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Rezensiert: Plauen/V – Cheb (Eger) | Die Bahnlinie PE in der Euregio-Egrensis
Wilfried Rettig
Plauen/V – Cheb (Eger)
Die Bahnlinie PE in der Euregio-Egrensis
Foto & Verlag Jacobi, Reichenbach (V) 2007 176 Seiten Format A4 mit 224 Schwarzweiß- und 21 Farbfotos sowie 44 Grafiken ISBN: 978-3-937228-01-3 Preis: 34,90 Euro
Tief, ganz tief im sächsischen Westen, dort, wohin z. B. die sächsischen Könige gern zur Kur fuhren, dort ließ der sächsische Staat von 1863 bis 1865 eine Eisenbahn durch das Vogtland bauen, welche ihren Endpunkt im böhmischen Eger bekam. Diese zeitgenössisch „Voigtländische Staatseisenbahn“ bezeichnete Linie führte von Herlasgrün über Auerbach, Falkenstein, Untermarxgrün, Oelsnitz und Adorf in das eng befreundete Österreich. Neun Jahre später, ab 1. November 1874, zweigte die Eisenbahn nach Franzensbad und Eger in Plauen ob Bf nach Süden ab. In Oelsnitz traf sie auf die bereits bestehende Strecke. Die Entfernung (und damit natürlich auch die Fahrtzeit) nach Böhmen verkürzte sich dadurch deutlich. Durchgehende Züge nach Eger verkehrten fortan ausschließlich von Plauen aus. Geführt und kilometriert wurde diese Eisenbahn als PE-Linie (Plauen – Eger). Vorgeschichte, Bau, Eröffnung und Betrieb dieser einst bis Eger sächsischen Strecke widmet sich „Vielschreiber“ Wilfried Rettig in seinem neuen Buch, welches im November 2007 in gewohnter druck- und bindetechnischer Qualität im Jacobi-Verlag erschien.
Doch nicht nur die z. B. durch den Einsatz von SVT 175 als „Karlex“ bekannte PE-Linie, sondern auch alle „Anschlußstrecken“ der PE stellt Rettig vor. Der Käufer seines neuen Buches darf sich entsprechend auch auf Ausführungen zu den Strecken Leipzig – Hof, Gera – Weischlitz, Chemnitz – Adorf, Asch – Adorf und Hof – Eger, Karlsbad – Franzensbad, Wiesau – Eger, Marktredwitz – Eger und Eger – Pilsen freuen! Damit informiert das PE-Buch über weitaus mehr Eisenbahnlinien als der Titel vermuten läßt. Die Ausweitung auf die böhmischen Anschlußstrecken stößt beim Rezensenten auf sehr großes Gefallen. Sauber trennt Rettig in Linien der Buschtherader Eisenbahn sowie in österreichische Lokal- und Hauptbahnen. Für die kleine Linie Asch – Adorf hätte neben dem Spitznamen „Roßbacher Mockel“ auch einmal „Roßbacher Bockerl“ genannt werden können, wie es die Roßbacher Freunde des Rezensenten bis heute oft tun. Ehemalige BBÖ-Fahrzeuge als „Beuteloks“ zu bezeichnen (S. 123) ist hingegen sachlich falsch, ebenso wie auf das Jahr 1942 bezogen von CSD-Loks zu sprechen (S. 114). Die CSD gab es zwischen 1939 und 1945 nicht. Vermutlich meint Rettig Fahrzeuge der Böhmisch-Mährischen Bahnen (BMB), tschechisch „Ceskomoravské Dráhy“ (CMD). Doch über solche Details läßt sich hinwegsehen; selbst über die Unsauberkeit, für die Zeit vor 1869 bereits von den K.Sächs.Sts.E.B. zu schreiben. Jene Generaldirektion wurde nämlich erst nach Vollendung der DW-Linie gegründet – bis Ende Juni 1869 war die (Königliche) Direktion der Westsächsischen Staatseisenbahnen für die „Voigtländische Staatseisenbahn“ verantwortlich.
Ein dickes Lob gebührt Autor und Verlag für die Bebilderung des Buches. Mit leuchtenden Augen betrachtete der Rezensent ihm unbekannte Aufnahmen aus der Zeit von 1865 bis 1939, die frühen Nachkriegsaufnahmen mit sächsischen XX HV (BR 19), XIV HV (BR 75.5) und vielen preußischen G12 (BR 58) sowie die vielen bemerkenswerten Aufnahmen aus dem Egerland. Es überrascht außerdem positiv, wie oft auch nach 1945 im Grenzgebiet noch fotografiert worden ist.
Fazit: Achtung, Tiefstapler am Werk! Das neue Rettig-Buch bietet keinesfalls „nur“ gut recherchierte PE-Geschichte, sondern auch umfangreiche Beschreibungen angrenzender Bahnen in Sachsen und Böhmen. Der 176-Seiten-Wälzer ist hervorragend bebildert, lediglich der Farbteil ist etwas „gesichtslos“. An den Eisenbahnen in Westsachsen und im angrenzenden Böhmen Interessierten kann das Buch uneingeschränkt empfohlen werden.
30.11.2007