Eisenbahn-Geschichte
Denkmal-Dampflokomotive 52 8199-3 des Bergbaumuseums Oelsnitz aufgearbeitet
Jeder, der schon einmal am Bergbaumuseum Oelsnitz im Erzgebirge war, kennt sie – die Dampflokomotive 52 8199-3 – ein Hingucker und beliebtes Fotomotiv.
Seit 1996 steht die Maschine im Museumsgelände und war seitdem optisch etwas in die Jahre gekommen. Daher war es im vorigen Jahr an der Zeit für eine „Schönheitskur“. Dieser Aufgabe stellte sich das Team des Bergbaumuseums. Die Dampflokomotive der Baureihe 52, die vorletzte rekonstruierte Maschine dieser Baureihe, erhielt eine grundhafte Aufarbeitung. Auf Grundlage verschiedenster Unterlagen und Abbildungen war es das Ziel, die Lok so original wie möglich zu restaurieren.
Im Sommer 2021 erfolgte zunächst eine umfangreiche Dokumentation aller Bauteile, denn nach der Demontage und Aufarbeitung sollte die Lokomotive auch wieder zusammengebaut werden können. Diese Aufgabe übernahmen die Haustechniker des Bergbaumuseums. Unterstützung erhielten sie durch externe Firmen, galt es doch auch große Teile aus Blech aufzuarbeiten oder nach zu fertigen, Korrosionsschutz und Farbe aufzubringen und die Beschilderung zu erneuern.
Eine weitere Herausforderung war das Beschaffen fehlender Bauteile. Die dazu geführten Recherchen lieferten nicht immer das gewünschte Ergebnis und so wurden Anbauteile auch selbst gefertigt, so zum Beispiel die Dampfpfeife, die nun golden glänzt. Zum Abschluss der Aufarbeitung fand am letzten Oktoberwochenende 2022 bei strahlend blauem Himmel eine feierliche „Loktaufe“ statt, bei der auch das vordere Nummernschild wieder angebracht wurde.
In den nächsten Jahren wird die Dampflok für die Besucher begehbar und erlebbar werden, der Führerstand wird in den nächsten Monaten dafür noch aufgearbeitet. Doch zuvor müssen noch Bauteile für den Führerstand beschafft werden. So fehlen noch ein Tachometer und die zentrale Schmierpumpe.
Die Historie der Lok
Die Oelsnitzer Denkmallok wurde im Jahr 1944 mit der Fabriknummer 11263 von der Firma Arnold Jung Lokomotivfabrik GmbH in Jungenthal bei Kirchen an der Sieg gefertigt. Die Deutsche Reichsbahn stellte sie mit der Nummer 52 3252 als „Kriegslokomotive“ in Dienst. Heimatdienststellen waren anschließend Lübeck, Berlin-Karlshorst, Berlin-Rummelsburg, Berlin-Lichtenberg, Wriezen und Frankfurt (Oder).
Ab 1960 rekonstruierte die Deutsche Reichsbahn 200 Lokomotiven dieser Baureihe. Als vorletzte Maschine unterzog das Raw Stendal im November 1967 die 52 3252 diesen Arbeiten. Anschließend ging sie mit der neuen Betriebsnummer 52 8199 und mit einem Giesl-Injektor im Dezember 1967 wieder in Dienst. Damit hatte sie gemäß Betriebsbuch noch zwei Einsatzbereiche: zunächst den um das Bw Templin und schließlich ab 1973 den um das Bw Zittau. Die dortige Dienststelle verwendete die Lokomotive (ab Mitte Mai 1980 wieder mit herkömmlichen Schornstein) nach einem Rahmenriss ab 1983 als Heizlok. Fünf Jahre später stellte sie das Bw Zittau ab – und die Rbd Dresden die Lok im Mai 1988 von der Ausbesserung zurück. Seitdem wurde sie nie wieder angeheizt. Im November 1992 gelangte die Maschine ausgemustert und verkauft aus der Oberlausitz zum Verein Sächsischer Eisenbahnfreunde e. V. (VSE) nach Schwarzenberg. Nachdem sich der VSE entschieden hatte, die Schwesterlokomotive 52 8183-7 als Museumslokomotive zu erhalten, verkaufte er die 52 8199-3 im Jahr 1996 an das Bergbaumuseum nach Oelsnitz, wo die Maschine am 29. November eintraf.
Zechenbahnen
Auf den einst das Lugau-Oelsnitzer Steinkohlenrevier erschließenden Strecken gehörten Lokomotiven der Baureihe 52 nicht zu den Stammmaschinen. Dennoch haben Exemplare dieses Typs vor den schweren Kohlenzügen von Zeit zu Zeit ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Somit ist das Großexponat eine Erinnerung an ein bewegendes Stück sächsischer Eisenbahngeschichte. Waren es doch auch die „Schwarzen Diamanten“, die Sachsens Industrialisierung antrieben. Und das nicht nur in den vielen Fabriken, die sich im 19. Jahrhundert zunehmend des Bodenschatzes bedienten. Gerade auch das Verkehrswesen selbst erhielt einen sozusagen dampfkräftigen Anschub. Er wirkte sich auf die Landesentwicklung mehrfach aus. Immer mehr, immer engere und immer schnellere Verbindungen entstanden. Sie entfalteten ihre günstige Wechselwirkung zwischen den Rohstofflieferanten und Verarbeitern ebenso, wie zwischen diesen und den Verbrauchern.
