Reisebericht
Die Schmalspurbahn Třemešná – Osoblaha (Röwersdorf – Hotzenplotz) Teil 2
Das Zugangebot auf der im Teil 1 beschriebenen Strecke von Třemešná nach Osoblaha ist übersichtlich geworden. An Schultagen verkehren immerhin noch fünf, in den Schulferien sowie am Sonnabend vier und sonntags sogar nur drei Zugpaare auf der Linie. Dieses Fahrplanangebot, das einen Vierstundentakt vorsieht, gibt es seit Dezember 2008, als einige Zugpaare abbestellt wurden und seitdem nur noch eine Zuggarnitur zum Einsatz kommt. Lediglich in den Sommermonaten ist auch der bereits erwähnte Zug der Schlesischen Landesbahnen (SZD) unterwegs, der in Slezské Rudoltice (Roßwald) den Planzug kreuzt, jedoch nach eigenem Tarif verkehrt. In Třemešná besteht jeweils ein kurzer Übergang von und nach Krnov (Jägerndorf). Die Züge der Schmalspurbahn sind auf die Eilzüge ausgerichtet, trotzdem es auch noch Nahverkehrszüge gibt, die bedeutend häufiger fahren. Reist man aus Richtung Jeseník (Freiwaldau) an, entstehen längere Übergangszeiten. Der Betrieb wird nach dem vereinfachten Nebenbahndienst durchgeführt, der Streckendispatcher hat seinen Sitz in Krnov. Die Sicherungstechnik beschränkt sich auf Trapeztafeln an den Bahnhofseinfahrten und einen einzigen gesicherten Bahnübergang. Die tschechische Eisenbahn zeigt sich hier nicht von ihrer spendabelsten Seite. Kennt man aus der Tschechischen Republik ansonsten vorwiegend gepflegte und besetzte Bahnhöfe, zählt die Kursbuchstrecke 298 zu den Ausnahmen.
Es sind alle Bahnhöfe unbesetzt und die Anlagen wirken, mit wenigen Ausnahmen, ungepflegt. Insbesondere die ungenutzten Bahnhofsgebäude von Horní Povelice (Ober Paulowitz) und Koberno (Kawarn) sind wenig einladend. Einzige Kontaktperson für die Fahrgäste ist der Zugschaffner, der unter anderem für die Abfertigung der Züge und den Fahrkartenverkauf zuständig ist. Tariflich gibt es auf der Schmalspurbahn keine Besonderheiten, es gelten ausnahmslos alle Fahrkarten aus dem Sortiment der Tschechischen Bahnen (ČD) und auch das Lösen von Fahrkarten einmal quer durch die Republik stellt kein Problem dar. Die einfache Fahrt kostet gegenwärtig 35 Kronen (ca. 1,25 Euro), die Rückfahrkarte ist geringfügig ermäßigt. Es gibt attraktive Gruppenfahrkarten und darüber hinaus für die einzelnen Bezirke und auch das Gesamtnetz der ČD Tageskarten.
Künstlich verlängert?
Vielfach wird behauptet, dass die Eisenbahntrasse zwischen den beiden Städten aufgrund eines Gesetzes, nach dem nur Strecken über 20 Kilometer Länge genehmigt worden wären, künstlich verlängert werden musste. Die Luftlinie beträgt von Třemešná ve Slezsku bis Osoblaha 15 Kilometer, die Bahnstrecke misst jedoch knapp über 20 Kilometer. Diese moderne Sage ist jedoch nicht haltbar, denn in den Jahren des Bahnbaus sind in Österreich-Ungarn andere Strecken entstanden, die deutlich kürzer sind als diese Schmalspurbahn. Schon seit 1872 existierten Planungen für einen Anschluss von Hotzenplotz an das Eisenbahnnetz, hauptsächlich vorangetrieben durch die örtliche Zuckerfabrik. Diese wünschte sich einen Anschluss nach Neustadt in Oberschlesien (ab 1945 Prudnik), ein Vorhaben, dass die Regierung in Wien wegen der Grenzquerung ablehnte. Daraufhin projektierten die k. k. österreichischen Staatsbahnen (k.k.St.B.) eine regelspurige Lokalbahn, die im Wesentlichen dem dann ausgeführten Bau entspricht, ihren Ausgangspunkt jedoch in Olbersdorf (Město Albrechtice) nehmen sollte. Zur Kostenersparnis veränderten die k.k.St.B. später diese Planungen zugunsten eines Anschlussbahnhofes in Röwersdorf und der bosnischen Spurweite von 760 mm. Die Zuckerfabrik in Hotzenplotz konnte so durch die Zuckerrüben entlang der Bahnlinie versorgt werden, anderweitiger Güterverkehr fand mittels Rollböcken statt. Die bogenreiche Trassierung hat ihren Ursprung im Gedanken, einerseits möglichst viele Orte an die Eisenbahn anzubinden, vor allem aber in der Absicht, auf Kunstbauten wie Dämme, Einschnitte und Brücken möglichst zu verzichten, um die Baukosten so gering wie möglich zu halten. Am 14. Dezember 1898 eröffneten die k.k.St.B. den Verkehr auf der Lokalbahn. Für den Betrieb standen anfangs die Lokomotiven U.13 bis U.15 der österreichischen Type U sowie zweiachsige Güter- und Reisezugwagen zur Verfügung. Im Ersten Weltkrieg kam für die an die Front abgegebene U.15 ersatzweise eine Dampflokomotive der österreichischen Type A zum Einsatz, die die ČSD später innerhalb der Reihe U25.0 führten. Das Zugangebot beschränkte sich im Winterfahrplan 1918/19 auf zwei Zugpaare täglich.
