Bücher-Markt
Rezensiert: Kleinbahnreise durch die Prignitz
Ludger Kenning
Kleinbahnreise durch die Prignitz
überarbeitete und erweiterte Neuauflage
480 Seiten, 25 x 21 cm gebunden, 421 Farb- und 344 Schwarzweißfotos, 53 Tabellen sowie 109 Skizzen Verlag Kenning, Nordhorn 2018. ISBN 978-3-944390-09-3 Preis: 58,95 Euro
Vor fünf Jahren legte Ludger Kenning unter diesem Titel bereits ein bildbandartiges Buch im gleichen Format mit 368 Seiten vor. Neben allen schmalspurigen Strecken sind darin auch die regelspurigen Kleinbahnen in der Prignitz enthalten (Anteil gefühlt fünf bis zehn Prozent). Nachdem dieses Werk rasch vergriffen war, entschied sich der Autor und zugleich Verleger für eine überarbeitete und erweiterte Neuauflage, da es einerseits neue Forschungsergebnisse sowie aktuelle Entwicklungen bei der Museumsbahn gibt und er andererseits auf bisher unveröffentlichte wertvolle Fotos gestoßen ist.
Im Sommer 2018 erschien nun diese Neuauflage – und beeindruckt in vielerlei Hinsicht: So liefert Ludger Kenning für einen um zehn Euro erhöhten Verkaufspreis ein 112 Seiten umfangreicheres Werk mit nun mehrheitlich farbigen Abbildungen. Zwei Drittel aller Illustrationen waren im 2013 erschienenen Buch nicht enthalten – und die Fehlerquote in den Texten tendiert nun gegen Null. Gerade letzter Aspekt verdient Anerkennung, daran sollten sich viele Verlage ein Beispiel nehmen. Dabei ist ein solches Ergebnis ganz einfach zu erreichen: Ein Autor muss sich lediglich dessen bewusst sein, dass er allein niemals auf allen Gebieten alles weiß und er als Mensch trotz aller guten Vorsätze immer Fehler produzieren wird. Hat er das erkannt, dann muss er sich nur noch die Mühe machen, alle Texte im Idealfall von mehreren Experten für ein jeweiliges Themengebiet vor dem Druck Korrektur lesen zu lassen. Tauchen dabei Widersprüche auf, dann ist das eine ideale Gelegenheit, um die Wahrheit zu ermitteln und fehlerhafte Ansichten zu verwerfen. Der letzte Trick auf dem Weg zu einem fehlerarmen Buch lautet: Alle korrigierten Texte müssen den betreffenden Experten nochmals vorliegen. Das merzt Übermittlungsfehler und bei der Korrektur unbeabsichtigt erzeugte Patzer aus.
Ludger Kenning hat sich die Zeit für mehrere derartige Korrekturläufe mit mehr als einem Dutzend Kennern der Kleinbahnen in der Prignitz genommen. Einer seiner Helfer hat aber eine Korrektur nicht kontrolliert. So wird für die Lok 99 4712 auf Seite 266 irrtümlich der Februar 1937 anstatt der Oktober 1938 als Übergabedatum von den ČSD an die DRB genannt.
Nun zur Illustration des Buches: Wie in der Auflage von 2013 machen Aufnahmen vor 1945 gefühlt fünf Prozent aus, der Schwerpunkt liegt also auf den DDR-Jahrzehnten sowie auf der Museumsbahnära. Alle Schwarzweißaufnahmen kommen nunmehr drucktechnisch gesehen als Farbbilder mit einheitlich braunem Farbstich zum Abdruck. Das verleiht ihnen mehr Tiefe und steigert den Genuss beim Betrachten. Letzteren prägen auch die Farbaufnahmen. Aus der DDR-Zeit sind vor allem solche mit IV K und den Maschinen 99 4511 und 99 4701 bekannt. Ludger Kenning präsentiert nun aber auch alle anderen nach 1949 in der Prignitz eingesetzten Loks und Triebwagen häufig in Farbe. Selbst im 55-seitigen Wagenkapitel sind oft farbige Fotos zu finden. Lob verdient bei allen Farbaufnahmen die Bildbearbeitung, deren Umfang von vielen anderen Verlagen leider abgelehnt wird.
Das Wort „Bildband“ greift für das Buch erneut zu kurz, da es Gleispläne aller Stationen, unzählige Zeichnungen von Gebäuden und einiger Loks, Fahrpläne sowie Tabellen enthält. Dadurch bietet sich der 480-Seiten-Wälzer auch als Nachschlagewerk an. Die besonders hervorragend illustrierten Kapitel über die Museumsbahnära können dabei nicht zuletzt aufgrund der Tabellen sogar als Vereinschronik empfohlen werden. Fazit: Knapp 60 Euro sind viel Geld – aber diese 480 Seiten sind jeden Cent wert. Aufgrund der geringen Schnittmenge an Fotos mit der Auflage von 2013 sowie der aktualisierten Fakten ist der Rezensent sehr glücklich, ein Exemplar zu besitzen. Wer sich etwas Gutes leisten möchte, der greife zu, ehe auch diese Auflage wieder vergriffen ist!
11.10.2018