Die frühen Anbindungen der sächsischen Steinkohlenreviere um Zwickau, Lugau-Oelsnitz und im Döhlener Becken an die jeweils bedeutendsten Verbrauchszentren, aber auch das sich rasch ausdehnende nationale Eisenbahnnetz zeugen von ihrer Bedeutung. Denn die Steinkohle aus den oft genug als klein wahrgenommenen Abbaugebieten überzeugte Abnehmer bis weit in deutsche Lande. Mit den Kohlenbahnen selbst, die ab 1845 schrittweise in Betrieb gingen, verbinden sich nicht zuletzt eisenbahntechnische Meisterleistungen. Man denke nur an die Windbergbahn bei Dresden. Sie war einmal für den Kohlentransport angelegt, ihre Streckenführung von höchster Ingenieurskunst darauf ausgerichtet, eine möglichst wirtschaftliche Betriebsführung zu erreichen. Durch den König von Sachsen als „sächsische Semmeringbahn“ gepriesen, verband sie bald Nutzen und Genuss. In letzteren gelangten die Teilhaber der oft als Aktiengesellschaften gegründeten Strecken auch finanziell. So beispielsweise im Zwickauer Revier, das mehrere private Kohlenbahnen erschlossen.
Die von der Chemnitz-Würschnitzer Eisenbahn-Gesellschaft zunächst als reine Industriebahn in das Lugau-Oelsnitzer Kohlengebiet angelegte Bahn gehörte im 19. Jahrhundert zu den drei rentabelsten Eisenbahnstrecken Sachsens. Mit Kohle war also die sprichwörtliche Kohle zu machen. Auf den letzten Zechenbahngleisen dieser Gesellschaft steht nun die Dampflok 52 8199-3 des Bergbaumuseums. Denn natürlich hatte auch der Kaiserin-Augusta-Schacht, in dessen Gebäuden sich das Museum des sächsischen Steinkohlenbergbaues befindet, seit 1875 seine Verbindung nicht nur in die Industriemetropole Chemnitz. Vielmehr rollten Millionen Tonnen Kohle über diesen Anschluss zu Abnehmern in ganz Deutschland.
Besondere Bedeutung erlangte der Schienenstrang nach dem Zweiten Weltkrieg. Durch die Abschottung der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) konnte Steinkohle nur noch aus den sächsischen Revieren bezogen werden. Die Zechenbahnen wurden Lebensader für den Teil Deutschlands, der schließlich zur DDR wurde. Doch die Kohlenlager waren nicht unerschöpflich. Im Jahr 1971 förderte man auf dem seit 1946 nach Karl Liebknecht benannten Schacht den letzten Hunt des Lugau-Oelsnitzer Reviers. Der Gleisanschluss blieb dennoch aktiv – für die Nachfolgeindustrie. Nach der Wende wurde das bald anders. Die Überführung der „Museumslok“ am 29. November 1996 stellte zugleich die letzte Bedienung des Zechenbahnanschlusses dar.
Im Jahr 1858 war die Eisenbahnverbindung von Lugau nach Wüstenbrand in Betrieb gegangen, die das Kohlengebiet mit Chemnitz verband. Im vergangenen Jahr sind unweit des Museums davon die letzten Gleise abgebaut worden. Auf der Trasse wird nun der „Kohlenbahnradweg“ seine Verlängerung finden, der bereits von Lugau aus entstanden ist. Bestehen bleibt die im Jahr 1879 ebenfalls für den Steinkohlentransport angelegte Linie St. Egidien – Stollberg, die ab den 1930er Jahren Hauptabfuhrweg der hiesigen Rohstoffe war. Sie wird mit dem zukunftsträchtigen „Chemnitzer Modell“ weiterhin Menschen der Region bewegen.
Die „52er“ aber berichtet aus den Tagen, da Sachsens „Schwarze Diamanten“ diesem Land den Anschub zu einer Entwicklung gaben, die es zum Wirtschafts- und Innovationsstandort der Gegenwart werden ließ.
Technische Daten
- Länge über Puffer: 22 975 mm
- Leistung: 1177 kW (1600 PS)
- Fahrzeugmasse leer: 98,5 t
- Fahrzeugmasse max.: 148,2 t (volle Vorräte)
- Höchstgeschwindigkeit: 80/50 km/h
- Treibraddurchmesser: 1400 mm
- Laufraddurchmesser: 850 mm
- Zylinderdurchmesser: 600 mm
- Kolbenhub: 660 mm
- Kesselüberdruck: 16 bar
- Fassungsvermögen Wasserkasten: 30 m³
- Fassungsvermögen Kohlenkasten: 10 t
Kontakt
Bergbaumuseum Oelsnitz (Erzgebirge) | Pflockenstraße 28 | 09376 Oelsnitz/Erzgeb.
Telefon: 037298/93 94-0
E-Mail: presse@bergbaumuseum-oelsnitz.dewww.bergbaumuseum-oelsnitz.de
12.12.2022