Preßnitztalbahn aktuell
Projekt „Neuer Bahnhof Jöhstadt“
Es gibt endlich eine Perspektive für einen neuen, kompletten Bahnhof der Preßnitztalbahn in Jöhstadt! Eine sehr wichtige Voraussetzung dafür wurde in den vergangenen Monaten geschaffen: die Eigentumsübernahme des Wohnblocks auf dem Bahnhofsgelände von Jöhstadt.
Veränderte Verhältnisse auf dem alten Bahnhofsgelände
Seit den ersten öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der IG Preßnitztalbahn e.V. auf dem Jöhstädter Bahnhofsgelände zu Pfingsten 1992 wurde die beengte Fläche in unzählige Fotos und Filmaufnahmen dokumentiert. Zwischen dem vermeintlich endgültigen Abschied von der Schmalspurbahn aus Jöhstadt 1984 und der ersten bewussten Wahrnehmung Jöhstadts durch Eisenbahninteressierten nach 1990 waren nur acht Jahre vergangen. Doch das Gelände hatte sich in dieser Zeit verändert. Vom Sommer 1988 bis zum Frühjahr 1989 wurden im Rahmen des Wohnungsbauprogrammes der DDR neue Fakten geschaffen. Zwischen dem Bahnhofsgebäude und der Lokschuppenruine stand nun ein viergeschossiger Plattenbau mit 33 Wohnungen. Genau zwei Jahre, nachdem die letzten Wohnungen übergeben worden waren und ein knappes Jahr, nachdem sich der das Bauvorhaben auslösende Staat verflüchtigt hatte, begannen auf dem verbliebenen Reststück des Bahnhofsgeländes vor dem Lokschuppen erste Arbeiten. Der Bürgermeister von Jöhstadt, Günter Baumann, hatte den Eisenbahnfreunden der IG Preßnitztalbahn e.V. die Nutzung der Lokschuppenruine ermöglicht. Das Risiko war zunächst überschaubar, bei einem Fehlschlag hätte man nur den „neu hinzugekommenen und den alten Müll“ zusammen beseitigen müssen.
Dass es nicht dazu kam, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Und mit den beengten Verhältnissen musste sich arrangiert werden. Die im Sommer 1991 angestoßene Gleisplanung für den Lokbahnhof hatte mit vielen Zwangspunkten auf engstem Raum umzugehen, u.a. drei Lokschuppenstände anzubinden und Platz für ein Bahnsteiggleis zu bieten. Der inzwischen letzte befahrbare „Engländer“ (Doppelkreuzungsweiche) auf sächsischen Schmalspurgleisen war mehr praktischer Notwendigkeit als Hobbybegeisterung geschuldet. Als Konsequenz der verfügbaren Fläche blieb ab Frühjahr 1993 ein betrieblich anspruchsvolles Rangieraufkommen, bei dem die Zuglok eines eingefahrenen Zuges mittels Rangierlokomotive freigezogen werden muss. Für Besucher und Vereinsmitglieder gleichermaßen ist der Wohnblock trotz einer in den vergangenen Jahren stetig gewachsenen Lebensbaumhecke ein Fremdkörper auf dem Bahnhofsareal.
Nicht zuletzt werden die Mieter in dem Gebäude bei Veranstaltungen der Museumsbahn aus ihrer ansonsten beschaulichen Ruhe gerissen.
Für die aktiven Vereinsmitglieder stand es seit Anfang der Aktivitäten vor dem Heizhaus fest, dass der Bahnhof Jöhstadt in der Zukunft wieder seine originalen Abmessungen bekommen müsse. Allein der Weg und die notwendige Zeit bis zum Erreichen dieses Zieles blieben lange unbestimmbar. Entlang der acht Kilometer langen Strecke bis Steinbach gab es genügend Aufgaben, die in den vergangenen 20 Jahren zu bewältigen waren, um dem eigenen Anspruch entsprechend eine attraktive Museumsbahn zu schaffen. Mit der Fertigstellung des Aufbaus bis nach Steinbach im Jahr 2000 und besonders nach dem Bau der Ausstellungs- und Fahrzeughalle ab 2005 blieb der Blick jedoch immer öfter am „unvollendeten“ Bahnhof in Jöhstadt hängen. Doch wie sollte es am Wohnblock vorbei einen Weg geben? Das Bahnhofsgelände hatte sich gegenüber 1984 sehr deutlich verändert.
