Kommentar
Zur Rolle und Bedeutung des „Claus-Köpcke-Preises“
Am 9. April diesen Jahres wurde in Radebeul Ost der nunmehr bereits zehnte „Claus-Köpcke-Preis“ verliehen. Anlass für den „Preß´-Kurier“, die Wirkung, Rolle und Bedeutung dieses Preises einmal zu analysieren. Nun mag mancher Leser dem Autor vielleicht Voreingenommenheit unterstellen, über diesen Preis zu sinnieren, den er für Beteiligung an verschiedenen Projekten bereits mit in Empfang nehmen konnte. Doch gerade aus dieser Perspektive ergibt sich ein Blickfeld, das sich Anderen schlechter erschließen wird.
Aus dem Bedürfnis zur Würdigung von ehrenamtlich realisierten Projekten heraus begann der Verein zur Förderung Sächsischer Schmalspurbahnen e.V. (VSSB) im Jahr 2003 einen Preis zu stiften, der mit einem Preisgeld zur weiteren Unterstützung dieser Projekte verbunden ist. Spätestens mit dem Jahrgang 2005 war die Preisverleihung dank intensiver Lobbyarbeit für das Thema politisch „en voque“ und stieg auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Der damalige sächsische Ministerpräsident, Prof. Georg Milbradt, nahm im Januar 2006 die Auszeichnung im Festsaal des Hotels Bellevue in Dresden persönlich vor, spätere Regierungsmitglieder der sächsischen Staatsregierung folgten dieser Tradition. Dass die Veranstaltung gleichzeitig als Auftakt für das Festjahr „125 Jahre Sächsische Schmalspurbahnen“ und für die Bekanntgabe des ehrgeizigen Vorhabens „Wiedergeburt einer Legende – die sächsische I K Nr. 54“ diente, brachte zusätzliche Aufmerksamkeit, steigerte aber gleichzeitig natürlich immens die mit dem Preis, den verschiedenen eigenen Projekten und der dazugehörigen PR-Maschinerie erforderliche Arbeit. Wenn man aber, wie der Autor, in der Lage ist, diese Arbeit von außen mit einem guten Einblick zu verfolgen, kann man für die durch wenige Mitstreiter realisierten Arbeitsumfänge seitens des VSSB e.V. nur den Hut ziehen.
Wesentlicher Vorteil und damit auch glaubwürdige Basis der Arbeit des VSSB, dessen wenige Mitglieder mittels ihrer beruflichen Tätigkeiten über eine gute Verbindung zu Wirtschaft und Politik verfügen, ist die Begeisterung für die sächsischen Schmalspurbahnen, ohne dass diese auf eine konkrete Strecke, Anlage oder ein spezielles Thema fokussiert wird. Dies ergibt Unabhängigkeit und ausreichend Abstand von einem Vorwurf der Parteilichkeit. Eine Jury ist für die Auswahl der Preisträger aus einer Vielzahl von jährlichen preiswürdigen Projekten zuständig, die ihrerseits gleichermaßen Sachverstand wie notwendige Unabhängigkeit von den potenziellen Preisträgern ausweisen kann.
Zurückblickend kann man das Anliegen des Preises, für besondere Verdienste und Projektvorhaben sowie für den Erhalt und zur Weiterentwicklung sächsischer Schmalspurbahnen und ihrer Geschichte verliehen zu werden, vollends als erfüllt betrachten. Bei rund 360 Bewerbungen und Projektvorschlägen und 42 ausgezeichneten Preisträgern in zehn Jahren wird die Auswahl vielfach extrem komplex gewesen sein. Dem eigentlichen „Claus-Köpcke-Preis“, der in drei Stufen vergeben wird, folgten ab 2005 zusätzlich ein Medienpreis, über die Jahre aus unterschiedlichen Gründen vergebene Sonderpreise, ab 2010 ein Tourismuspreis sowie 2011 auch noch ein Modellbahn- und ein Regelspurpreis. Hier folgte man sicherlich dem Wunsch, dem breiten Spektrum der auf Tradition, Erhaltung historischer Zeitzeugen und auf museal touristischem Betrieb orientierten Eisenbahnaktivitäten eine gemeinsame Basis zu geben. Das schier grenzenlose Leistungsspektrum des Namenspatrons (auf den hier nicht weiter eingegangen werden soll) gibt dies ja auch her. Umso erstaunter konnte man die Preisverleihung des Jahrganges 2012 verfolgen – ein einziger Preisträger, der „Sächsische Landtag“. Erstmals wurde er nun von der „Stiftung Sächsische Schmalspurbahnen“ bei Kontinuität der handelnden Personen vergeben. (Der VSSB e.V. ist mit seinem Vereinsvermögen - u.a. der I K Nr. 54 - in der Stiftung aufgegangen.)
