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Rezensiert: Die Eisenbahnlinie Siebenbrunn-Erlbach | Geschichte des Bahnbetriebswerkes Adorf
Helmuth Eßbach
Die Eisenbahnlinie Siebenbrunn-Erlbach
Ein chronologischer Überblick in Wort und Bild 1911 - 1975
Helmut Trampler
Geschichte des Bahnbetriebswerkes Adorf
Hrsg: Heimatverein Markneukirchen e.V. und Heimat- und Geschichtsverein Erlbach e.V. 350 Seiten im A4-Format, Klebebindung 560 Farb- und Schwarzweißabbildungen zweite, erweiterte und um den Teil zum Bw Adorf ergänzte Auflage, Erlbach 2011. ISBN: 978-3-9813458-2-7 Preis: 17,50 EUR
Hinter so einer ungewöhnlich langen Literaturangabe verbirgt sich natürlich ein ungewöhnliches Buch – und eine ungewöhnliche Fleißarbeit noch dazu. Denn dem Rezensenten ist keine andere Eisenbahnlinie mit nicht einmal fünf Kilometern Länge bekannt, über die so viel Material gesammelt und dann zum Abdruck gebracht worden ist. Der Hobbyhistoriker und ehemalige Eisenbahner Helmuth Eßbach hat seiner Heimatstrecke Siebenbrunn – Markneukirchen – Erlbach nach einer ersten Veröffentlichung 2009 nun in diesem Herbst ein neues, noch umfangreicheres publizistisches Denkmal gesetzt. Davor zieht der Rezensent anerkennend seinen Hut. An sächsischer Eisenbahngeschichte interessierte Leser können sich in der ungewöhnlich dicken Broschüre auf ein Feuerwerk an Farb- und Schwarzweißaufnahmen längst abgestellter und/oder verschrotteter Fahrzeuge freuen: sächsische IV T (Baureihe 71.3), XI HT (Baureihe 94.19-21), XIV HT (Baureihe 75.5), aber auch XIII H (Baureihe 58.4), 50 und 86. Aber auch die Strecken-, Bahnhofs- und Zugaufnahmen versetzen den Leser in die vergangenen Jahrzehnte zurück, in denen der Bau und Betrieb einer Eisenbahn als der größte vorstellbare Segen für eine Ortschaft gefeiert wurde. Die vom Autor zusammengestellten Auszüge aus zeitgenössischen Veröffentlichungen lesen sich dabei packend und spannend! Sie machen die jahrelangen Bemühungen von Markneukirchen und Erlbach um einen direkten Eisenbahnanschluß wieder lebendig, die 1909 bzw. 1911 von Erfolg gekrönt gewesen waren. Die persönlichen Erinnerungen ehemaliger Eisenbahner zeigen ganz unterschiedliche Facetten der 1975 eingestellten Stichstrecke, die – trotz aller Bemühungen – nie die angestrebte Verlängerung nach Schönbach in den böhmischen Teil des Vogtlandes bekam. Die Lektüre der Erzählungen und persönliche Berichte ist deshalb Geschichte pur. Ein Thema für sich sind dabei jedoch die politischen Ansichten von Helmut Trampler, dessen Text in bester DDR-Tradition verfaßt ist … Und was erwartet den Puristen? Tja, den werden beim Lesen des Buches ambivalente Gefühle plagen. Wird sein Herz einerseits ob der grandiosen Bebilderung vor Freude aufgehen, so wird es sich andererseits bei Fehlern in den Texten und Bildunterschriften womöglich zusammenziehen. So wimmelt es in dem Buch von der inkorrekten Verwendung der Buchstaben „BR“ als Vorsatz einer konkreten Loknummer. Klartext: Es gibt keine „BR 75 515“, sondern nur die Lokomotive 75 515 der Baureihe 75.5. Und diese war vor 1923/25 keine „Baureihe XIV HT“, sondern eine Lok der Gattung XIV HT. 1918 können keine Briefe von der Reichsbahndirektion Dresden angekommen sein, denn die Staatsbahnen der Länder wurden erst zwei Jahre später in Reichseigentum überführt. Begriffe wie „VT-Leichttriebwagen“ verwundern ebenfalls und lassen den Rezensenten sich fragen: Haben das die Eisenbahner im Raum Markneukirchen so ulkig beigebracht bekommen?
Positiv gesehen ist es eher schon bemerkenswert, wenn zig Originaldokumente abgedruckt werden, auf denen groß und breit „Sächsische Staatseisenbahnen“ (Plural!) steht, aber die Autoren treu und brav von „Staatsbahn“ schreiben. Am Beispiel der Westsächsischen Staatseisenbahnen tat das dem Rezensenten besonders weh – Zwischenfazit: Prinzip nicht erkannt. Und dennoch: Die Fülle stimmungsvoller Aufnahmen, es gibt immerhin 560 Abbildungen, reißt das wieder raus. Da man irgendwann in Buchmitte doch Streckenkarten findet, kann man sich auch als Fremder gut in die Materie hineindenken und Freude beim Lesen haben.
Fazit: Ein Fleißwerk voller beeindruckender Aufnahmen zu einem bei 350 A4-Seiten super niedrigen Preis. Über die typographischen und fachlichen Fehler läßt sich hinwegsehen – beim Lesen stellt sich dennoch ein Genuß ein.
Vertrieb über: Heimatverein Markneukirchen e.V. Vertriebsstelle, Bozener Weg 4, 08258 Markneukirchen, Telefon: 037422/47419, Fax: 037422/47426
11.12.2011