich aufarbeitete. Am nächsten Tag wurde die Lok in den Halberstädter Klusbergen auf dem Spielplatz der Touristenstation der Jungen Pioniere aufgestellt, die 1975 schloss. Anschließend verfiel die Lok, ihre letzten Reste wurden im Frühjahr 1990 entfernt.
11.10.2018