Regelspur aktuell
Der Eisenbahngrenzübergang Bärenstein (Erzgeb) – Weipert (Teil 2)
Ein Rückblick auf die vergangenen 10 Jahre
Nach der Wiederaufnahme des regulären Grenzverkehrs zwischen (Flöha – Annaberg –) Bärenstein und Weipert (1994 – siehe Teil 1 im PK 76) oblag die Zugförderung den Maschinen der Baureihe 201/202 (V 100). Im Januar 1994 kamen jedoch aufgrund Lokmangels sogar Maschinen der Baureihe 228 (V 180) aus Chemnitz zum Einsatz. Dies dürften die letzten internationalen Reisezugleistungen dieser Baureihe gewesen sein.
Wegen der geringen Tragfähigkeit der alten Grenzbrücke blieb der Einsatz von Loks der Baureihe 219 zu Personalschulungsfahrten im Herbst 1993 ein kurzes Gastspiel. Am 4. Februar 1995 absolvierte 628 611 eine Präsentationsfahrt und läutete damit die Triebwagenära ein.
Einer geplanten Reaktivierung des Güterverkehrs, um den Straßenverkehr der Region zu entlasten, stand die notwendige Sanierung der Grenzbrücke entgegen. Bedarfsstudien des Landratsamtes Annaberg ermittelten ein tägliches Frachtaufkommen von bis zu 4600 Tonnen!
Bereits kurz nach Wiedereröffnung des Eisenbahngrenzüberganges lagerten im Bahnhof Weipert neue Behelfsüberbauten, die von der tschechischen Armee hätten binnen weniger Tage eingebaut werden können. Doch erst im Zeitraum vom 14. April bis zum 24. August 1997 kam es zur Erneuerung der Brücke aus Mitteln des EU-Förderprogramms „Phare“. Die Brücke erhielt dabei eine auf Stahlträgern ruhende Betonfahrbahnwanne. Der danach im Sommer 1997 wiederaufgenommene Reiseverkehr wurde von Juni bis Oktober 1999 wegen Oberbauerneuerung eines Teils des Streckenabschnittes Cranzahl – Bärenstein erneut unterbrochen.
Problematisch daran ist, daß bei allen Streckensperrungen kein Schienenersatzverkehr angeboten werden kann, da in Bärenstein neben dem Eisenbahngrenzübergang nur ein Übergang für Fußgänger, nicht aber für Straßenfahrzeuge eingerichtet ist. Am 27. Mai 2000 kam es wegen Oberbaumängeln im Streckenabschnitt ab Wolkenstein zur Einstellung des Zugverkehrs. Kurz zuvor, am 16. April 2000, verkehrte mit 52 8154, organisiert vom Verein „Eisenbahnmuseum Bayerischer Bahnhof zu Leipzig e. V.“ gemeinsam mit der IG Preßnitztalbahn e. V., erstmals ein deutscher Dampfsonderzug bis in das tschechische Grenzstädtchen.
Das Böhmisch-Sächsische Eisenbahnfestival
Im Jahr 2000 wurde jedoch auch eine neue Veranstaltung ins Leben gerufen, die schon ihre 4. Fortsetzung in Folge erlebt hat – das Böhmisch-Sächsische Eisenbahnfestival.
Die BVO Bahn GmbH, die seit 1. Juli 1998 im Auftrag des Landkreises Annaberg die Schmalspurbahn Cranzahl – Kurort Oberwiesenthal betreibt, organisiert gemeinsam mit dem tschechischen Eisenbahnverein „Loko-Motiv“ aus Komotau dieses Eisenbahnfestival, zu dessen Höhepunkt die grenzüberschreitende Beförderung von mit tschechischen Dampflokomotiven bespannten Sonderzügen gehört. Dabei kamen bisher schon Lokomotiven der CSD-Reihen 310, 464, 423, 534 und Diesellokomotiven der Reihen 720 und 749 zum Einsatz. Im Jahr 2002 beteiligte sich erstmals die DB Regio Netz Erzgebirgsbahn GmbH als neuer Partner an der Veranstaltung und gab während einer Präsentationsfahrt mit 642 059 schon einmal den Ausblick, wie der Zugverkehr der Zukunft auf der Zschopautalbahn Chemnitz – Weipert aussehen wird. Am 22. Mai 2001 fuhr erstmals offiziell ein Güterzug von Weipert nach Cranzahl. Die BVO Bahn GmbH transportiert mit diesem Steinkohle für den Betrieb der Schmalspurdampflokomotiven. Dazu beschaffte sie sich eigens eine Lokomotive der ehemaligen DR-Baureihe V 60, die – durch Einstellung bei den Tschechischen Bahnen (CD) – auf deutschen Gleisen mit tschechischer Betriebsnummer unterwegs ist. Weitere Güterverkehrskunden konnten jedoch noch nicht gewonnen werden.
Gegenwart und Zukunft
Seit 14. Dezember 2003 gibt es wieder einen regulären Zugverkehr mit täglich sechs Zugpaaren zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik. Derzeit gibt es sogar Bemühungen, ähnlich wie schon derzeit auf der Strecke Johanngeorgenstadt – Karlsbad praktiziert, ein Zugpaar ins tschechische Streckennetz mit Triebwagen der DB Erzgebirgsbahn verkehren zu lassen. Bleibt abzuwarten, wie sich der Verkehr entwickelt und von den Reisenden angenommen wird.
Problematisch ist zu bewerten, daß zur Zeit für keinen der in Weipert ankommenden deutschen Züge eine Anschlußmöglichkeit nach Komotau besteht – die tschechischen Triebwagen verlassen den Grenzbahnhof 20 Minuten vor der Ankunft der deutschen Züge. Doch vielleicht erreicht man das Ziel eines günstigen Anschlusses, wenn die Züge auf der nunmehr durchgängig befahrbaren Zschopautalbahn auch endlich ihre anvisierte Streckengeschwindigkeit von bis zu 80 km/h erreichen und nicht aus signal- und sicherungstechnischen Mängeln kilometerweit mit herabgesetzter Geschwindigkeit verkehren müssen.
Es bleibt zu hoffen, daß jetzt, wo die deutschen Züge wieder Weipert erreichen, die Strecke nach Komotau auch erhalten bleibt. Denn deren Gleise sind stark sanierungsbedürftig. Ob die CD als Aktiengesellschaft, die ähnlichen Sparzwängen wie die DB AG unterliegt, das Geld für die Sanierung des Oberbaus zur Verfügung stellt?
12.04.2004