Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Prignitzer Kleinbahnmuseum Lindenberg e. V. (PKML)
20 Jahre Prignitzer Kleinbahnmuseum Lindenberg e.V.
Die Überschrift allein spricht nicht jeden Eisenbahnkenner an, denn den meisten Fans ist dieser Verein mehr unter dem Namen „Pollo“ ein Begriff. Im Mai feierten die Mitglieder des Prignitzer Kleinbahnmuseum Lindenberg e. V. (PKML) ihr 20-jähriges Vereinsbestehen mit einer zünftigen Festwoche. Vom 3. bis zum 12. Mai wurde aus diesem Anlass mehr als eine Woche entlang der Strecke zwischen Lindenberg und Mesendorf ein vielseitiges Programm für Eisenbahnfreunde und Familien geboten. Plan- und Sonderzüge sowie Rangier- und Schaufahrten – alles wurde bewegt. Und zu bewegen gab es diesmal viel. Neben den vereinseigenen Fahrzeugen gaben sich in diesem Jahr so viele Gastfahrzeuge die Ehre wie noch nie. Allein drei Dampflokomotiven aus Sachsen unterstützten den Festverkehr. Als Prignitzer Original war 99 4511 von der IG Preßnitztalbahn e. V. aus Jöhstadt zu Besuch. Sie kam hauptsächlich vor dem saugluftgebremsten Personenzug zum Einsatz. Des Weiteren waren zwei Lokomotiven der sächsischen Gattung IV K auf der knapp neun Kilometer langen Strecke unterwegs: 99 608 der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft aus Freital und 99 574 der Döllnitzbahn aus Mügeln. Während 99 4511 und 99 608 wie die in Vereinseigentum befindliche, aber nicht betriebsfähige 99 4644 mit der Rauchkammer in Richtung Lindenberg auf die Gleise der Museumsbahn gesetzt wurden, zeigte die Rauchkammer von 99 574 in Richtung Pritzwalk. Dadurch waren mit den beiden IV K Vorspannleistungen Kohlekasten an Kohlekasten bzw. Rauchkammer an Rauchkammer möglich, was in Sachsen früher lediglich bei Überführungen vom Wilsdruffer zum Mügelner Netz zu erleben war.
Um zwei Personenzüge bilden zu können, gab es ebenfalls Unterstützung aus Sachsen: Die IG Preßnitztalbahn e. V. stellte ihren holzbeplankten Traglastenwagen 970-583 und die Döllnitzbahn gemeinsam mit dem Förderverein „Wilder Robert“ e. V. den blechverkleideten Schwesterwagen 970-277 für die Fahrten im Mai leihweise zur Verfügung. Beide Vierachser ergänzten den Park der vorhandenen Reisezugwagen. Der in den vergangenen Jahren neu aufgebaute Oberlichtwagen 970-855´´ des PKML bewährte sich in der Festwoche ebenso wie der neu aufgebaute Stangenwagen 97-55-16´´. Die Personenzüge legten im Mai insgesamt 800 km zurück, darin wurden über 2100 Fahrgäste befördert. Die zwei Güterzugveranstaltungen wurden ebenfalls gut angenommen. Die Themen „Fahrbetrieb der 60er Jahre“ und „Rollwagenverkehr“ sprachen die 220 Fotofreunde meist positiv an. Der Zugbetrieb begann an diesen Tagen dabei jeweils am frühen Morgen. Insgesamt legten die Güterzüge im Mai 900 km zurück. Neben dem Eisenbahnbetrieb wurden unzählige „Nebenschauplätze“ belebt. Von kleinen Imbissen bis zum großen Festzelt mit buntem Programm, vom kleinen Verkaufsstand bis zur Modelleisenbahnausstellung im großen Saal – es war für jeden etwas dabei.
