VSE-Nachrichten
Tschechische T435.0554 in Schwarzenberg
Die Firma Railsystems RP aus Gotha ist seit 2012 bei den „Schwarzenberger Eisenbahntagen“ mit ihrer betriebsfähigen Diesellok 107 018-4 vertreten, die dann im Erzgebirge stets noch mehrere Sonderzüge bespannte. In diesem Jahr brachte die Lok der Baureihe V75 im Mai eine nicht betriebsfähige, aber museal aufgearbeitete Schwestermaschine nach Schwarzenberg mit: T435.0554. Als Dauerleihgabe bleibt diese nun im dortigen Eisenbahnmuseum geschützt untergestellt. In der DDR gab es einst mehrere Lokomotiven dieses Typs. Als in der 1949 gegründeten Republik Anfang der 1960er Jahre neue Rangierdiesellokomotiven benötigt wurden, um in die Jahre gekommene Dampfloks abzulösen und den Rangierbetrieb zu rationalisieren, half auch die Prager Firma ČKD (Českomoravská-Kolben-Daněk). Der Hersteller von Lokomotiven und Straßenbahnwagen lieferte 1961/62 zunächst 16 Loks der ČSD-Reihe T435 an verschiedene Werk- und Anschlussbahnen in der DDR. Später versuchte man, diese Lokomotiven auf wenige Betriebe zu konzentrieren, um ihre Unterhaltung zu vereinfachen. Im Jahr 1962 erhielten die Bahnbetriebswerke Leipzig Hbf Süd und Leipzig Hbf West 20 werksneue Diesellokomotiven, um vor allem die Dampflokomotiven der Baureihe 80 im Rangierdienst auf dem Leipziger Hbf abzulösen. Die DR reihte sie als Baureihe V75 in ihren Bestand ein, ab 1970 als Baureihe 107. Bis Anfang der 1980er Jahre standen die Loks auf den Leipziger Bahnhöfen ununterbrochen im Einsatz. Danach verdrängten Lokomotiven der Baureihe 106 schrittweise die in der Tschechoslowakei gebauten Maschinen. Neben den beiden Leipziger Bahnbetriebswerken beheimatete die Einsatzstelle Eilenburg von 1977 bis Mitte der 1980er Jahre mehrere Lokomotiven der Baureihe 107 und nutzte sie außer im Rangierdienst auch für Nahgüterzüge, Übergaben sowie außerhalb der kalten Monate für Personenzugleistungen. Im Jahr 1986 hatte die DR dann ihre letzten Loks der Baureihe 107 ausgemustert, verschrottet oder an Betriebe als Werklok verkauft. Technisch gesehen gab es keine Abweichungen zwischen der Werklok- und Reichsbahnvariante, lediglich die Nachrüstung mit Rangierfunk unterschied beide Versionen. Bei der in Schwarzenberg hinterstellten T435.0554 handelt es sich um eine ehemalige Werklok, die ČKD 1961 an das tschechische Zementwerk in Radotín geliefert hatte. Dort war sie bis 1987 im Einsatz und wurde dann an den VEB Zementwerk Karsdorf verkauft, der sie als Werklok 001 einsetzte. Im Zuge der Übernahme der Anschlussbahn des Zementwerkes und deren Fahrzeuge durch die Karsdorfer Eisenbahngesellschaft (KEG) gelangte die Lok 1991 in das Eigentum dieses deutschen Eisenbahnverkehrsunternehmens. Die später abgestellte Diesellok bekam 1999 eine Hauptuntersuchung, um nach Ausweitung der KEG-Geschäfte deutschlandweit mit der Betriebsnummer 0701 für Arbeitszüge und Überführungen genutzt zu werden. Nach Insolvenz der KEG (im Jahre 2004) kam die Lok zur ARCO Transportation GmbH, die den Geschäftsbereich der Arbeitszugdienste übernommen hatte. Als 2010 auch diese Firma Insolvenz anmeldete, erwarb die Railsystems RP GmbH neben der ehemaligen V75 018 auch die T458.1513 (jetzige Bezeichnung 107 513-4) und die ehemalige T435.0554. Letztere Diesellok arbeitete die Railsystems RP GmbH nur äußerlich auf und versetzte sie in ihren Anlieferungszustand mit rot-elfenbeinfarbener Lackierung als T435.0554 zurück. Die 1965 gebaute T458 wird aus Platzmangel in Gotha vorübergehend für ein Jahr in Schwarzenberg mit abgestellt. Sie befindet sich noch im letzten Betriebszustand in KEG-Lackierung und dient für die betriebsfähige 107 018-4 als Ersatzteilspender. Die ab 1965 ebenfalls von ČKD gelieferten Loks der Reihe T458 sind die verbesserten Nachfolger der Reihe T435 und ihr äußerlich ähnlich. Durch eine geänderte Übersetzung der Getriebe sind sie aber nicht nur für 60, sondern für 80 km/h Höchstgeschwindigkeit zugelassen. Dazu sind diese Lokomotiven höher, länger, schwerer und haben einen größeren Tank. Sowohl in den T458 als auch T435 befinden sich je ein langsam laufender stehender 6-Zylinder-Reihenmotor mit maximal 750 U/min und einer Leistung von 552 kW bzw. 750 PS. Da der VSE auf Exponate mit regionalem Bezug wert legt, kann gesagt werden, dass auf der böhmischen Seite des Erzgebirges ab Mitte der 1960er Jahre viele Jahre Lokomotiven der Reihe T435 auf den Strecken von Chomutov nach Vejprty (Komotau – Weipert) sowie von Karlovy Vary nach Potůčky (Karlsbad – Breitenbach) den Güterverkehr prägten. Zwischen 1945 und 1992 gab es keinen planmäßigen Schienenverkehr zwischen Potůčky und Johanngeorgenstadt. Da jedoch aus strategischen Gründen das Gleis liegenblieb und befahrbar unterhalten wurde, erfolgten im Winter durchaus Fahrten bis Schwarzenberg, um dort die Schneeräumtechnik auf der Drehscheibe zu wenden. Ein Bildbeweis mit einer Schneeschleuder der Bauart Henschel und einer Diesellok der Reihe T444 existiert in der Fotosammlung des VSE. Des Weiteren hofft der Verein mit dem neuen Exponat auch die Attraktivität des Museums für Besucher aus der Tschechischen Republik zu steigern. Am 29. August 2015 findet nach längerer Pause wieder eine grenzüberschreitende VSE-Sonderfahrt statt. Es geht mit der 107 018-4 von Aue über Schwarzenberg, Johanngeorgenstadt, Horní Blatná (Bergstadt Platten) und Nejdek (Neudeck) nach Karlovy Vary, wo für die Fahrgäste verschiedene touristische Ziele zu Wahl stehen. TRO
16.08.2015