Reisebericht
Die Schamottebahn von Mladějov na Moravě (Blosdorf)
Die Schamottebahn von Mladejov lag praktisch auf dem Rückweg von Rumänien, so dass sich ein Abstecher ins Mährische nördlich von Brünn geradezu anbot. Ihre Existenz verdankt die Bahn den in den Höhenzügen des Hrebecov-Gebirges befindlichen Lagerstätten von Bodenschätzen. Hier liegt sandige, schiefrige Kohle und darunter noch ein fast sieben Meter dickes Flöz feuerfester Tone. An deren Erschließung hatte im ersten Weltkrieg der österreichische Staat größtes Interesse, wurde doch Schamotte für die Auskleidung von Hochöfen zur Eisen- und damit Waffenherstellung benötigt. 1917 legte die Fürst Liechtenstein’schen Kohlen- und Tonwerke G.m.b.H. in Blosdorf den ersten Entwurf für eine 8,6 km lange Schmalspurbahn am Ostrücken des Hrebecov-Gebirges von den Gruben in Hrebec bis oberhalb von Mladejov vor. Von dort sollten Kohle und Ton mit einer Seilbahn ins Werk transportiert werden. Kurz darauf wurde das Projekt mit einer Verlängerung der Bahn um ca. zwei Kilometer bis ins Werk geändert. Die Genehmigung für den Bahnbau wurde noch im September 1918 erteilt. Nachdem die Bauarbeiten 1920 beendet waren, wurde die Bahn aber erst im März 1924 öffentlich abgenommen. Die politischen Verhältnisse hatten sich inzwischen grundlegend geändert, die k.u.k.-Monarchie war in ihre Bestandteile zerfallen.
Die Streckenführung stellte einige Ansprüche an das benötigte Fahrzeugmaterial. Zwischen der Station Wechsel (km 3,0) und Hrebec verläuft die Strecke nur mit geringen Neigungen, so dass hier Cn2t-Tenderlokomotiven der ehemaligen österreichisch-ungarischen Feldbahn Type R IIIc ausreichten. Vom Werk bis nach Wechsel steigt die Strecke jedoch mit maximal 25 Promille an. Hierfür war eine etwas leistungsstärkere Lok mit größeren Vorräten erforderlich. Die Lokfabrik Krauss in Linz fertigte diese durch einen Umbau aus einer R IIIc, die 1918 an das österreichische Heer geliefert wurde, bei diesem aber nicht mehr zum Einsatz kam. Krauss kaufte die Lokomotive zurück und baute sie für die Verhältnisse in Mladejov um. Der Kessel erhielt einen zusätzlichen Kesselschuss, das stark überhängende Gewicht wurde durch den Anbau eines Stütztenders abgefangen. Im Mai 1920 wurde die Lok ausgeliefert und als Nummer 1 in Betrieb genommen. Aufgrund steigender Tonnage wurde 1929 als Lok 5 eine weitere Maschine mit Stütztender nachbeschafft. Beide Maschinen trugen die Hauptlast des Verkehrs.
Zunächst beförderte die Bahn Kohle und Ton von Hrebec nach Mladejov, wobei die energiearme Kohle direkt im Kraftwerk für die Stromerzeugung genutzt wurde. Ende der 1950er Jahre wurden Kraftwerksbetrieb und Kohletransport eingestellt. Der Schamotte-Transport erreichte aber neue Rekorde. 1970 wurden rund 62000 Wagen befördert, d. h. ca. 200 Wagen pro Tag und dies handgebremst! Mehrfach wurde der Versuch unternommen, den Betrieb zu modernisieren. Der Einsatz stärkerer Dampflokomotiven und die Nutzung rumänischer Diesellokomotiven vom Typ L18 H scheiterten aber am leichten Oberbau. Auch eine 1972 geplante Umstellung auf Straßentransport unterblieb, so dass die Bahn bis 1991 mit Dampfbetrieb verkehrte. Der wirtschaftliche Niedergang nach 1991 machte aber auch dem Bergbau und der Bahn den Garaus. Am 31. Dezember 1991 endete der Betrieb von Gruben und Bahn.
1995 begann ein neues Kapitel in der Geschichte der Industriebahn. Ein Bürgerverein einigte sich mit dem Eigentümer über eine Anmietung der Anlagen und begann mit deren Instandsetzung. 1998 konnte der Zugbetrieb wieder aufgenommen werden und in den Hallen des Museumsgeländes hat inzwischen eine sehenswerte Techniksammlung Einzug gehalten. Für den Museumsbetrieb stehen die Lokomotiven 1 und 5 zur Verfügung, wobei letztere 2012 wegen einer Hauptuntersuchung abgestellt war. Für den Personentransport wurden zweiachsige Wagen neu gebaut, da die Bahn aus der Gründerzeit nur über einen einzigen Personenwagen verfügte. Aber auch diverse Kipploren sind vorhanden und stehen bereit.
Fahrbetrieb gibt es an ausgewählten Wochenenden von Mladejov bis zur Ausweiche Nova Ves auf einer Länge von sechs Kilometern. An der Wiederherstellung der Gesamtstrecke bis nach Hrebec wird intensiv gearbeitet. Für unsere Reisegruppe wurde Ende September 2012 ein handgebremster Kipplorenzug zur Verfügung gestellt. Da die Mitfahrt betriebsfremder Personen auf den Loren nach einem schweren Unfall in den 1970er Jahren verboten ist, kam eine Diesellok mit zwei Personenwagen für den Transport zwischen den Fotopunkten zum Einsatz.
Nach einer Besichtigung der Museumsanlage in Mladejov starteten beide Züge um 9 Uhr zum vierstündigen Fotovergnügen. Nach und nach verzog sich der Hochnebel und die Sonne ermöglichte bei einsetzender Laubfärbung zahlreiche eindrucksvolle Aufnahmen. Selbst als es zeitlich etwas eng wurde, zeigten sich die Museumsbahner kooperativ. So wurden die Loren für die Rückfahrt nach Mladejov zur Zeitersparnis kurzfristig an den Diesel-Begleitzug angehängt, um bei herrlichstem Sonnenschein nochmals eine Bergfahrt bis zur Station Wechsel erleben zu können. Viel zu schnell vergingen die vier Stunden an den Berghängen des Hrebecov-Gebirges. Ein herzlicher Dank geht an dieser Stelle an Marek Skalka von der Museumsbahn Mladejov, der vor Ort die Abwicklung der Fahrt sachkundig unterstützte.
Weitere Informationen: Museumsbahn Mladejov, www.mladejov.cz (über translate.google.de übersetzbar)
09.02.2013