Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
40 Jahre Deutscher Eisenbahn-Verein (DEV)
Vor dem Lokschuppen in Bruchhausen-Vilsen steht die Dampflok „Hoya“ und räuchert vor sich hin. Ein Fahrgast liest sich das am Führerhaus angeheftete Schild durch. Darauf ist der Name des Lokführers zu lesen, seit wann er im Verein aktiv ist, warum er diesem Hobby nachgeht und wie viele Stunden er im Monat ehrenamtlich tätig ist. Verwundert fragt der Mann den Lokführer: „Ehrenamtlich, sie machen das hier alles kostenlos, alle?“
Vor 40 Jahren, am 2. Juli 1966, nahm die erste Museumsbahn Deutschlands ihren Verkehr zwischen Bruchhausen-Vilsen und Asendorf auf. Damals zog die Lok „Bruchhausen“, eine Schwesterlok der „Hoya“, den ersten Personenzug. Dieser bestand nur aus einem Wagen, der von der stillgelegten Schmalspurbahn Mosbach – Mudau stammte. Am 1. und 2. Juli 2006 feierte der Deutsche Eisenbahn-Verein (DEV) nun sein 40-jähriges Bestehen mit einem interessanten Rahmenprogramm. Im Mittelpunkt des Festes stand die ehrenamtliche Tätigkeit der Vereinsmitglieder. Im Lokschuppen wurden verschiedene Arbeiten vorgeführt. Im Gleisbereich des Bahnhofs demonstrierte die Rotte den Gleisbau. Eine Fotoausstellung dokumentierte die 40 Jahre ehrenamtlicher Tätigkeit. Der Betreuerin der Netzseiten des DEV konnte man bei Arbeiten an der Vereinspräsentation über die Schulter schauen. Jedes Vereinsmitglied hatte eines der bereits erwähnten Schilder an seinem Arbeitsplatz hängen. So bekamen die Besucher einen guten Eindruck über die unterschiedlichen Funktionen der Museumseisenbahner, deren eigentlichem Beruf und den Grund, warum sie bei der Kleinbahn so viel Freizeit verbringen. Besonderen Wert legen die Mitglieder auf die vielfältigen Aufgaben eines Museums. So werden nicht nur die Fahrzeuge und Anlagen mit viel Liebe zum Detail restauriert und im Betrieb vorgeführt, sondern es wird den Fahrgästen auch ein Einblick in eine längst vergangene Zeit gegeben. Der Schaffner erzählt während der Fahrt zum Beispiel die Historie eines Personenwagens. In Asendorf ging der Triebwagenführer mit den Leuten durch den kleinen Lokschuppen und erklärte zum Übernachtungsraum, daß früher nach der Ankunft des letzten Zuges drei Leute darin übernachteten – obwohl ihr Wohnort Hoya heute nur zehn Autominuten entfernt war. All dies stößt bei den Fahrgästen auf reges Interesse.
Selbstverständlich gab es auch einen interessanten Eisenbahnbetrieb zu erleben. Unter den Fahrzeugen, die einen repräsentativen Querschnitt durch die Geschichte der meterspurigen Kleinbahnen in Deutschland bieten, stand die Lok „Hoya“ im Vordergrund. Nach langjähriger Abstellzeit und aufwendiger Aufarbeitung inklusive Neubekesselung wurde sie am 1. Mai 2006 wieder in Betrieb genommen. Der C-Kuppler gehörte zur Erstausstattung der 1900 eröffneten Kleinbahn Hoya – Syke – Asendorf (HSA).
Als zweiter Dampfzug verkehrte eine stilreine Garnitur der Franzburger Kreisbahnen mit der zweiachsigen Lok „Franzburg“. Hinter diesem Namen verbirgt sich die ehemalige 99 5605. Lok und Wagenzug besitzen nur eine Saugluftleitung. Die Lok wird wie eh und je mittels Wurfhebelbremse gebremst. Der Wagenpark verfügt über die Görlitzer Gewichtsbremse. Die Haspel befindet sich, anders als in Sachsen typisch, im Gepäckwagen. Somit ist der Zugführer für das Bremsen zuständig. Diese Garnitur ist derzeit die einzige in Deutschland, die nur über eine funktionsfähige Seilzugbremse verfügt. Auch der Wismarer Schienenbus T41 („Schweineschnäuzchen“, Baujahr 1932) und der Triebwagen T44 (Talbot 1950) waren im Einsatz. Letzterer stammt ursprünglich von der Euskirchener Kreisbahn und gelangte über die Inselbahn Juist zum DEV. Er verkehrte mit einem Beiwagen der ehemaligen HSA.
Die Anbindung an die große weite Welt erfolgte mit dem T2, einem Esslinger Triebwagen, der zwischen Bruchhausen-Vilsen und Eystrup die regelspurige Strecke der heutigen VGH befuhr. Im ehemaligen Lagerschuppen gab es eine Sonderausstellung zu Signalen der Kleinbahn. Die Geschichte des DEV wurde mit einer kleinen Dampflokparade erzählt. Immerhin fünf Maschinen stellten die Mitglieder vor dem Lokschuppen auf. Bis auf die in HU befindliche Kastendampflok „Plettenberg“ standen alle unter Dampf. Ein Sonderzug mit geladenen Gästen, die die Museumseisenbahn unterstützen, ergänzte das Festprogramm. Fazit: Die erste Museumseisenbahn Deutschlands ist in jeder Hinsicht eine Reise wert und ein Vorbild für viele andere Museumsbahnen.
Die Züge des DEV verkehren vom 1. Mai bis zum 3. Oktober jeden Samstag sowie an allen Sonn- und Feiertagen. Nikolausfahrten gibt es im Jahr 2006 an allen vier Adventswochenenden. Auskünfte zum Fahrplan sowie zu den eingesetzten Fahrzeugen erteilt der DEV unter der Postadresse: Deutscher Eisenbahn-Verein e.V., Postfach 1106, 27300 Bruchhausen-Vilsen, oder im Netz unter www.museumseisenbahn.de.
Die PK-Redaktion gratuliert zum Jubiläum!
28.07.2006