Im Bahnhof Mesendorf präsentierten Eisenbahnfreunde zwei 750-mm-Werklokomotiven vom Typ EL9 aus dem Mansfelder Land. Die Akkulokomotiven leisteten einst in Betrieben des Kupferbergbaureviers leichte Verschubdienste. Aufgrund ihrer schmalen Ausführung, geringen Leistung sowie fehlender technischer Ausrüstungen sind sie für einen Streckendienst weder brauchbar noch zugelassen. Dennoch waren die beiden orange lackierten Fahrzeuge im Mai eine willkommene Bereicherung. Sie dienten in Mesendorf als Ausstellungsobjekte oder übernahmen kurze Schaufahrten im Bahnhofsbereich. Ein weiterer Blickfang war das Bahnhofsgebäude von Lindenberg. Nein, ein richtiges Gebäude stand dort nicht wirklich. Erst beim genauen Hinsehen haben viele Besucher erkannt, dass es sich um das Leichtbauzelt handelt, welches das Stationsgebäude von Schmalzgrube im Preßnitztal im Maßstab von 1:1 abbildet. In diesem Zelt befand sich neben den Werbe- und Verkaufsständen sächsischer Vereine eine Fotoausstellung über das Pollo-Vereinsleben der vergangenen 20 Jahre. Die gut 300 zusammengetragenen Bilder in A5-Format beeindruckten die Besucher durch ihre Motivvielfalt sowie den hohen Anteil von Aufnahmen mit den Vereinsmitgliedern und luden zum Verweilen ein. Die Eröffnungsveranstaltung am Abend des 3. Mai im restlos gefüllten Saal der Gaststätte Lamprecht bot ebenfalls einen Rückblick und eine Vorschau auf das Vereinsleben. Im Rahmen der abendlichen Abschlussveranstaltung am 11. Mai wurde ein Höhenfeuerwerk gezündet. Alle Gastfahrzeuge sind inzwischen wieder zu ihren Eigentümern zurückgekehrt.
Lindenberg verfügt seit Mai 2013 über ein betriebsfähiges Einfahrtsignal. Foto: A. Marks
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Nach zehn Tagen voller Fahrbetrieb und Feststimmung gebührt dem Pollo-Verein absoluter Respekt. Er hat es wie kaum ein anderer Verein geschafft, Menschen in eine Region zu holen, die nicht zu den touristischen Hochburgen zählt. Die personelle Unterstützung befreundeter Eisenbahnvereine zeigt einmal mehr, wie sehr dieses Hobby verbindet und wie ausgeprägt die Freundschaft zwischen den Museumseisenbahnern ist. Alle Jubiläumsveranstaltungen wurden sehr kurzweilig und feierlich gestaltet. Es war schön, unter den Gästen Berufseisenbahner und Museumsbahner von Rügen, aus Mansfeld, Gramzow sowie von zahlreichen sächsischen Vereinen zu finden. Die Stimmung unter den Besuchern wie Gastgebern war von großer Harmonie geprägt – unqualifizierte Kommentare gaben lediglich die „Meckerer vom Dienst“ ab, die nicht anders können. Dem bekannten Filmer Joachim Schmidt war seine Begeisterung für den Pollo förmlich anzusehen. Hoffen wir, dass seine Filmsequenzen bald auf einer DVD zu kaufen sein werden. Dass die Bewirtung und das Rahmenprogramm im Gasthof Lamprecht perfekt abgestimmt waren, sei hier am Rande ebenfalls mit erwähnt, was auch die Abende dort unvergesslich machte. Letztendlich ließ sich fast jeder Schmalspurbahnfreund, der seinem Hobby ernsthaft nachgeht, im Laufe der Festwoche einmal in der Prignitz sehen. Auch das stellt eine Würdigung des in den vergangenen 20 Jahren Geleisteten dar! Großen Anteil daran, dass der Nimbus des Pollo uns heute in seinen Bann zieht, hat der im vorigen Jahr verstorbene langjährige Vereinsvorsitzende Stefan Hoeppner. So sehr es schmerzte, ihn das Jubiläum nicht mehr erleben zu sehen, so schön war es, wie viele Personen sein Wirken nochmals würdigten. Und dass Sven Lieberenz der richtige Mann ist, sein Vermächtnis fortzuführen – das hat dieser im Mai nun auch dem letzten Zweifler bewiesen! Viel Erfolg bei Eurer weiteren Arbeit, liebe Freunde vom Pollo-Verein!
09.06.2013