Nach Bildung der Tschechoslowakei begann schon früh die Verdieselung der Traktionsleistungen vieler ehemaliger Lokalbahnen, so auch auf der Hotzenplotzer Strecke. Ab Ende 1928 kamen zwei Triebwagen der ČSD-Reihe M11.0 zum Einsatz, hergestellt im Tatra-Werk in Kopřivnice (Nesselsdorf). Dank dieser zweiachsigen Fahrzeuge konnten die ČSD den Fahrplan verdichten, die Staatsbahn führte mehrere neue Personenzugpaare ein. Außerdem entstanden die Haltestellen Maidelberg/Divčí Hrad und Eichmühle/Dubský mlýn. Neben reinen Personenzügen gab es auch gemischte Züge. Nach dem Anschluss des Sudetenlandes an das Deutsche Reich im Jahre 1938 übernahm die DRB auch den Betrieb dieser Schmalspurbahn und reihte die vorhandenen Fahrzeuge in ihren Park ein. Dabei erhielten die von den ČSD zuvor als U47.002 bis 004 geführten Dampfloks der Reihe U die Betriebsnummern 99 7841 bis 99 7843, die Triebwagen der Reihe M11.0 hingegen die Nummern CismvT 136 001 bis 002. Der baugleiche VT 136 003 kam 1939 aus Neuhaus nach Hotzenplotz. Außerdem spurte das RAW Jägerndorf mehrere aus Sachsen stammende vierachsige Traglastenwagen für den Einsatz auf der Hotzenplotzer Strecke auf 760 mm um. Treibstoffmangel verursachte gegen Kriegsende eine Reduzierung des Zugverkehrs, obwohl das Kursbuch für 1944 sieben Zugpaare aufführte. Vom Krieg blieb die Eisenbahn bis zum Eintreffen der Roten Armee verschont. Die Verteidigung der Stadt Hotzenplotz forderte zahlreiche Opfer, die Stadt selbst wurde dabei fast völlig zerstört. Die Kriegshandlungen zogen aber auch mehrere Gemeinden um Hotzenplotz in Mitleidenschaft. Die schlimmsten Schäden der Schmalspurbahn erlitt das Rollmaterial: So brannten die Triebwagen aus und die noch vorhandenen Dampflokomotiven waren nicht mehr betriebsfähig. Nach dem Krieg ließen die nunmehr wieder zuständigen ČSD die Strecke sowie die reparablen Fahrzeuge instand setzen. Ab 1946 trafen die beiden zweiachsigen Triebwagen M11.007 und 008, die beiden vierachsigen Triebwagen M21.006 und 007 sowie die Dampflok U37.001 von anderen Strecken in Třemešná ein. Von Juni 1948 bis Ende Mai 1957 war mit der Dampflok U58.001 aber auch die ehemalige 99 702 aus Sachsen in Osoblaha stationiert.
