Leserbriefe
Was wurde aus der Eisenbahn im Muldental …?
Als 1965 in Stuttgart geborener Eisenbahnfreund beschäftigte ich mich bis zur Wende hauptsächlich mit den für mich problemlos erreichbaren Einsatzgebieten der Altbauelloks. Nach der Wende stattfindende Plandampfveranstaltungen führten mich in Regionen, die ich zuvor nicht kannte. Eine, die ich sofort lieben lernte, war zum Beispiel die rund um Rochlitz mit der Muldentalbahn. Hier gab es eine wunderschöne Landschaft, nette Orte und einen sehr interessanten Bahnverkehr auf vier Strecken, die sich in Rochlitz trafen. Zudem befand sich dort noch ein kleines, aber feines Bahnbetriebswerk. Das Hotel „Muldenschlösschen“ in Rochsburg war ein herrlicher Rückzugsort nach getaner „Fotoarbeit“. Doch schon zur letzten Veranstaltung im Mai 2000 sah man das Unheil aufziehen: Ein unsägliches Theater um die Weiche in Richtung Colditz, die zum Einbau da lag, aber nie eingebaut wurde, der verunkrautete Bahnhof und die letzten Fahrten in diverse Richtungen zeigten die übliche „DB-Nichtstun-Kahlschlag-Politik“. Und so stellte die DB AG wenig später dann den Betrieb um Rochlitz ein. Als Eisenbahnfan hatte ich immer noch die Hoffnung, dass es bei einer touristisch so schönen Ecke irgendwie weitergehen müsse. Seit 2008 gibt es nun auf der Muldentalbahn ein „zartes Pflänzchen“ in Form der VSE-Fahrten mit dem Schienentrabi. In den vergangenen Jahren aus der Ferne beobachtet, ob dies wohl die Vorstufe der Wiedereröffnung eines historischen, touristischen Betriebs auf der Strecke darstellt, entschied ich mich zusammen mit meiner Frau, diese Region im Juni 2016 wieder einmal aufzusuchen. Das Hotel „Muldenschlösschen“ gibt es ja zum Glück immer noch, also stand unser Ausgangspunkt vor Ort schon fest. Bei der Anfahrt nach Rochsburg holte mich in Penig aber sofort die Realität des Jahres 2016 ein. Wie sich der dortige Bahnhof präsentiert, war für mich hart anzusehen: Zwar ist das Stellwerk im Osten von außen noch schön erhalten, aber die Gleisanlagen sind völlig verwildert und am Formsignal kann sich der Signalflügel zwischen „Halt“ oder „Fahrt frei“ nicht entscheiden. Mein Fazit: Über diesen Bahnhof wird es keinen Zugverkehr mehr geben. Nach unserer Ankunft in Rochsburg hatten wir aber wenigstens einen schönen Abend auf der Hotelterrasse. Am Samstag stand zunächst eine Wanderung auf den Rochlitzer Berg an, den ich bis dahin nur durch den Dampf um ihn herum kannte. Da wir für nachmittags die Fahrt mit dem Schienentrabi ab Rochlitz gebucht hatten, blickte ich regelmäßig auf das Wetterradar, da wohl niemand gern im Regen fahren möchte. Rechtzeitig vor der Abfahrt kamen wir in Rochlitz an. So war noch etwas Zeit, die Bahnanlagen zu besichtigen. Ein nettes Ehepaar des VSE begrüßte uns und wir plauderten gemeinsam über alte Zeiten. Denn wer die Gleisanlagen aus Betriebszeiten kennt, dem verschlägt es die Sprache. Dass es einem Staatskonzern, dem das Gelände überlassen wurde, um darauf Eisenbahnbetrieb durchzuführen, erlaubt ist, eine Fläche so verwahrlosen zu lassen, ist unglaublich. Die Fahrt mit dem VSE-Schienentrabi hat mich jedoch versöhnlicher gestimmt. Ich kann mir kaum vorstellen, welcher Kraftakt notwendig war, die Strecke zwischen Rochlitz und (kurz vor) Penig freizuschneiden. Hut ab! Vorbei an der St.-Petri-Kirche führt das Streckengleis zunächst auf die Muldebrücke direkt vor dem Rochlitzer Schloss. Dort gibt es den ersten Fotohalt, was wir klasse fanden! Danach geht es in gemütlicher Fahrt über Steudten in herrlicher Landschaft entlang des Muldentals nach Wechselburg. Der ehemalige Bahnsteig wird passiert; einen Halt gibt es am schönen Stellwerk Richtung Westen. Dieses Stellwerk wird vom VSE vorbildlich erhalten und kann während des Halts besichtigt werden. In diesem Bereich gibt es auch noch vier funktionstüchtige Formsignale. In Wechselburg werden die Schienentrabis umrangiert, da es am eigentlichen Endpunkt der Fahrt, dem Göhrener Viadukt, keine Umfahrmöglichkeit gibt. Zur Weiterfahrt ist das Ausfahrsignal auf „Fahrt frei“ gestellt. Somit geht es nun geschoben bis zum Viadukt. Dort gibt es wieder eine Pause, das freundliche Personal weist auf die Fotomöglichkeit mit dem Planzug von Leipzig nach Chemnitz auf der Brücke hin. Danach führt die gemütliche Fahrt nach Rochlitz zurück. Auf meinen Wunsch hin legte das Personal einen Fotohalt am Bahnsteig in Wechselburg ein – das nenne ich Flexibilität! Allerdings brachte das den Fahrplan natürlich auch nicht wirklich durcheinander. In Rochlitz angekommen, fährt der Trabi samt Fahrgästen gleich noch weiter zur Drehscheibe, wo die Fahrzeuge für die nächste Fahrt gedreht werden. Das Bw-Gelände nutzt heute eine Firma, die es dem VSE zum Glück ermöglicht, Teile des Lokschuppens und die Drehscheibe zu nutzen. Über den Zustand des Bw möchte ich mich ansonsten nicht weiter äußern. Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Besuch des Muldentals aufgrund des Engagements des VSE gerade auch für Eisenbahnfans wieder sehr empfehlenswert ist. Es ist toll, was die Aktiven hier geleistet haben und es bleibt zu hoffen, dass es von örtlicher touristischer und kommunalpolitischer Seite Unterstützung gibt.
12.08.2016