Was kommt nun, wie geht es weiter? Allein die vorherige Aufzählung liest sich wie ein auf Hochtouren beschleunigter Motor, der auf dem Höhepunkt der Leistung endlich die Zieldurchfahrt des Fahrzeuges schafft.
Doch analysieren wir, was der Preis den bisherigen Preisträgern gebracht hat. Zunächst haben sicherlich die Preisdotierungen die Schatzmeister der Vereine erfreut, konnten damit weitere Rechnungen beglichen werden. Aktive Werbung mit „Wir sind Preisträger“ fand man dagegen relativ selten in Publikationen, in der Öffentlichkeitsarbeit oder selbst in der Sichtbarkeit der Preistafeln (selbst der Autor kann sich von dieser Feststellung nicht ausnehmen). Schwer zu erklären, warum ein derartig positives, von externen Fachleuten ausgestelltes Zeugnis der eigenen Arbeit zu selten für das Anpreisen der eigenen Vorzüge und Leistungen Verwendung findet. Wird hier der Hang zur Bescheidenheit oder gar der Unglaube über die Bewertung der Leistung in den Augen anderer nicht zu sehr überzogen? Nichtsdestotrotz hat der Preis natürlich auch einen gewissen Wettstreit zwischen den Bewerbern, Vorgeschlagenen und Preisträgern entfacht, der zwar kaum speziell für den Preisvorschlag bestimmte Projekte hervorgebracht haben wird, aber zumindest vielfältige Vorlagen, Anregungen und „Blaupausen“ für die jeweils eigenen Arbeitsgebiete geliefert hat.
Für den VSSB bzw. nun im zehnten Jahr die privatrechtliche Stiftung Sächsische Schmalspurbahnen wiederum ist die Preisverleihung vielleicht auch ein bisschen Gewohnheit und Last geworden. Man hat mit der Erweiterung der preiswürdigen Themenfelder experimentiert, doch letztlich vor allem einen größeren personellen und organisatorischen Aufwand geerntet, für den tatsächlich die berechtigte Frage steht: Lohnt sich das Ganze überhaupt?
Für die Beantwortung dieser Frage eignet sich auch hier der Blick über den eigenen Gartenzaun, ja über die deutsche Grenze hinaus. Den Besuchern und Touristen, die ja das eigentliche Kundenpotential für Museen, Schmalspurbahnen und Vereinsfeste darstellen, wird die Entscheidung über ihr Besuchsziel heute nicht einfach gemacht. Trotz Internetsuche und sozialer Netzwerke findet die Auswahl eines Reisezieles aus einem Dickicht an Informationen statt. Was ist das Entscheidungskriterium bei vielen Einkäufen (was ja auch erfolgreich bei vielen Onlineshops umgesetzt ist)? Es sind Empfehlungen, Kritiken und Meinungen von anderen Besuchern.
Nun haben viele schon die Erfahrung gemacht, dass man auch diesen Meinungsäußerungen nur mit einem gesunden Misstrauen entgegentreten soll, denn natürlich haben Ganoven schon längst das Manipulationspotential erkannt.
Und hier bekommen Preise und Zertifikate ihre eigentliche Bedeutung, denn sie bestätigen die jeweilige Qualität und versprochene Leistung auf der Basis nachprüfbarer Kriterien und durch Auswahl mittels fachlich fundierter Jury-Entscheide. Wer bei seinen Urlaubsaufenthalten (besonders ausgeprägt in englischsprachigen Ländern und in „Austria“ zu erleben) die zahlreichen „Award Winner“-Tafeln schon registriert hat, wird wissen, was gemeint ist.
Genau dieses Verständnis braucht auch das „Dampfbahn-Routen-Land“ Sachsen. Es gibt einen eingeführten Preis, der über eine sehr gute Reputation verfügt. Er ist ein Zeugnis über gute Arbeit und Qualität. Geben wir unseren Gästen doch damit einfach die Sicherheit und das gute Gefühl, die richtige Entscheidung für die Auswahl des Reisezieles getroffen zu haben. Ja, die Museumsbahnen und Eisenbahnmuseen, die Vereinsprojekte und Zeitzeugen, die engagierten Einzelpersonen und Unternehmen brauchen den „Claus-Köpcke-Preis“, weil er für die eigene Reputation und die öffentliche Wahrnehmung sehr wichtig ist.
Welche Kategorien man wählt, ist erst einmal zweitrangig. Ein Preisträger, wie 2012, dürfte der Vielfältigkeit der „Branche“ kaum gerecht werden - sieben Preisträger, wie 2011, dürften wiederum etwas zu inflationär gewesen sein.
09.06.2013