Schmalspur- und Museumsbahn-Nachrichten
Feldbahn Blankenstein (Saale) – Blankenberg
Ganz im Süden des heutigen Saale-Orla-Kreises befinden sich die Orte Blankenstein und Blankenberg. Im heute etwa 500 Einwohner zählenden Blankenstein endet offiziell der Rennsteig, hier war aber von 1901 bis 1945 auch der Ausgangspunkt der regelspurig ausgeführten Fränkischen Höllentalbahn nach Marxgrün. Von Norden ist Blankenstein bis heute von Saalfeld aus mit der Eisenbahn erreichbar. Südlich von Blankenstein und Blankenberg bildet die Saale die natürliche Grenze zu Franken. Die Wasserkraft des Flusses machten sich die Menschen an vielen Stellen nutzbar. Beispielsweise nahm der sächsische Unternehmer Gotthelf Anton Wiede am 7. März 1882 in Blankenstein eine Holzstoff- und Pappenfabrik in Betrieb. Im Folgejahr übernahm Wiedes Sohn Johannes das Werk und erweitert das Produktionsprofil auf die Papierherstellung. Einige Jahre später erwarb er die Lizenz zur Herstellung von Zellulose. Deshalb kaufte Wiede am 6. Dezember 1894 die Flinschen Werke im benachbarten Blankenberg, in der sich eine Papiermaschine befand. Da zu diesem Zeitpunkt weder Blankenberg noch Blankenstein über einen Eisenbahnanschluss verfügten, erfolgte der Transport des Papiers damals mit Pferdegespannen zum Bahnhof Marxgrün. Diese Verfahrensweise war Wiede jedoch zu kostspielig, so dass er noch 1894 entschied, von Blankenberg entlang der Saale eine schmalspurige Werkbahn einschließlich einer Brücke über den Fluss zu seinem „Wiedes Papierfabrik Rosenthal“ genannten Betrieb in Blankenstein verlegen zu lassen. Als Spurweite wählte das 1894/95 den Bau ausführende Unternehmen 600 mm, als „Traktionsmittel“ dienten anfangs Pferde. Die am 15. Juli 1897 erfolgte Eröffnung der Thüringischen Oberlandbahn von Triptis über Lobenstein nach Blankenstein wirkte sich positiv auf Wiedes Unternehmen aus. Mit Einweihung der Fränkischen Höllentalbahn von Blankenstein nach Marxgrün am 14. August 1901 verbesserte sich die Situation weiter. Nun konnte das Papier auch bequem per Eisenbahn in Richtung Hof abgefahren werden. Die 600-mm-Bahn übernahm dazu eine wichtige Zubringerfunktion. Ab wann auf der Werkbahn auch Lokomotiven zum Einsatz kamen, lässt sich nicht nachweisen. Sie brachten in der Regel drei bis vier Wagen mit Papierrollen von der Papierfabrik Blankenberg zur Weiterverarbeitung in die Zellstoff- und Papierfabrik in Blankenstein. Dort entstand aus den Papierrollen mit chemischen Aufschlüssen „Echt Pergamentpapier“. In den Jahren 1920/21 lieferte die Firma Hanomag zwei unter den Fabriknummern 9229 und 9965 gebaute zweiachsige Nassdampflokomotiven an die Zellstoff- und Papierfabrik. Von der Firma Orenstein & Koppel stammte hingegen die 1927 gebaute Diesellok vom Typ RL2, später beschaffte das Werk eine tschechische Diesellok vom Typ BN 30R. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag die Demarkationslinie zwischen der sowjetischen Besatzungszone und den Westzonen von Hirschberg bis Blankenstein genau in Flussmitte der Saale. Von 1949 bis 1990 fuhr die Feldbahn entsprechend genau an der Grenze zwischen der DDR und der BRD – unter strenger Bewachung der DDR-Grenztruppen. Als die Papierfabrik in Blankenberg im Jahr 1993 ihre Produktion einstellte, endete auch der Werkbahnbetrieb auf der zwei Kilometer langen 600-mm-Strecke. Doch sie blieb erhalten, wuchs allerdings völlig zu. Im Jahr 2013 fanden sich verschiedene Feldbahnfreunde, legten die Gleise wieder frei und machten eine der verbliebenen originalen Dieselloks wieder fahrfähig. Zum Tag des offenen Denkmals 2013 präsentierten sie erstmals einen Güterzug der Öffentlichkeit. Am 13. Juli 2014 stellten die innerhalb der Sektion „Feldbahn Blankenberg“ des Fördervereins der Parkeisenbahn Syratal Plauen e.V. aktiven Feldbahnfreunde das ehemalige Betriebsgeschehen auf den reaktivierten Gleisabschnitten nach. Die Fotoaktion fand bei den Teilnehmern großen Anklang, Wiederholungen sind am 14. September im Rahmen eines Denkmaltages in der alten Papierfabrik sowie am 5. Oktober geplant. Eine Personenbeförderung findet nicht statt, es verkehrt aber am 5. Oktober von Erfurt nach Blankenstein der „Sormitztalexpress“ mit 41 1144. Anfragen zur Werkbahn beantworten die Feldbahner an Betriebstagen unter den Telefonnummern 0174/5405270 oder 03741/180773 (abends). Im Internet gibt es einen ersten kleinen Auftritt, der unter http://feldbahn-blankenberg.jimdo.com erreichbar ist.
10.08.2014