Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Sprengwagen, Oberlicht und IV K auf den Gleisen der Döllnitzbahn
Im Band der „Schmalspur-Alben Sachsen“ über den Abschnitt Mügeln – Oschatz und die Strecke Oschatz – Strehla des Mügelner Schmalspurnetzes zur DR-Zeit ist auf der Seite 133 eine Aufnahme aus dem Jahr 1969 abgedruckt, auf der links der Unkrautvernichtungswagen 97-09-73 und der vierachsige Oberlichtwagen 979-003 als Begleiterwagen abgebildet sind.
Da auf sächsischen Schmalspurgleisen mit dem 97-09-74 sowohl einer der beiden originalen Sprengwagen als auch mit 970-751 mit seiner grünen DR-Lackierung ein optisch dazu passender betriebsfähiger Oberlichtwagen zur Verfügung stehen, entstand die Idee, von Mügeln aus einen Fotozug mit diesen zwei Wagen einzusetzen. Vor einiger Zeit schon hatte es Helge Scholz in die Hand genommen, ein Fotowochenende mit diesen beiden Fahrzeugen und der Mügelner IV K 99 584 zu planen und durchzuführen. Nach pandemiebedingtem Ausfall im vergangenen Jahr fand die Veranstaltung jetzt am 17./18. September 2022 statt.
Der Sprengwagen 97-09-74 – zusammen mit dem baugleichen 97-09-73 im Jahr 1932 im Linke-Hofmann-Busch-Werk Bautzen hergestellt – ist als K19002 in Betrieb gegangen. Er gehört seit 1984 dem Sächsischen Schmalspurbahn-Museum Rittersgrün und wurde durch die dortigen Vereinsmitglieder in den vergangenen Monaten sowohl optisch als auch am Fahrwerk aufgearbeitet (siehe u. a. PK 188, Seite 42). Während der Fotoveranstaltung konnte sogar mit Hilfe einer auf der Plattform mitgeführten Pumpe der Sprühvorgang imitiert werden. Dieser dauerte wegen des begrenzten mitgeführten Wasservorrates (also kein Unkrautvernichtungsmittel) zwar nur einige Sekunden, war aber sehr anschaulich im Foto festzuhalten.
Weil der Aufwand, den originalen Begleiterwagen 979-003 für die Veranstaltung aufzuarbeiten, unverhältnismäßig groß gewesen wäre, sprang der genannte Oberlichtwagen 970-751 aus Jöhstadt ein. Als „Behelfs-Begleiterwagen“ stellte er eine ideale Ergänzung zum Sprengwagen dar und durfte noch dazu von den Fotografen zur Mitfahrt genutzt werden. Der Gast aus dem Preßnitztal entstand im Jahr 1900 in den Eigenen Werkstätten der K.Sächs.Sts.E.B. in Chemnitz. Seit 2001 befindet sich der zuletzt auf der Insel Rügen eingesetzte Vierachser im Eigentum der IG Preßnitztalbahn e. V. in Jöhstadt, wieder betriebsfähig ist er seit 2003.
Die beiden „Fotomodelle“, der Sprengwagen und der Oberlichtwagen, waren extra für das Wochenende per Tieflader der PRESS nach Mügeln gebracht worden. Zusammen mit der IV K 99 584, gebaut 1912 von der Sächsischen Maschinenfabrik vormals Richard Hartmann AG in Chemnitz und am 30. Oktober 1912 mit der Bahnnummer 173 von den K.Sächs.Sts.E.B. in Dienst gestellt, stand den anwesenden Fotografen eine interessante Zugkomposition zur Verfügung.
Da die IV K 1964 im Raw Görlitz großteilerneuert wurde – einem Zustand, in dem sie sich noch heute präsentiert – hätte dieser Zug so auch in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre durch die Döllnitzaue zwischen Oschatz und Poppitz verkehren können.
Einige Statisten, sowohl auf den anliegenden Wiesen als auch den Stationen, machten die Illusion perfekt. Ergänzt wurde die Veranstaltung durch einen kurzen Gmp, gebildet aus dem OO 97-28-61, dem HH 97-25-14 und dem Oberlichtwagen. Bespannt mit der IV K legte dieser Zug am Sonnabend von Naundorf aus Richtung Thalheim eine Pendelfahrt ein.
Helge Scholz betonte bei der Begrüßung am ersten Veranstaltungstag die gute Zusammenarbeit zwischen Döllnitzbahn, der IG Preßnitztalbahn e. V., dem Museumsverein in Rittersgrün und der PRESS, die diese Veranstaltung erst möglich gemacht hat. Er erklärte jedoch auch, dass durch die anfallenden Kosten ähnliche Ereignisse künftig wohl kaum noch durchführbar sind. In diese Richtung argumentierte auch der Geschäftsführer der Döllnitzbahn, Ingo Neidhardt, bei seinem Kurzbesuch am Sonntag in Mügeln.
Zu Beginn der Veranstaltung am Sonnabendmorgen war der Himmel mehr als nur grau, das Wetter hatte zunächst nichts Gutes zu bieten. Doch es sollte sich zeigen, dass an beiden Tagen immer wieder Wolkenlöcher die Sonne durchscheinen ließen und so für beste Fotoverhältnisse sorgten. Ein kleiner Wermutstropfen war, dass die Betriebsleitung der Döllnitzbahn wegen des kurz zuvor geschehenen Unfalls mit der I K Nr. 54 den Bahnverkehr in Dämmerung und Dunkelheit untersagte. Doch jeder der mitfahrenden Fotografen dürfte zum Ende der Veranstaltung am Sonntagnachmittag mit seiner Fotoausbeute zufrieden gewesen sein und mit vielen neuen Eindrücken die Heimreise angetreten haben.
12.12.2022