Ende der 1950er Jahre fabrikneu angelieferte Diesellokomotiven der Reihe T47.0 lösten einerseits die letzten Dampflokomotiven ab, zum anderen aber auch die vergleichsweise wirtschaftlicher verkehrenden Triebwagen. Einen von ihnen ließen die ČSD zum Sitzwagen umbauen. Bis zum Eintreffen der bis heute vorhandenen 2.-Klasse-Wagen der Gattung Balm/ú befanden sich außerdem die sächsischen Traglastenwagen im Bestand. Ab 1966 bestimmten die vier Lokomotiven der Reihe T47.0 und die vierachsigen Balm/ú das Bild der Strecke, alle anderen Fahrzeuge musterten die ČSD sukzessive aus. Das Zugangebot blieb über Jahrzehnte hinweg konstant, von früh morgens bis spät am Abend waren die kleinen Züge unterwegs, am Wochenende fuhren ein paar Züge weniger. In den 1970er Jahren erhielten einige Gebäude entlang der Strecke eine grundhafte Renovierung. Der Oberbau jedoch ist erst erneuert worden als feststand, dass die Bahn nicht eingestellt wird. Überlegungen zur Stilllegung gab es häufig und auch heute ist der Fortbestand der Schmalspurbahn nicht gänzlich gesichert. Nach der Samtenen Revolution und dem Ende der Tschechoslowakei ging der Betrieb von den ČSD auf die ČD über. Die Infrastruktur betreibt heute die SŽDC, welche auch für die Stationen zuständig ist. Der Oberbau befindet sich überwiegend in gutem Zustand, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 40 km/h. Das Zugangebot hielt sich viele Jahre nach der Wende noch konstant zwischen sieben und neun Zügen an Werktagen. Hierfür waren auch zwei Zuggarnituren im Einsatz, doch nach einer massiven Abbestellung von Leistungen kann darauf verzichtet werden.
Fototipps für Eisenbahn und Region
Das geringe Zugangebot sollte den geneigten Schmalspurfreund aber nicht davon abhalten, das Hotzenplotzer Ländchen und seine Schmalspurbahn zu besuchen! Zahlreiche Bögen und Neigungswechsel ergeben Fotomotive für fast jeden Sonnenstand und ein Motiv findet sich links und rechts der Strecke immer. Bei einer eventuellen Tourenplanung lohnt es sich übrigens, auch den Busverkehr mit einzubeziehen. Die Busse fahren zwar nicht häufig, können aber bei einem Standortwechsel gute Dienste leisten. Im Sommer bieten sich Ausflüge mit dem Fahrrad an, natürlich gibt es auch zahlreiche Möglichkeiten zum Wandern. Keinesfalls versäumen sollte man es, auch einen Blick in die Ortschaften zu werfen – so gibt es in Slezské Rudoltice ein jüngst saniertes kleines Schloss; Osoblaha ist durch seine fast völlige Zerstörung zwar weitgehend ohne Altbausubstanz, lohnt aber dennoch einen kurzen Besuch. In einigen Dörfern befinden sich Gastwirtschaften oder kleine Lebensmittelläden, Übernachtungsmöglichkeiten sind etwas rarer und kaum über das Internet buchbar. Hier empfiehlt es sich, eventuell auf die Hotelangebote in Krnov zurückzugreifen.
Fazit des Autors
Allzu zögerlich sollte man mit einem Besuch nicht sein, denn die kleine Bahn wird immer wieder im Zusammenhang mit Einstellungsplänen erwähnt. Zwar läuft der Verkehr mittlerweile wirtschaftlicher, insbesondere durch den Verzicht auf die zweite Zuggarnitur, doch die Bevölkerungsdichte ist sehr gering und nur bei Ausflugswetter oder an Schultagen sind die Züge gut besetzt. Das liegt nicht nur an der abgeschiedenen Lage der Eisenbahn, sondern auch daran, dass ein gezieltes Marketing wie bei der JHMD fehlt oder nicht mehr weiterverfolgt wird. Zwar handelt es sich nicht um eine Touristenbahn, dennoch geht der Autor davon aus, dass doch einige Reisende mehr den Weg in die Züge fänden, wenn es nur entsprechende Werbung gäbe. Dazu gehören auch die schon angesprochene Pflege der Anlagen und der Zugang zu Informationen vor Ort. Es bleibt zu hoffen, dass auch in der Zukunft noch planmäßige Personenzüge die knapp 20 Kilometer zurücklegen werden.
Quellen
- www.osoblazsko.com und www.osoblaha.cz
- www.zelpage.cz/trate/ceska-republika/trat-298
- Horna, Pavel; Neděla, Marek: Putování po úzkých kolejích, Třemešná ve Slezsku – Osoblaha, Opava 2012
- Unterlagen André Marks
Korrekturen:
Im Teil 1 der Druckausgabe stammten die Aufnahmen auf der Seite 14 von Peter Holzapfel sowie auf der Seite 15 von Sebastian Naumann
10.08.2014