Blick zurück
Im Jahr 1997 hatte die Stadt den Wohnblock am Bahnhof infolge der im Einigungsvertrag verankerten Privatisierungsforderung für kommunalen Wohnraum und, zur Schuldentilgung für die Errichtung des Gebäudes, an Investoren aus der Region verkauft. In der Folge wurden durch die Eigentümergemeinschaft eine Teilsanierung der Wohnungen und der Einbau einer Heizungsanlage vorgenommen. Die Finanzierung des Kaufs von der Stadt und der Rekonstruktionsmaßnahmen erfolgte über einen langlaufenden Kredit, der über die Mietzahlungen getilgt werden sollte. Damit waren auf längere Sicht die Möglichkeiten sehr begrenzt, die für eine Erweiterung des Bahnhofsgeländes notwendigen Flächen am Wohnblock nutzen oder erwerben zu können. 2007 ergaben sich erstmals aus Gesprächen zwischen dem Bürgermeister und den Hauseigentümern Ansatzpunkte, über einen Verkauf des Gebäudes an den Verein nachzudenken. Doch die vom laufenden Kreditrestbetrag getriebenen Kaufpreisvorstellungen ließen das Thema nicht über einen informellen Gedankenaustausch hinaustreten. Erste schrittweise Vorüberlegungen gab es ab dem Jahr 2008, mit den planerischen Vorarbeiten für eine langfristige Umgestaltung des Bahnhofs zu beginnen. Auf der Basis einer aufgestellten Vermessung entstanden erste Trassierungsentwürfe.
Bei einer in Auftrag gegebenen Analyse der Bauunterlagen für das vor dem Bahnhofsgebäude unterirdisch eingebaute Regenwasserrückhaltebecken der Stadtentwässerung wurde jedoch festgestellt, dass entgegen der allgemeinen Annahme seitens der Stadt Jöhstadt die Tragfähigkeit doch nicht ausreichte, um darauf wieder einmal Gleise verlegen zu können. Aus diesem Grund wurden 2010 die Planungen für einen Neubau der Abdeckung des Beckens beauftragt. Anfang 2011 erfolgte über eine gezielte Ansprache von potenziellen Auftragnehmern die Verhandlungsphase für die Bauausführung, die danach im Sommer 2011 bis Ende September umgesetzt wurde. Mit der Überbrückung des Regenrückhaltebeckens war eine wichtige Voraussetzung für die Wiedernutzbarmachung des Bahnhofsgeländes mit Gleisen erfüllt. Parallel wurden im Sommerhalbjahr Privatdarlehen von Vereinsmitgliedern eingeworben, um diese als Nebenfinanzierung für ein ergänzendes Bankdarlehen zum Kauf des Wohnblockgrundstückes einzusetzen. Als sich abzeichnete, dass das Finanzierungsmodell realistisch erreicht werden könnte, fand am 24. Juni 2011 ein erstes Sondierungsgespräch mit der Eigentümergemeinschaft statt. Darin ging es einerseits um die gegenseitige Interessenlage bei einem Verkauf bzw. Kauf des Gebäudes, natürlich um die finanziellen Konditionen und um den möglichen Zeitplan. Bis Ende Oktober 2011 hatte der Verein seinerseits nach einem umfassenden Angebotsvergleich der Darlehenskonditionen verschiedener Banken die Finanzierung des Vorhabens stehen. Doch die eigentliche Abstimmung über den Kaufvertrag, der nach ursprünglicher Vereinbarung bis Ende 2011 unter Dach und Fach gebracht werden sollte, verzögerte sich noch bis in den Spätsommer 2012. Per 12. Oktober 2012 erfolgte die notarielle Beurkundung des Kaufes, nach Erfüllung der verschiedenen Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Kaufvertrages und der Kaufpreiszahlung kurz vor Weihnachten wurde der Verein mit grundbuchamtlichem Eintrag zum 1. Februar 2013 neuer Eigentümer der beiden Flurstücke, auf denen sich der Wohnblock und die zugehörigen Parkplätze der Mieter befinden. Nach komplizierten Übergabeabläufen sind die Abrechnungsthemen mit den Alteigentümern und sonstigen Vereinbarungen zum Betrieb des Gebäudes inzwischen weitgehend geklärt.
Neue Perspektiven
Mit der Übernahme des Wohngebäudes übernimmt der Verein auch die gesetzlich festgelegte Verpflichtung zur Weiterführung der Mietverhältnisse. Es wird also keine „schnelle Lösung“ geben, wie sich manch einer das vielleicht vorstellt. Neben dieser Verpflichtung dient das Gebäude auch als Sicherungsleistung für das in Anspruch genommene Bankdarlehen. Aus den Erlösen der Vermietung des Gebäudes wird der Verein einen Teil der Darlehenstilgung finanzieren können. Die Neugestaltung des Bahnhofes in Jöhstadt wird nun über viele einzelne Schritte zu realisieren sein, für die es bereits erste Planungen und Ideen, aber noch keine spruchreifen Entscheidungen gibt. Für den Vorstand des Vereins steht bei jedem Schritt eine Prüfung der finanziellen Möglichkeiten an erster Stelle. Erste Zeichen werden jedoch sicherlich nicht lange auf sich warten lassen.
Zur Finanzierung all dieser kleinen und großen Schritte ist der Verein auf die Unterstützung seiner Freunde angewiesen. Bitte unterstützen Sie den Verein mit einer Spende zugunsten der Spendenaktion „Wir zählen die Tage“ auf der Seite im Netz www.pressnitztalbahn.de oder bei einem Besuch bei der Museumsbahn vor Ort.
09.06.2013